Johannesburg/Berlin/Düsseldorf | aktualisiert | Annette Schavan hat nach der Aberkennung ihres Doktortitels durch die Universität Düsseldorf einen Rücktritt als Bildungsministerin abgelehnt. Das erklärte Schavan am Mittwochvormittag am Rande einer Dienstreise in Südafrika. Sie wolle wie bereits angekündigt gegen den Entzug des Doktortitels juristisch vorgehen. Die Grünen-Politikerin Gehring fordert den Rücktritt von Schavan. Im Gegensatz dazu sagt Wolfgang Bosbach, Vorsitzender des Bundes-Innenausschusses, dass niemand in der CDU Schavan in Frage stellen würde. Der Deutsche Hochschulverband aber fordert den Rücktritt von Ministerin Schavan. Angela Merkel steht dennoch hinter Schavan und spricht ihr ihr Vertrauen aus. Schavan darf ihren Titel vorerst noch tragen, da die Entscheidung der Philosophischen Fakultät der Universität Düsseldorf noch nicht rechtskräftig ist.

Schavan darf Doktor-Titel vorerst noch tragen

Obwohl die Universität Düsseldorf Bundesbildungsministerin Annette Schavan den Doktortitel entzogen hat, kann die CDU-Politikerin vorerst den „Dr. phil.“ weiter vor ihrem Namen tragen. Der Grund dafür sei, dass die Entscheidung des Fakultätsrates noch nicht rechtskräftig ist, sagte ein Sprecher der Heinrich-Heine-Universität am Mittwoch der Nachrichtenagentur dapd.

Dies passiere erst, wenn Schavan auf Rechtsmittel verzichte oder alle juristischen Wege ausgeschöpft seien. Da die Anwälte der CDU-Politikerin noch am Dienstagabend angekündigt hatten, gegen die Entscheidung der Universität zu klagen, ist der Entzug des Doktortitels noch nicht rechtskräftig.

In den kommenden Tagen soll der Ministerin zunächst die schriftliche Begründung der Universität zugeleitet werden. Dann kann innerhalb von vier Wochen Klage erhoben werden.

Opposition fordert Rücktritt

Aus der Opposition wurden zuletzt die Rücktrittsforderungen immer lauter: Die bildungspolitische Sprecherin der Linken, Petra Sitte, sagte der „Süddeutschen Zeitung“, um den Vertrauensverlust für ihr Amt zu begrenzen, sei ein Rücktritt Schavans wohl unausweichlich. Die Union hingegen unterstützte Schavan. Michael Kretschmer, stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion, sagte der SZ am Dienstagabend, er empfinde das ganze Verfahren in Düsseldorf als Farce.

Die Kritik aus der Wissenschaft sei ja nicht zu überhören gewesen. Die Anwälte Schavans hatten bereits wenige Minuten nach Bekanntgabe der Entscheidung der Universität Düsseldorf am Dienstagabend angekündigt, vor Gericht zu ziehen.

Der hochschulpolitische Sprecher der Grünen, Kai Gehring, fordert den Rücktritt von Bildungsministerin Annette Schavan (CDU). „Wenn Frau Schavan ihren Doktorgrat verliert, dann ist sie als Bundeswissenschaftsministerin unhaltbar, so tragisch das für sie als Person auch ist“, sagte er im Deutschlandfunk. Gehring glaubt nicht, dass eine Klage Schavans gegen die Entscheidung der Universität Düsseldorf Erfolg haben wird.

„Eine Klage gegen den Titelentzug würde aber womöglich noch mal eine monatelange Hängepartie bedeuten.“ Schavan hätte dann weder die Autorität noch die Handlungsfähigkeit, die sie für ihr Amt brauche. Schavan selbst lehnte am Mittwochvormittag einen Rücktritt ab.

CDU gegen Rücktritt

In der CDU gibt es nach Einschätzung des Vorsitzenden des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), niemanden, der den Verbleib Annette Schavans im Amt der Bundesbildungsministerin infrage stellt. „Ich habe in der CDU noch keinen gefunden, der jetzt nach der Düsseldorfer Entscheidung sagt, Annette Schavan sei nicht mehr haltbar“, sagte Bosbach der „Rheinischen Post“ (Donnerstagsausgabe). Die Union sei gut beraten, ihrer Parteifreundin jetzt nicht in den Rücken zu fallen.

„Ich glaube nicht, dass wir uns einen Gefallen tun würden, wenn wir jetzt unsere Ministerin und Parteifreundin im Stich lassen würden“, sagte der CDU-Politiker aus Nordrhein-Westfalen. „Es ist das gute Recht von Frau Schavan, die Entscheidung gerichtlich überprüfen zu lassen“, sagte Bosbach.

Hochschulverband fordert Rücktritt

Der deutsche Hochschulverband hat nach dem Entzug des Doktortitels von Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) durch die Universität Düsseldorf den Rücktritt der Ministerin gefordert. „Bis zu einer gerichtlichen Entscheidung können Monate, wenn nicht Jahre vergehen. Unter diesen Umständen kann Annette Schavan ihr Amt als Bildungsministerin nicht weiter ausfüllen“, sagte der Präsident des Verbandes, Bernhard Kempen, der „Welt“.

Schavan hatte angekündigt, gegen die Entscheidung klagen zu wollen, politische Freunde hatten sie als „Farce“ bezeichnet. Kempen, der selbst Jurist ist, bewertet die Erfolgsaussichten skeptisch: „Die Entscheidung der Universität Düsseldorf ist nicht evident rechtswidrig. Für uns ist nicht erkennbar, wieso die Aberkennung des Titels auf einem fehlerhaften Verfahren beruhen sollte. Indiskretionen sind inakzeptabel, aber sie machen das Verfahren als solches nicht fehlerhaft.“ Nach den Plagiatsfällen der letzten Jahre sieht Kempen nun die Hochschulen in der Verantwortung. „Jede Aberkennung eines Titels ist eine Schlappe für die Universitäten. Es ist nun Aufgabe der Hochschulen, in Zukunft genauer hinzusehen und mehr zu kontrollieren. Die Hochschulen müssen zu einheitlichen Regeln für wissenschaftliches Arbeiten kommen“, sagte er.

An den Gesetzgeber appelliert Kempen, das Verwaltungsrecht zu überdenken. „Der Gesetzgeber muss darüber nachdenken, auch im Verwaltungsrecht Verjährungsfristen einzuführen.“ Die politische Leistung Schavans könne sich indes sehen lassen, meint Kempen: „Die Wissenschaftsszene wird auf ihren Rücktritt sicher nicht mit Erleichterung reagieren.“

Merkel: „Volles Vertrauen“

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Bildungsministerin Annette Schavan (beide CDU) auch nach dem Entzug des Doktortitels durch die Universität Düsseldorf ihr „volles Vertrauen“ ausgesprochen. Das sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin. Sobald Schavan aus Südafrika zurückgekehrt sei, wolle Merkel mit ihr „in Ruhe“ reden, so Seibert.

Des Weiteren schätze die Kanzlerin die Arbeit der Bildungsministerin „außerordentlich“. Schavan hatte zuvor einen Rücktritt als Bildungsministerin abgelehnt. Sie wolle, wie bereits angekündigt, gegen den Entzug des Doktortitels juristisch vorgehen, sagte sie am Mittwochvormittag am Rande einer Dienstreise in Südafrika.

Autor: dapd, dts
Foto: Screenshot der Website „schavanplag.wordpress.com“