Das Symbolbild zeigt den Schriftzug "Streiks" auf einer Anzeigetafel der Deutschen Bahn. | Foto: via dts nachrichtenagentur

Berlin | aktualisiert | Die Lokführergewerkschaft GDL will die Bahn im schwelenden Tarifkonflikt ab Mittwochmorgen 136 Stunden lang komplett bestreiken.

Bereits ab Dienstagabend, 18 Uhr, soll der Güterverkehr lahmgelegt werden, wie aus einer Mitteilung der Gewerkschaft hervorgeht, die kurz nach 2 Uhr in der Nacht auf Montag verschickt wurde.

Danach folgen dann ab Mittwoch, 2 Uhr, sämtliche Unternehmen der Deutschen Bahn, „inklusive der Infrastruktur“, wie es hieß. Der Streik soll erst am Montag, dem 29. Januar, um 18 Uhr enden.

Es habe wieder nur ein „Scheinangebot der Deutschen Bahn AG“ gegeben, so die Gewerkschaft zur Begründung. Mit dem dritten und angeblich verbesserten Angebot habe die Bahn „erneut gezeigt, dass sie ihren bisherige Verweigerungs- und Konfrontationskurs unverdrossen weiter verfolgt“, so die GDL. Von Einigungswillen gebe es „kein Spur“.

Bahn kritisiert neue Streikankündigung der GDL

Die Deutsche Bahn (DB) hat die angekündigten neuerlichen Streiks der Lokführergewerkschaft GDL kritisiert. „Die DB setzt auf Kompromisse, die GDL verschärft maßlos den Konflikt“, sagte ein DB-Sprecher am Montag.

„Wer bei einem neuen Angebot mit bis zu 13 Prozent und der Möglichkeit der 37-Stunden-Woche bei gleichem Gehalt noch nicht einmal an den Verhandlungstisch kommt, handelt absolut unverantwortlich“, fügte er hinzu. Die Arbeitsniederlegungen würden sich „massiv“ auf den gesamten deutschen Bahnbetrieb auswirken, so der Staatskonzern.

Für den sechstägigen Ausstand ab Mittwoch kündigte die Bahn wie schon in der Vergangenheit einen „Notfahrplan“ an. Man rate aufgrund des geringeren Angebots zu einer Sitzplatzreservierung und dazu, sich 24 Stunden vor Fahrtantritt erneut über die Verbindung zu informieren. Außerdem können Reisende ihre Fahrten wieder verschieben, da die Zugbindung aufgehoben wird.

Weselsky greift Bahn scharf an

Der Vorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL), Claus Weselsky, hat die Deutsche Bahn (DB) scharf kritisiert. Im am Freitag vorgelegten Angebot des Konzerns „trickse und täusche“ der DB-Vorstand nicht nur die eigenen Mitarbeiter, sondern auch die Fahrgäste, sagte er am Montag in Berlin.

Denn die angebotene Absenkung der Wochenarbeitszeit stehe in direkter Abhängigkeit zur Frage, ob genügend Personal an Bord ist. Wenn der Vorstand in den nächsten beiden Jahren niemanden einstelle, „wird die Wochenarbeitszeit eben um null gesenkt und das ist keine Verhandlungsgrundlage“, so Weselsky weiter.

Zudem kritisierte der GDL-Chef, dass die Bahn nicht für alle Berufsgruppen Angebote vorlege. Weiter wies er Aussagen von DB-Vorstand Martin Seiler zurück, wonach die bisherigen Abschlüsse der GDL ein „PR-Gag“ seien und die Gewerkschaft nicht genügend Geld für Streiks habe.

Die Gewerkschaft trete wieder in Verhandlungen ein, wenn der DB-Vorstand die Beschäftigten und die Fahrgäste nicht mehr „veralbert“ und Angebote für alle geforderten Punkte unterbreite, sagte Weselsky.

Bahnbeauftragter ruft GDL zu Rückkehr an Verhandlungstisch auf 

Der Beauftragte der Bundesregierung für den Schienenverkehr, Michael Theurer (FDP), fordert die Lokführergewerkschaft GDL und die Deutsche Bahn (DB) zur Rückkehr an den Verhandlungstisch auf. „Die Tarifparteien sind gefordert, Lösungen in den Verhandlungen zu finden, statt den Konflikt auf dem Rücken derjenigen auszutragen, die jeden Tag auf eine funktionierende Eisenbahn angewiesen sind“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ angesichts der neuesten Streikankündigung der GDL.

Die GDL hatte die Beschäftigten der Deutschen Bahn in der Nacht zum Montag zu einem erneuten Streik aufgerufen, der im Personenverkehr am Mittwochmorgen beginnen und bis Montagabend kommender Woche dauern soll. Die Gewerkschaftsmitglieder bei der für Güterverkehr zuständigen DB Cargo sind bereits ab Dienstagabend zum Streik aufgerufen.

Arbeitsrechtler: GDL-Streik verhältnismäßig   

Die Bahn und ihre Fahrgäste können nach Einschätzung von Arbeitsrechtsexperten wohl nicht darauf hoffen, dass Gerichte den sechstägigen Streik der Lokführergewerkschaft GDL untersagen. Zwar seien Streiks nur zulässig, wenn sie verhältnismäßig seien, allerdings räume das Bundesarbeitsgericht den Gewerkschaften einen weiten Spielraum ein, sagte Gregor Thüsing, Direktor des Instituts für Arbeitsrecht und Recht der sozialen Sicherheit der Universität Bonn, dem „Tagesspiegel“.

„Praktisch läuft das regelmäßig darauf hinaus, dass Streiks dann verhältnismäßig sind, wenn die Gewerkschaften sagen, dass sie verhältnismäßig sind“, so der Professor für Arbeitsrecht. Auch dass die GDL streikt, ohne zuvor mit der Bahn über ihr neues Angebot zu verhandeln, dürfte von der Rechtsprechung akzeptiert werden.

Zwar sei der Streik das letzte Mittel, aber auch hier seien die Gerichte sehr großzügig, sagte Felix Hartmann, Professor für Arbeitsrecht an der Freien Universität Berlin. „Wenn die GDL davon ausgeht, ihre Forderungen nur mit einem Streik durchsetzen zu können, wird das letztlich nicht hinterfragt.“

Für die Bevölkerung gehe der lange Streik jedoch an die Grenze dessen, was man der Allgemeinheit zumuten kann, kritisiert Thüsing. „Für viele ist die Grenze schon überschritten“, sagte er. Dass ein Arbeitsgericht im Wege einer einstweiligen Verfügung den Streik untersagen wird, sei jedoch zweifelhaft. „Solange es eine Notdienstvereinbarung und eine Basisversorgung gibt, kann es den Streik für zulässig erklären.“