Köln | aktualisiert | Die erste Kölner Ratssitzung nach der Obrbürgermeisterwahl. Geleitet wird die Sitzung von Elfi Scho-Antwerpes, die als 1. Bürgermeisterin Henriette Reker vertritt, die sich noch in der Rekonvaleszenzphase befindet. Weit mehr als 30 Punkte wurden im öffentlichen Teil behandelt. Die Sitzung begann verspätet, da noch Beratungsbedarf zwischen den Fraktionen bestand. Der bezog sich auf die Kreuzblume. Der Rat beschloss den Realisierungswettbewerb für die „Historische Mitte Kölns“.

Die Redaktion bearbeitet das Thema noch und ergänzt den Artikel.

17:04 Uhr > Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes verlas eine Erklärung zum Attentat auf Henriette Reker und sprach von einem feigen Attentat. Grundwerte seien von Natur aus flüchtig und Demokratie kein Zustand der sich von alleine einstellt, betonte Scho-Antwerpes. Demokratie müsse mit Leben gefüllt werden, verteidigt und geschützt werden. Es sei Aufgabe sämticher demokratischer Kräfte über Partei und Fraktionsgrenzen hinweg rechtsextremen Kräften entschieden entgegenzutreten. Es seien die wichtigesten politischen Ziele für Anerkennung und Akzeptanz und Chancegleichheit aller Menschen zu sorgen. Es gehe um gegenseitigen Respekt auch von unterschiedlichen Reformen und Lebensformen. In Köln gebe es viele Institutionen die sich gegen Intoleranz und Demokratiefeindlichkeit einsetzten. Scho-Antwerpes nannte unter anderem das NS-DOK, das IAB gegen Rechtsextremismus, die mobile Beratung gegen Rechtsextremismus, Köln stellt sich quer oder die 24 Städtepartnerschaften. (Die Rede im Wortlaut am Ende des Ratsreports)

Linke und Piraten brachten einen Antrag zum Transparenzgebot ein

17:06 Uhr > Güldane Tokyürek, die Linke fordert ein transparentes Auskunftsrecht für den Bürger. Dies führe zu mehr Akzeptanz für Verwaltungshandeln und Politik. Die Bürger sollten keine Gebühren mehr bezahlen, wenn sie Auskünfte erteilt haben wollen. Die Linke fordert ein Informationsregister, dass von der Stadt proaktiv im Internet zur Verfügung gestellt wird. Dazu gehörten auch Dienstanweisungen und Verträge, die die Bürger einsehen können.

Thomas Hegenbarth, Piraten nannte als Negativbeispiel den langjährigen FIFA-Chef Blatter für ein System, das für Intrasparenz stehe. Offene Daten sei ein erster Schritt. Als Beispiel nannte Hegenbarth das Land Bayern und Rheinland-Pfalz, die weiter seien als Nordrhein-Westfalen. Personenbezogene Daten oder Geschäftsgeheimnisse müssten nicht veröffentlicht werden, ergänzte Hegenbarth.

Krupp, SPD: Transparentes Verwaltungshandeln und Überprüfbarkeit vor den Verwaltungsgerichten sei zentrales Element des Rechtsstaates. Informationsfreiheitsgesetz bestehe bereits und sei sicher für den Bürger. Mit offene Daten gehört Köln zu einer der führenden Städte, so Krupp. Bekanntheitsgrad des Informationsfreiheitsgesetzes sollte verbessert werden.

Dr. Ralph Elster, CDU brachte ein, dass die kommunalen Spitzenverbände sich im Land NRW eingebracht hätten und dies Thema nicht im Rat verhandelt werden müsse.

Manfred Richter, Grüne, Transparenz sei Grundlage der demokratischen Teilhabe. Das Gremium sei falsch, das Thema gehöre in den Ausschuss AVR. Die Grünen sehen Optimierungsoptionen etwa bei Offene Daten Köln.

Katja Hoyer, FDP, die Relevanz des politischen Handelns sei wichtig und müsse vom Bürger erkannt werden. Konkret heißt dies für die Kölner FDP Partizipation verbessern aber an der richtigen Stelle diskutieren, etwa dem Gremium für mehr Bürgerbeteiligung.

Beschluss: Grüne, SPD, FDP und CDU wollen die Prüfung der „Satzungsempfehlung für Transparenz und Informationsfreiheit in den Kommunen von Nordrhein-Westfalen“ des Bündnisses „NRW blickt durch“ durch den AVR. Der erste Punkt des Antrages die Landesregierung zu einem Transparenzgesetz zu verpflichten, wurde abgelehnt.

Realisierungswettbewerb „Historische Mitte Köln“ beschlossen

22:15 Uhr > SPD, CDU und Grüne im Kölner Stadtrat haben sich heute für einen Realisierungswettbewerb entschieden und einen Beschluss zur Sanierung des Römisch-Germanischen Museums geeinigt. Scharfe Kritik gab es aus den Reihen der Linken, Freie Wähler und Deine Freunde. Der Realisierungswettbewerb soll Synergieeffekte heraus arbeiten, die zwischen den einzelnen Häusern und Bereichen möglich seien, wie etwa Eingangsbereich, Lesesaal, Werkstätten oder Entsorgungsinfrastrukur, um nur einige zu nennen. Insbesondere für das Kölnische Stadtmuseum soll eine Interimsplanung erarbeitet werden, aber auch eine rentierliche Nachnutzung. Man will zwar nicht daran verdienen, aber auch keine Kosten tragen. Man will eine frühzeitige Bürgerbeteiligung. Die Diskussion verlief kontrovers.

Die Debatte

Ralph Sterck, FDP, begann die Debatte. Die historische Chance, wie sie von anderen Fraktionen dargestellt werde sei aus Sicht der FDP überhöht. Sterck zeigte sich skeptisch und nannte den Kölner Haushalt nicht liquide und fraglich, ob sich die Stadt überhaupt den Realisierungswettbewerb leisten könne. Man habe Sympathie für den Änderungsantrag. Er unterstüzte, dass die neue Oberbürgermeisterin eine vertiefte Planung wünsche und er sehe zwei Probleme: Zum ersten, was wird aus dem Zeughaus? Zum anderen gebe es Zweifel an der Leistungsfähigkeit der Gebäudewirtschaft. Man habe bei der FDP das Gefühl es wird vieles angefangen und nicht erfolgreich zu Ende gebracht. Man stelle die Frage: Was kann sich die Stadt an dieser Stelle leisten?

Michael Frenzel, erklärte für die SPD: Wir bekennen uns klar zum Projekt Historische Mitte und wollen dies voranzutreiben. Die neue Historische Mitte sei ein kulturpolitischer und touristischer Gewinn. Die Zusammenführung der vielen Museen auf engem Raum sei einzigartig. Köln schaffe es hier Metropole zu sein. Die Kölner SPD wolle zudem die begonnene Attraktivierung des Domumfeldes weiter voran treiben. Da sei die Historische Mitte der nächste Schritt. Die Kölner SPD will eine zügige Durchführung des Realisierungswettbewerb, aber damit sei noch kein Durchführungsbeschluss gefasst. Frenzel erklärte, die Fertigstellung der Historischen Mitte sei für 2023 prognostiziert.

Birgit Goerdes, CDU, erklärte für ihre Partei, dass die räumliche Neuordnung des Roncalliplatzes gewünscht sei. Den dortigen Gebäuden müsse die städtebauliche Neuordnung den Respekt verschaffen, der ihnen zusteht. Ein starkes Pendant zum Domhotel ausbilden. Es sei mehr als Stadtheilung, sondern eine Chance, so die CDU. Interimsnutzung und Nachnutzung des Zeughauses sollte kreativ gedacht werden. Die CDU wünscht sich ein Umsetzungs- und Verantwortungskonzept und will im Vorfeld des Projektes wissen, wer den Oberverantwortungshut aufhat und Kostensicherheit im laufenden Verfahren. Bei der CDU ist man sich jetzt schon sicher, dass es teurer werde, als die Prognosen derzeit sagen und wünscht sich eine Planung mit realen Zahlen.

Kirsten Jahn, Grüne sprach zunächst von den Ansprüchen an den Realisierungswettbewerb, die hoch seien: Die Topographie, die städtebauliche Qualität die sichtbar, aber nicht dominant sein und sich wie selbstverständlich in das Raumgefüge einpassen soll. Es könnte die berühmteste WG in der Stadt werden mit ihren drei Nutzern. Das Zeughaus solle kein historisches Geisterhaus, wie am Ubierring, werden, als das Rautenstrauch Joest Museum an den Neumarkt zog. Die Nachnutzung des Zeughauses soll rentierlich sein, dies könne auch Plus minus Null bedeuten. Das historische Zeughaus sei ziemlich abgerockt, daher benötige man hier eine Interimsplanung. Köln befinde sich in der größten Umbauphase seit der Nachkriegszeit, bei zentralen aber, auch dezentralen Projekten. Man habe Niederlagen und Pleiten erleben müssen, siehe Oper und Schauspiel, dies schmerze real. Dies dürfe aber nicht bedeuten, dass sich jetzt Mehltau über zukünftige große Projekte legen dürfe, so Jahn.

Michael Weisenstein von der Linken sagte, dass jetzt 91 Millionen Euro für die Sanierung des römisch-germanischen Museums und kölnischen Stadtmuseum vorlägen, die nun dringend saniert werden müssen. Die Sanierung sei zu diesem frühen Zeitpunkt rund 30 Millionen Euro billiger als Neubauten schon in der Planungsphase. Und es gäbe für das Zeughaus keine Nachnutzung. Die Super-Großkoalition übersehe, dass das Zeughaus ein öffentliches Gebäude sie, dass nicht für kommerzielle Nutzung zur Verfügung stehe. Es gebe riesige Herausforderungen der wachsenden Stadt und für Kölnerinnen und Kölner dringendere Projekte. Es gebe eine Verantwortung der Superkoalition hierfür und man solle kein Großprojekt aufsetzen, dass man nicht abschätzen könne. Weisenstein bemängelte auch den Namen: Die historische Mitte im römischen Köln sei da gelegen, wo heute der Kaufhof stehe, die mittelalterliche Mitte läge dort wo heute Groß St. Martin sei.

Thor Zimmermann, Deine Freunde, sagte es gebe kein erfolgreiches Großprojekt derzeit in Köln und die Verantwortlichen Parteien des Antrages wollten sich auf ein neues Desaster einlassen. Mehltau liege über der Stadt, wo es um wirklich innovative Projekte gehe. Da sei kein Geld da, wie etwa für die freie Szene. Es sei kein Gesamtkonzept für die Gesamtstadt erkennbar. Der Rat müsse sich auch fragen, wie er mit den gesellschaftlichen Rändern umgehen wolle. Wenn die Wahlbeteiligung in Chorweiler bei 15 Prozent liege, könne man nicht davon sprechen, es laufe alles rund in Köln. Man müsse mehr Geld in die Hand nehmen, um mehr Menschen für Demokratie zu begeistern. Projekte wie die Historische Mitte, stoße bei Menschen, die kein Geld in der Tasche haben, auf Kopfschütteln, gibt Zimmermann zu bedenken. Auch innerhalb des Kulturetats müsse die Stadt überlegen wo sie hinwolle. Kleinste Beträge für die freie Szene, aber 130 Millionen für ein solches Projekt, das gehe nicht zusammen.

Andreas Henseler, Freie Wähler, merke am Antrag, dass der Größtekoalitionsantrag nicht mehr Hurra-Patriotismus alleine ausstrahle, sondern auch Skepsis vermittle. Es gebe keine funktionierende Bauverwaltung, das Archiv läge im U-Bahnschacht, der Kalkberg mit seinen Problemen und Alarmmeldungen aus dem Opernbereich. Es gebe die dringende Frage, wer in dieser Bauverwaltung noch die Verantwortung inne habe. Es gebe keinen genehmigten Haushalt, wie die Bezirksregierung vorgehen werde, sei ungeklärt. Es gebe Mindereinnahmen im Gewerbebereich, rund 100 Millionen weniger. Und dann ein Projekt mit 140 Millionen Euro planen, fragt Henseler. Der fürchtet auch, dass es nicht mehr Touristen und Besucher der Museen geben, sondern die jeweiligen Besucherströme sich gegenseitig kannibalisieren werden.

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Erklärung von Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes zum Anschlag auf Oberbürgermeisterin Henriette Reker

Im Wortlaut (kursiv gesetzt)

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

das feige, menschenverachtende Attentat auf Frau Oberbürgermeisterin Reker hat mich zutiefst erschüttert. Es ist ein Anschlag auf das Leben einer Politikerin, einer Kölnerin. Es ist ein Anschlag auf das friedliche Miteinander der Kulturen in unserer Stadt. Und es ist ein Anschlag auf die Grundwerte unseres Zusammenlebens, unserer Demokratie.

Ich wünsche Frau Oberbürgermeisterin Reker auch von dieser Stelle weiterhin gute Besserung und eine vollständige Genesung.

Die schrecklichen Ereignisse vom 17. Oktober dieses Jahres haben uns einmal mehr vor Augen geführt: Diese Grundwerte sind von Natur aus flüchtig. Denn Demokratie ist kein Zustand, der sich von alleine einstellt. Demokratie muss immer wieder mit Leben gefüllt werden. Und Demokratie muss verteidigt und geschützt werden.

Es ist die Aufgabe sämtlicher demokratischer Kräfte in diesem Land, über Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg, rechtsextremem und fremdenfeindlichem Gedankengut geschlossen  entgegenzutreten. Wir dürfen nicht zulassen, dass unsere demokratische Grundordnung ausgehöhlt wird. Und wir dürfen nicht zulassen, dass unsere wichtigsten politischen Ziele in Frage gestellt werden: die Anerkennung und Akzeptanz der Vielfalt und Chancengleichheit sowie das respektvolle Miteinander von Menschen aus vielen unterschiedlichen Kulturen, Ethnien mit Religionen und Lebensformen.

In ganz Deutschland und auch hier in Köln setzen sich zahlreiche Organisationen, Initiativen und Einzelpersonen mit Einfallsreichtum und viel Engagement gegen demokratiefeindliche Ideologien, Rassismus, Intoleranz und Diskriminierung ein. Sie entwickeln Ideen und zeigen Wege auf, wie ein friedliches, auf Respekt und Wertschätzung beruhendes Zusammenleben von Menschen aus vielen unterschiedlichen Kulturen im Alltag gelingen kann.

Ich bin sehr froh und dankbar, dass wir in Köln eine insoweit positive Tradition entwickelt haben und die ganz überwiegende Mehrheit der Kölnerinnen und Kölner eine klare Position gegen Extremismus, Antisemitismus und Gewalt bezieht!

Dies zeigte sich auch vergangenen Monat, als „Hogesa“ wieder einmal beabsichtigte, den Ruf Kölns als weltoffene und tolerante Stadt zu beschädigen.Wie eben beschrieben, haben sehr viele Bürgerinnen und Bürger den dumpfen rechten Parolen ein wirkungsvolles Zeichen für Demokratie und Toleranz entgegengesetzt. Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang insbesondere die große Birlikte-Kundgebung nennen.

Ich möchte an dieser Stelle deutlich machen, dass die Informations- und die Präventionsarbeit der Stadt gegen Rechtsextremismus schon seit langem breit und fachlich äußerst fundiert aufgestellt ist. Die städtischen Maßnahmen gegen rechtsextremes und fremdenfeindliches Gedankengut sind vielfältig und zahlreich – zu zahlreich, um hier mehr als einige Beispiele zu nennen:
die hervorragende Aufklärungsarbeit durch unser NS-Dokumentationszentrum mit seinen wertvollen Aktivitäten und Maßnahmen, die seit 2008 durch die Arbeit der „Info- und Bildungsstelle gegen Rechtsextremismus“ sinnvoll ergänzt wird. Die Info- und Bildungsstelle bietet u. a. Workshops, Vorträge und Fortbildungen an und vernetzt diejenigen, die sich in Köln gegen Rechtsextremismus und für Demokratie engagieren;

die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus im Regierungsbezirk Köln, die bei Problemfällen im Themenfeld „Rechtsextremismus“ Hilfe zur Selbsthilfe anbietet;

das Programm „Partnerschaft für Demokratie“, dessen Steuerung beim Amt für Kinder, Jugend und Familie liegt. Hierbei werden, unterstützt durch Gelder aus dem Bundesprogramm „demokratie leben“, unterschiedliche Projekte in unserer Stadt Köln in der Arbeit gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus und für eine Willkommenskultur gefördert;

das „Kölner Forum gegen Rassismus und Diskriminierung“, in welchem die Stadt Köln vertreten ist;

das von der Stadt unterstützte „Forum Willkommenskultur“, das Ansprechpartner für Freiwillige in der Flüchtlingsarbeit ist und ihre Vernetzung fördert;

das Bündnis „Köln stellt sich quer“, das von der Stadt begleitet wird; 

die von der Volkshochschule organisierten Fortbildungsprogramme und Fachtagungen zum Thema „Rechtsextremismus“;

die Maßnahmen in der Jugendpflege, u. a. die Unterstützung des mehrfach ausgezeichneten Projektes „180°-Wende“, das sich gegen Salafismus, antimuslimischen Rassismus und andere Formen von Diskriminierung einsetzt sowie zahlreiche Maßnahmen zur Förderung des interkulturellen und interreligiösen Zusammenlebens. Diese Maßnahmen sind im Haushalt 2015 finanziell nochmals aufgestockt worden.

Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.

Zu einer Stadt mit vielen internationalen Einwohnerinnen und Einwohnern gehört aber auch die Pflege von vielfältigen Kontakten weltweit. Mit ihren 24 Städtepartnerschaften fördert die Stadt Köln die europäische Idee und die internationale Zusammenarbeit bürgernah und mit verschiedensten Aktivitäten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren,
es ist unsere Aufgabe, offen, aktiv und mutig gegen Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus einzutreten – in Köln und in ganz Deutschland! Nur so können wir die Grundwerte unserer Demokratie bewahren und das friedliche und respektvolle Miteinander der Kulturen fördern.

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Autor: Andi Goral