Köln | Die Ampelkoalition in Berlin schafft mit dem „Chancen-Aufenthaltsrecht“, das vom Bundeskabinett am 6. Juli beschlossen wurde die Möglichkeit, dass gut integrierte Geduldete leichter ein Bleiberecht erhalten. SPD und Linke im Kölner Rat reagierten unter anderem wegen dieser Neuerung und stellten einen Dringlichkeitsantrag im Kölner Hauptausschuss am 11. Juli mit dem Titel: „Sicherstellung des Kinderwohls bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen der Ausländerbehörde“. Das Gestaltungsbündnis aus Grünen, CDU und Volt verwies die weitere Beratung mit der Stimme der Oberbürgermeisterin in den Jugendhilfeausschuss, den Integrationsrat und den Ausschuss Allgemeine Verwaltung und Rechtsfragen.

Das „Chancen-Aufenthaltsrecht“

Die Ampelkoalition will rund 135.000 Menschen in Deutschland eine Brücke bauen, die seit Jahren darauf warten, ob sie sich in Deutschland ein neues Leben aufbauen können. Die vom Bundeskabinett vorgeschlagene Regelung soll für Menschen gelten, die zum Stichtag 1. Januar 2022 seit mindestens fünf Jahren in der Bundesrepublik leben und sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bekennen. Nicht profitieren sollen Menschen, die mehrfach falsche Angaben machten, um etwa ihre Abschiebung zu verhindern, oder straffällig wurden. Dabei gelten Untergrenzen. Diese geplanten Neuregelung nahmen die Kölner SPD und Linke zum Anlaß ihren Dringlichkeitsantrag einzubringen.

Ein weiterer Grund ist, dass verschiedene Einzelpersonen und Vereinen einen offenen Brief verfassten, in dem sie die städtische Flüchtlingspolitik kritisieren und in Frage stellen, ob Köln ihren Titeln „Sicherer Hafen“, „Europäische Hauptstadt der Vielfalt und Integration“ sowie „Kinderfreundliche Kommune“ gerecht werde. Sie werfen der Stadt vor, ihre Abschiebepraxis rigider zu gestalten. Unter anderem wird in dem offenen Brief angesprochen, dass Menschen massiv unter Ausreisedruck gesetzt würden und vor Ort in der Ausländerbehörde festgenommen.

SPD und Linke führen mehrere öffentlich bekannt gewordene Fälle auf, unter anderem den Fall einer Mutter mit fünf Kindern, die schulisch bestens integriert seien, einem Mann der nach 30 Jahren, die er in Köln lebte in der Ausländerbehörde festgenommen wurde oder einer Abschiebung eines schwangeren Mädchens. Die antragstellenden Fraktionen verweisen zudem auf den Artikel 3 der UN-Kinderrechtskonvention, in dem es heißt: “ „Bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, gleichviel ob sie von öffentlichen oder privaten Einrichtungen der sozialen Fürsorge, Gerichten, Verwaltungsbehörden oder Gesetzgebungsorganen getroffen werden, ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist.“ Unter diesem Gesichtspunkt fordern die Parteien: „In der Konsequenz bedeutet dies, dass das Kindeswohl vor Erlass einer ausländerbehördlichen Ordnungsverfügung vorrangig zu berücksichtigen – und durch das Jugendamt zu prüfen – ist.“

SPD und Linke wollten nun den politischen Rahmen setzen, dass das Kindeswohl bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen in Köln sichergestellt ist und immer das Kölner Jugendamt hinzuziehen sei. Zudem soll die rechtliche Beratung sichergestellt werden.

Stadt Köln setzt sich für Vorgriffsregelung ein

Die Kölner Stadtdirektorin Blome berichtete dem Hauptausschuss über die Kölner Praxis und sagte zu, dass sich Köln beim Land NRW für eine entsprechende Vorgriffsregelung einsetze, wie sie andere Bundesländer bereits haben. Oberbürgermeisterin Reker will sich zu den Vorgängen noch einmal schriftlich äußern.

Die Kölner CDU beantragte die Verweisung des Dringlichkeitsantrages zur weiteren Beratung in die Fachausschüsse des Rates, dem Grüne und Volt folgten. Damit werden nun im August und zuletzt am 19. September der Ausschuss Allgemeine Verwaltung beraten.