Köln | Vom 8. November 2013 bis 9. März 2014 widmet sich eine Sonderausstellung des NS-Dokumentationszentrums der Stadt Köln (NS-DOK) dem Leben und Schaffen der jüdischen Kölner Innenarchitektin Bertha Sander. In der Ausstellung erzählen zahlreiche Fundstücke aus dem Besitz von Bertha Sander die Geschichte ihres bewegten Lebens. Was zunächst fröhlich, weltoffen und emanzipiert in Köln und Wien begann, endete eingeschränkt und mit Verbitterung in London und später in Südengland.

An insgesamt 13 Stationen zeichnet die Ausstellung das bewegte Leben der aus einer gutbürgerlichen jüdischen Familie stammenden Frau nach. So erfährt man von ihrer sehr modern und emanzipatorisch eingestellten Mutter Clara, die die junge Bertha bereits im Alter von 14 Jahren zu Kursen an der Kunstgewerbeschule schickte und früh deren Talent förderte. Kurz vor Ende des Ersten Weltkriegs, im Februar 1918, begann die junge Bertha dann eine Lehre in einer Kölner Schreinerwerkstatt In den 1920er Jahre versprach aus Sander eine junge erfolgreiche Innenarchitektin in Köln zu werden. Sie arbeitete bei Architekten in Köln und Berlin sowie bei der renommierten und für die damaligen Verhältnisse sehr modernen Wiener Werkstätte. Sie entwarf Möbel und Tapeten, deren Pläne in der Ausstellung zu sehen sind und auch heute noch über eine zeitlose Ästhetik verfügen. Längere Kuraufenthalte zum Kurieren ihrer Tuberkulose führten jedoch zu einer Unterbrechung der beruflichen Karriere.

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten unterlag sie immer schärferen Einschränkungen, sowohl in ihrem alltäglichen Leben als auch in ihren Arbeitsmöglichkeiten. 1936 emigrierte sie mit ihrer Mutter, Vater und Bruder waren jung verstorben, nach London. Doch hier hatte sie mit den Restriktionen der Britischen Regierung zu kämpfen, versuchte, ihre Entwürfe an andere deutsche Immigranten zu verkaufen. An ihre frühen beruflichen Erfolge konnte sie später nicht mehr anknüpfen. Doch ihre Kreativität und ihren Erfindungsreichtum bewahrte sie sich bis ins hohe Alter. So meldete sie 1977, im Alter von 75 Jahren, noch eine Richtungsanzeige für Autos zum Patent an. Sie starb schließlich 1990 im Alter von 89 Jahren in einem südenglischen Seniorenheim.

Bertha Sander hatte – über alle Umzüge und ihre Emigration nach Großbritannien hinweg – viele persönliche Dokumente, Fotos, eigene Arbeiten, Veröffentlichungen und Erinnerungsstücke aufgehoben und und akribisch gesammelt. Wichtige Dokumente und Fotos bewahrte sie in einer Hutschachtel auf – daher auch leitet sich auch der Titel der von Dr. Jürgen Müller und Ulla Rogalski kuratierten Sonderausstellung im Erdgeschoss des NS-DOK ab.

Sanders künstlerischer Nachlass befindet sich im Victoria & Albert Museum in London, dem größten Kunstgewerbemuseum der Welt.

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„Ein ganzes Leben in einer Hutschachtel“ – Bertha Sander: eine jüdische Innenarchitektin aus Köln; Sonderausstellung

8. November 2013 bis 9. März 2014

NS-Dokumentationszentrums der Stadt Köln
EL-DE-Haus
Appellhofplatz 23-25
50667 Köln

Öffnungszeiten:

Dienstag bis Freitag 10-18 Uhr
Samstag, Sonntag und Feiertag 11-18 Uhr
Jeden ersten Donnerstag im Monat (außer Feiertag) bis 22 Uhr

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Autor: dd
Foto: Bertha Sander, Privataufnahme, Entstehungsdatum unbekannt.