Köln | Bei Restaurierungsarbeiten sind Wissenschaftler in Köln auf bedeutende Gemälde der Expressionisten Max Pechstein und Ernst Ludwig Kirchner gestoßen. Die Entdeckung der Werke auf der Rückseite anderer Bilder der Künstler sei „eine kleine Sensation“, sagte die Kuratorin im Museum Ludwig, Julia Friedrich, am Dienstag. Pechsteins „Bildnis der Gattin des Künstlers“ aus dem Jahr 1910 sei bis 1965 präsentiert, dann umgedreht worden und in Vergessenheit geraten.

Zu „Fränzi in den Wiesen“ von Kirchner war bisher nur eine Skizze bekannt. Nun wurde das vollendete Gemälde gefunden. Darüber hinaus entdeckten die Restauratoren mit „Variation“ ein unveröffentlichtes Werk des russischen Malers Alexej von Jawlensky (1864-1941).

Die drei farbenfrohen Bilder waren ans Licht gekommen, als eine rund 250 Werke umfassende Sammlung neu gerahmt werden sollte. Bis dato waren die Bilder durch einen Rückseitenschutz verborgen. Das Museum geht davon aus, dass Pechstein (1881-1955), Kirchner (1880-1938) und Jawlensky damals auch die Rückseite der Leinwand nutzten, um Material und Geld zu sparen.

Wert extrem gestiegen

Der Kölner Kunstsammler Josef Haubrich hatte seine Sammlung, darunter die drei Stücke, dem Museum nach dem Zweiten Weltkrieg vermacht. Der Wert für Werke der klassischen Moderne sei in den vergangenen 20 Jahren extrem gestiegen, sagte Friedrich und verwies auf erzielte Rekordpreis bei Auktionen ähnlicher Bilder. Auf einen genauen Schätzpreis wollte sie sich nicht festlegen. Das Museum will die drei Gemälde nun von beiden Seiten zeigen. Wie das funktionieren soll, ist noch unklar.

Pechstein porträtierte auf dem „Bildnis der Gattin des Künstlers“ seine spätere Ehefrau in einem blauen Kostüm. Sie befindet in einem Salon, rechts neben ihr steht ein prächtiger Strauß aus Sonnenblumen. Auf Kirchners Bild ist die Muse mehrerer Brücke-Künstler, „Fränzi“ Fehrmann, zu sehen. Sie steht mitten in einer Naturlandschaft, im Hintergrund kreuzt eine Menschengruppe das Bild. Jawlensky malte den Blick aus seinem Fenster in einer Genfer Wohnung.

Zurückliegende Entdeckungen

Schon häufiger sind in jüngster Vergangenheit verschollen geglaubte oder unbekannte Gemälde bekannter Künstler aufgetaucht, darunter auch gestohlene Stücke. Vor einem Monat spürten serbische Polizisten ein offenbar vor vier Jahren geraubtes Gemälde des französischen Impressionisten Paul Cézanne auf. Das nicht näher identifizierte Werk soll aus einem Schweizer Privatmuseum entwendet worden sein.

Im März wollen Wissenschaftler in Florenz ein verschollenes Werk Leonardo da Vincis entdeckt haben. Die unvollendete Wandmalerei „Die Schlacht von Anghiari“ soll hinter einem Freskogemälde von Giorgio Vasari verborgen gewesen sein. Und in Amsterdam wurde im Dezember mehr als 300 Jahre nach Rembrandts Tod ein unbekanntes Werk des niederländischen Malers ausfindig gemacht. Es befand sich im Besitz eines unwissenden Privatsammlers.

Autor: Fabian Wahl, dapd | Foto: Hermann J. Knippertz/dapd
Foto: Die Restauratorin Petra Mandt zeigt am Dienstag (15.05.12) im Museum Ludwig in Koeln die Rueckseiten von drei Bildern, die bei Restaurierungsarbeiten wiederentdeckt wurden: „Fraenzi in den Wiesen“ (v.l.) von Ernst Ludwig Kirchner (1880-1938), das auf der Rueckseite des Bildes „Weiblicher Halbakt mit Hut“ gemalt wurde, das Bild „Variation“ von Alexej von Jawlensky (1864-1941), das auf der Rueckseite einer anderen „Variation“ gemalt wurde, und das Bild „Bildnis der Gattin des Kuenstlers“ von Max Pechstein (1881-1955), das auf der Rueckseite des Bildes „Das gruene Sofa“ gemalt wurde. Die drei farbenfrohen Bilder waren ans Licht gekommen, als eine rund 250 Werke umfassende Sammlung neu gerahmt werden sollte. (zu dapd-Text)