„2010 hat die Wirtschaft mächtig wieder aufgeholt“, erklärte heute Ortwin Weltrich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer zu Köln. Ein langer Winter und die Nachwehen der Wirtschaftskrise hätten die ersten beiden Quartale bestimmt. Seit dem Frühsommer habe sich das Handwerk in dieser Region jedoch deutlich erholt. „Die Konjunktur hat an Fahrt gewonnen“, so Weltrich. Schon jetzt zeichneten sich darum für das Jahr 2010 im Vergleich zum Vorjahr ein höherer Umsatz sowie ein Anstieg der Beschäftigungszahlen und Ausbildungsverhältnisse ab. So rechnet Weltrich damit, dass sich der Umsatz der Handwerksunternehmen in der Region im vergangenen Jahr geringfügig um ein Prozent auf 14,6 Milliarden Euro erhöhe. Dabei sei die nach vorläufigen Schätzungen die Zahl der Beschäftigten um ein Prozent auf rund 187.000 gestiegen. Allerdings falle wegen des ersten schwachen Quartals die Wachstumsrater mager aus.

Junge Unternehmer beweisen Mut
Die positive Stimmung in den meisten Handwerksbranchen spiegle sich auch in der Stabilität im Betriebsbestand wieder. So hat sich die Zahl der von der Kammer registrierten Betriebe innerhalb des Jahres praktisch nicht verändert. Am Jahresende 2009 waren 18.408 Betriebe gemeldet, am 31. Dezember 2010 waren es 18.412. Dabei sei der Markt jedoch stark in Bewegung. So verzeichnete die Handwerkskammer bei den zulassungspflichtigen Betrieben 1.202 Ab- und 1.206 Zugänge. In Köln erhöhte sich die Zahl der Betriebe um 1,5 Prozent. „Erfreulich ist, dass viele junge Menschen heute den Mut haben, sich selbstständig zu machen“, so Weltrich. Das zeige auch das Beratungsangebot der Kammer. Gut die Hälfte der Beratungen drehte sich 2010 um Existenzgründungen. Problematisch sei jedoch nach wie vor, dass in einigen Branchen wie etwa Fliesenleger, Raumausstatter oder Gebäudereinigung keine Ausbildung mehr zur Existenzgründung nötig sei. Verbrauchern rät Weltrich, sich vor der Vergabe eines Auftrags über das Handwerksunternehmen informieren zu lassen.

Auszubildende werden 2011 gesucht
Besonders positiv bewertete Weltrich die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge 2010. Mit 5.929 neuen Verträgen wäre fast der Spitzenwert von 2008 (6.049 Verträge) wieder erreicht worden. In Köln selbst wurden 2.330 Verträge abgeschlossen. „Hier kippt der Ausbildungsmarkt. In einigen Bereichen fehlen schon jetzt ausbildungsfähige Jugendliche“, erklärte Weltrich. Wichtig sei es daher künftig verstärkt auch Abiturienten von einer Ausbildung zu überzeugen. Zudem sollen auch in diesem Jahr mehrsprachige Ausbildungsbörsen den Zugang für Kölner mit Migrationshintergrund in den Ausbildungsmarkt erleichtern. Für das kommende Jahr machte er allen Kölner Jugendlichen Mut: Denn auch 2011, so prognostizierte Weltrich, stünden genügend Ausbildungsplätze bereit.

Vorsichtiger Optimismus für 2011
Insgesamt blickte Weltrich heute jedoch vorsichtig auf das Jahr 2011. Für das erste Halbjahr erwartet er ein Wirtschaftswachstum von etwa zwei Prozent sowie einen Anstieg der Beschäftigungszahlen um ein Prozent. Dabei würde sich insbesondere die gute Binnenkonjunktur auf die Stabilität de Branche auswirken. Ob auch das zweite Halbjahr 2011 positiv verlaufe sei jedoch maßgeblich von den politischen Rahmenbedingungen abhängig. Dazu gehörten etwa die Einigungen über neue Tarifabschlüsse, die Entwicklung der Krankenkassen-Beiträge und eine Entscheidung zu den Umweltzonen. Weltrich befürchtet, dass in Köln ab dem 1. Juli 2011 keine Fahrzeuge mit roten Plaketten mehr zugelassen sein werden. Für die lokalen Handwerksbetriebe sei das katastrophal, so Weltrich. Laut einer Umfrage dürften dann 18 Prozent der Handwerker-Fahrzeuge nicht mehr in die Innenstadt fahren. „Eine Umrüstung können sich jedoch gerade die kleinen Betriebe nicht leisten“, betonte Weltrich. Noch schlimmer würde es die Branche treffen, falls ab Sommer nur noch Fahrzeuge mit einer grünen Plakette in der Innenstadt erlaub wären. Dann müssten laut der Umfrage 60 Prozent aller Fahrzeuge draußen bleiben.

Köln will Brücken nach Polen schlagen
Ab Mai 2011 entfallen für alle Arbeitnehmer aus den neuen EU-Beitrittsländern im Osten Beschränkungen auf dem Arbeitsmarkt. „Die Politik in Deutschland scheint sich darauf nicht vorzubereiten“,  kritisierte Weltrich heute. Er rechnet damit, dass sich zahlreiche Unternehmen aus dem Osten Europas auch in Köln ansiedeln würden. Denn bereits bei der ersten Osterweiterung wären viele Unternehmen nach Köln gekommen. Unklar sei dabei jedoch, welche Qualifizierung die Unternehmen mitbrächten. Die Kölner Handwerkskammer plant daher zusammen mit dem polnischen Generalkonsulat gemeinsame Informationsveranstaltungen für Handwerksunternehmen. So soll den Unternehmen der Einstieg in den lokalen Markt erleichtert werden. „Dort gibt es viele gute Betriebe, die eine Bereicherung für Köln wären“, betonte Weltrich.

Cornelia Schlößer für report-k.de/ Kölns Internetzeitung

[Foto: BirgitH/ www.pixelio.de]