Die Landeswahlleiterin hat in der Nacht gegen 3 Uhr morgens das vorläufige amtliche Endergebnis der Landtagswahl in NRW veröffentlicht. Danach bekommen CDU und SPD jeweils 67 Sitze. Die Grünen bekommen 23 Sitze, die FDP 13 und die Linken 11 Sitze. Nach Prozenten bleibt die CDU knapp die stärkste Partei und liegt mit 34,6 Prozent denkbar knapp vor der SPD, die auf 34,5 Prozent kommt. Die Grünen kommen nach dem amtlichen Endergebnis auf 12,1 Prozent, die FDP auf 6,7 und die Linke auf 5,6 Prozent. Von den sonstigen Parteien kommt keine über die 5-Prozent-Hürde. Lediglich die Piratenpartei und  rechte Bürgerbewegung pro NRW haben mit 1,5 und 1,4 Prozent keine Null vor dem Komma.

NRW droht nach Wahlpatt schwierige Regierungsbildung
Nach der gestrigen Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen reicht es im Düsseldorfer Landtag weder zu einer schwarz-gelben noch zu einer rot-grünen Mehrheit. Laut dem vorläufigen amtlichen Endergebnis bleibt die CDU mit 34,6 Prozent stärkste Kraft, muss aber mit -10,2 Prozent im Vergleich zur letzten Landtagswahl im Jahr 2005 herbe Verluste hinnehmen. Die SPD folgt mit 34,5 Prozent (-2,6 Prozent) knapp hinter der CDU. Die Grünen gewinnen 5,9 Punkte hinzu und erreichen mit 12,1 Prozent ihr bestes Ergebnis in Nordrhein-Westfalen. Die FDP kommt auf 6,7 Prozent (+0,5), die Linkspartei schafft mit 5,6 Prozent (+2,5) erstmals den Einzug in den Landtag. Eine rot-grüne Koalition kommt im Landtag nur auf 90 Sitze, einer weniger als nötig. Als Alternativen bleiben daher nur eine Große Koalition von CDU und SPD oder ein rot-rot-grünes Bündnis. Eine Ampel-Koalition oder eine Jamaika-Koalition hatten die Liberalen beziehungsweise die Grünen bereits im Vorfeld ausgeschlossen. Am Morgen nach der Wahl deutete die CDU bereits vorsichtig die Bereitschaft zu einer Großen Koalition an. "Ich sehe in der Tat eine gemeinsame Verantwortung, Linksextremisten von der Regierungsverantwortung auszuschalten", sagte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe in der ARD.

Aktualisiert um 10:50 Uhr
Presseschau – Große Koalition oder doch Rot-Rot-Grün?

Spiegel-online: "’Ohne uns geht nichts. Auf geht’s’, gibt sich Kraft frühmorgens trotzig. Das stimmt. Doch die Alternativen sind erheblich heikler als ein schlichtes Rot-Grün. Als Juniorpartner in eine Große Koalition zu gehen, dürfte bei diesem Wahlergebnis parteiintern nicht leicht zu vermitteln sein – selbst wenn die Union Rüttgers opfern würde. Möglichkeit zwei ist die Ampel mit FDP und Grünen. Die ist kaum realistisch, schließlich hatten die Liberalen sie im Wahlkampf so gut wie ausgeschlossen. FDP-Vorsitzender Andreas Pinkwart wiederholte die Absage am Morgen nach der Wahl im "Morgenmagazin" der ARD. Möglichkeit drei: Kraft unternimmt selbst einen Anlauf auf die Staatskanzlei – mit einem Linksbündnis. Das galt bisher als schwer vorstellbar. Kraft schloss im Wahlkampf eine Zusammenarbeit mit der Linken zwar nicht formell aus, erklärte den als besonders chaotisch geltenden Landesverband aber für "nicht regierungsfähig". Angesichts der jetzigen Mehrheitsverhältnisse dürfte in den nächsten Tagen der Druck in der Landespartei steigen, es doch mit der Linken zu versuchen. Sollten sich erste Fürsprecher einer solchen Option hervorwagen, könnte dies eine Eigendynamik in Gang setzen, die die Partei vor eine ähnliche Zerreißprobe stellt wie einst die Hessen-SPD. Aus Sicht der Bundes-SPD eine schlimme Vorstellung.“

Süddeutsche Zeitung-online: „Die Gretchenfrage nach der Wahl ist: Wie hält es die SPD mit den Linken? Da die Sozialdemokraten – wenn auch knapp – weniger Stimmen als die Christdemokraten erhalten haben, würde im Falle einer große Koalition wohl ein CDU-Mann Ministerpräsident. Für Rot-Grün reicht es nicht, eine Ampel schließt die FDP aus. Damit werden die Linken zur einzigen Option für Hannelore Kraft, doch Ministerpräsidentin zu werden. Sie selbst hat die Partei in der Vergangenheit immer wieder als "nicht regierungsfähig" bezeichnet – und doch eine Koalition nie kategorisch ausgeschlossen. Jetzt öffnet der Generalsekretär der Landes-SPD die Tür ein bisschen weiter. "Ich glaube, da muss man abwarten", antwortet Michael Groschek im Bayerischen Rundfunk auf die Frage nach einer möglichen rot-rot-grünen Koalition. Ein Dementi hört sich anders an.“

Frankfurter Allgemeine Zeitung-online: CDU-Politiker äußerten sich enttäuscht über den Wahlausgang. Rüttgers sprach von einem „bitteren Abend für mich persönlich und die CDU“. Zu dem Ergebnis habe „ein Bündel von Ursachen“ beigetragen. Er trage „persönlich die Verantwortung für das Ergebnis“ und wolle sie auch tragen. Der Vorstand der Landespartei habe ihn gebeten, für Gespräche über mögliche Koalitionen zur Verfügung zu stehen, sagte Rüttgers. „Dem will ich nachkommen, denn ich will dazu beitragen, dass Nordrhein-Westfalen weiter stabil regiert wird. Das könne „nicht zusammen mit extremistischen Parteien geschehen“. Er wolle „mit allen demokratischen Parteien“ sprechen. Beobachter in Düsseldorf berichteten, Rüttgers habe zuvor seinen Rücktritt angeboten, sein von den Vorstandskollegen aber zum Verbleib gedrängt worden.“

Focus-online: „Mehr Macht für die Kleinen heißt schwierige Verhandlungen für die Großen. Einerseits steigt die Zahl der Koalitionsmöglichkeiten in einem Fünf-Parteien-System, andererseits sinkt sie, weil viele Parteien von vornherein bestimmte Koalitionen ausschließen. So wollen die Grünen zwar mit der SPD koalieren, sich aber nicht auf Rot-Rot-Grün einlassen. Da es alleine mit der SPD aber nicht reicht, müsste die Linke mindestens für eine Duldung mit ins Boot geholt werden. Auch eine Jamaika-Koalition mit CDU und FDP schließen die Ökos aus. Die Liberalen wiederum haben kundgetan, dass sie nicht für eine Ampelkoalition mit SPD und Grünen zur Verfügung stehen. Und auch die Ökos sind gegen die Ampel. Da weder Schwarz-Grün noch Rot-Grün eine Mehrheit haben, bleibt eigentlich nur die große Koalition. Und die hat es in NRW noch nicht gegeben, entsprechend groß sind die Vorbehalte bei Sozial- und Christdemokraten.“

Zeit-online:“ Rüttgers sprach von einem "bitteren Abend". Persönliche Konsequenzen aus dem Debakel für seine Partei gab es für den CDU-Landeschef zunächst nicht. Er werde die Gespräche mit den anderen Parteien führen, kündigte Rüttgers an. Nach Angaben des CDU-Politikers Elmar Brok hatte Rüttgers dem NRW-Landesvorstand seinen Rücktritt als Landesparteichef angeboten. Das Gremium habe dies aber abgelehnt. Dagegen beanspruchte Kraft das Amt der Regierungschefin noch vor Bekanntwerden des vorläufigen Endergebnisses für sich. "Es ist klar, wir werden dieses Land regieren", sagte sie bevor das amtliche Endergebnis feststand und dachte an Rot-Grün. Noch am Abend vereinbarten Grüne – sie verdoppelten ihr Ergebnis nahezu auf 12,1 Prozent – und SPD Gespräche über die Regierungsbildung. Auch Löhrmann bekräftigte, es gebe ausreichend gemeinsame Positionen, um das Land stabil zu regieren.“

Welt-online:“ Kraft schloss eine große Koalition der SPD mit der CDU des amtierenden Regierungschefs Jürgen Rüttgers am Montagmorgen im WDR nicht aus. Sie betonte jedoch: „Dieser Ministerpräsident ist so deutlich abgewählt worden – wir haben einen klaren Führungsanspruch für dieses Land.“ Details zu den nun beginnenden Koalitionsverhandlungen wollte Kraft nicht nennen. „Wir werden das ganz in Ruhe in der Partei miteinander beraten“, sagte sie. Sie bekräftigte ihre seit Wochen wiederholte Position, dass sie die Linkspartei nicht für regierungsfähig halte. […]Auch die CDU signalisierte nach ihren schweren Verlusten bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen die Bereitschaft zur Bildung einer großen Koalition. Er sehe eine gemeinsame Verantwortung mit der SPD, „Extremisten“ von der Regierung fernzuhalten, sagte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe am Montag in der ARD in Anspielung auf eine Regierungsbeteiligung der Linkspartei.“

Rheinische Post-online: „Eine Große Koalition ist definitiv die politisch stabilste Variante. Denn CDU und SPD hätten gemeinsam eine breite Mehrheit und könnten dementsprechend klar politische Vorhaben gegen die Opposition durchbringen. Beide Parteien haben diese Koalition nicht gewollt, sie aber auch vor der Wahl nicht abgelehnt – und: Die Programme von Union und SPD sind so verschieden, dass es diese Regierung schon in den Verhandlungen nicht einfach haben wird. Die Berliner Koalition mit Merkel und Steinmeier hat die Probleme aufgezeigt.“

Der Westen-online: „Auf die Frage nach einer möglichen rot-rot-grünen Koalition sagte Kraft, zunächst würden die SPD-Gremien beraten. Die ersten Gespräche würden in jedem Fall mit den Grünen geführt. Die SPD-Landeschefin hatte zuvor die Linken wiederholt als nicht regierungsfähig bezeichnet. Die Grünen zeigten sich zu Gesprächen auch mit der Linken bereit. Parteichefin Claudia Roth sagte in der ARD, ihre Partei sei über alle Konstellationen gesprächsbereit außer einer Koalition aus CDU, FDP und Grünen sowie einer Minderheitsregierung. Roth zeigte sich ebenso wie die Grünen-Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann auch für Gespräche über eine Ampel mit SPD und FDP offen. „Wir sind natürlich auch bereit, mit der FDP zu sprechen“, sagte Löhrmann in der ARD. FDP-Landesvize Andreas Pinkwart habe allerdings im Vorfeld eine Ampel ausgeschlossen.“

Rhein-Zeitung-online: „Nach dem Scheitern der CDU/FDP-Koalition in Nordrhein-Westfalen will die SPD zurück an die Macht im größten Bundesland. Ihre Spitzenkandidatin Hannelore Kraft erhebt einen Führungsanspruch, obwohl die Sozialdemokraten knapp hinter der stark dezimierten CDU nur auf den zweiten Platz kamen. Die CDU dagegen zielt auf eine große Koalition, um die Linken aus der Regierung herauszuhalten. SPD und Grüne appellierten an die FDP, sich Gesprächen über eine Ampelkoalition nicht zu verweigern.“


[dts, cs]