„Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Bildung klaut!“ skandierten Schüler, Studierende und Auszubildende gemeinsam am heutigen morgen in der Kölner Innenstadt. Wie in über 100 Städten im ganzen Bundesgebiet gingen auch in Köln junge Menschen im Rahmen der Aktionswoche „Bundesweiter Bildungsstreik 2009“ auf die Straße, um ihrem Ärger Luft zu machen. Dabei waren die laut Asta rund 5.000 Schüler, Studenten und Auszubildenden von getrennten Ausgangsorten los marschiert und trafen sich am Rudolfplatz, um von dort gemeinsam bis zum Heumarkt zu ziehen. Aufgerufen zu der Demonstration hatten unter anderem der AStA der Universität zu Köln, die DGB Jugend und die Bezirksschülervertretung. Ziel des Bildungsstreiks ist es, eine Diskussion zur Zukunft des Bildungssystems anzuregen. Denn „Deutschland hinkt im internationalen Vergleich nicht nur bei PISA hinterher“, meint der Kölner Student Johannes.

Studenten lieben Humboldt
„I love Humboldt“ stand auf dem Plakat eines Studenten. Der Slogan steht für mehr als eine bloße Zuneigungs-Bekennung. Viele Studenten wollen zurück zum humanistischen Ideal Humboldts, das sie in den letzten Jahren in Uni und Ausbildung vermissen. „Das humanistische Ideal einer zur Reflexion befähigenden Bildung wird zurückgedrängt. Stattdessen wird Bildung den Bedürfnissen des Marktes angepasst und damit mehr und mehr selbst zur Ware“, heißt es im Flyer des bundesweiten Bildungsstreiks. Studenten fordern, dass die Wirtschaft weder Einfluss auf Bildungsinhalte, noch auf Studienstrukturen und Stellenvergaben hat. Stattdessen wollen die Studenten die Rückkehr zum selbstbestimmten Lernen. Dazu wollen sie jegliche Bildungsgebühren wie Studiengebühren, Ausbildungsgebühren und Kita-Gebühren abschaffen.

Bachelor verfehlt sein Ziel
Daneben fordern die Streikenden auch die Abschaffung von Bachelor- und Master-Studiengängen – zumindest in der derzeitigen Form. Viele Studenten klagen hier über die Verschulung der Studiengänge sowie ständigen Zeit- und Leistungsdruck. Erhöht wird dieser dadurch, dass gut zwei Drittel der Studenten nebenbei arbeiten muss, um sich das Studium finanzieren zu können. Das eigentliche Ziel – eine europaweite Vergleichbarkeit zwischen Abschlüssen und Studiengängen zu schaffen – würde außerdem durch die jetzige Studienstruktur nicht erreicht. „Studenten können nicht einmal innerhalb Deutschlands die Universität wechseln, da die verschiedenen Hochschulen die Studieninhalte teilweise nicht anerkennen“, beklagt Christian Poell, erster Vorsitzender des Asta in Köln, und fügt hinzu: „Ich bin froh, dass ich noch auf Diplom studiere.“

Seit gut zwei Jahren protestieren Schüler und Studenten immer wieder gegen Studiengebühren und die Einführung der Bachelor-Studiengänge. In dieser Woche nun organisierten sie im gesamten Bundesgebiet Demonstrationen. So wurde laut Asta heute in 100 deutschen Städten protestiert. Während in Köln rund 1.000 Studenten auf die Straße gingen, studierten ihre Kommilitonen fleißig weiter. Kaum hatte der Demonstrationszug den Albertus-Magnus-Platz verlassen, bevölkerten muntere Studenten mit Kaffeebechern, Eis und Wasserflaschen den Platz. Von Unmut, Streiklust und Unzufriedenheit war hier wenig zu spüren.

Aktualisiert um 17:25 Uhr
Demonstranten schlagen Scheibe ein
Die Organisatoren mahnten die demonstrierenden Schüler, Studenten und Auszubildenden immer wieder zur Ordnung. Wer sich daneben benahm, wurde von der Demonstration ausgeschlossen. Dennoch mussten kleinere Zwischenfälle registriert werden. So legten die Streikenden auf ihrem Weg vom Rudolfplatz zum Heumarkt den Verkehr lahm, indem sie in Höhe des Neumarkts eine Sitzblockade starteten. Gemeinsam stürmten die jungen Menschen zudem das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium. Denn den dortigen Schülern war das Streiken untersagt worden. Sicherheitskräfte bewachten die Schultore. Dennoch fanden die Streikenden einen Weg in das Gebäude, wobei eine Scheibe zu Bruch ging. Zusammen mit den Schülern des Gymnasiums zogen die Demonstranten anschließend friedlich weiter zum Heumarkt. Dort endete die Protestaktion gegen 14:40 Uhr.

Cornelia Schlößer und Philipp Heisterkamp für report-k.de/ Kölns Internetzeitung