Köln | Beim Dringlichkeitsantrag der Fraktion Die Linke und der Gruppe Die PARTEI betreffend „Transparenz und breitere Ratsbeteiligung bei der Wahl der*des Beigeordneten für Kunst und Kultur“ entwickelte sich eine heftige Kontroverse im Kölner Rat.

Vorweg genommen sei das Ergebnis: Der Antrag wurde von SPD, FDP, Grünen, CDU, AfD, Gut, Volt und Klimafreunden abgelehnt. Die Debatte zuvor wurde heftig geführt, von denen die sagten der Rat habe das Verfahren verabschiedet und müsste nun daran festhalten und denen die sagten das Verfahren sei rechtswidrig, weil etwa Ratsmitglieder der Linken keine umfassende Einsicht in die Akten des Verfahrens nehmen konnten. Hier steht von der Linken die Behauptung im Raum, dass 2 Mitglieder der CDU-Fraktion Einsicht in das Verfahren nehmen konnten, andere Ratsmitglieder aber nicht. Dies entkräftete die CDU in der Ratssitzung nicht. Die CDU und ihr Vorsitzender Petelkau sagen, dass die Verfahren zur Besetzung von Beigeordneten schon immer so seit 2014 in Köln geführt werden. Dabei steht den gewählten Ratsmitgliedern eine Einsichtnahme nach Gemeindeordnung NRW und richterlich bestätigt zu. In einem Fall in Hagen hatte die dortige CDU das Verfahren angestoßen und gewonnen.

Kölns Oberbürgermeisterin Reker sagte der Dringlichkeitsantrag der Linken und von Die Partei sei zu spät gekommen. Sie habe das Verfahren entsprechend des Ratsauftrages vom 6. Mai geführt und ihre Verantwortung als Oberbürgermeisterin wahrgenommen. Diese von der OB ins Feld geführte Fristversäumnis, ließ die Linke so nicht gelten. Sowohl Güldane Tokyürek als auch Jörg Detjen, Linke, wiesen darauf hin, dass der Dringlichkeitsantrag bereits am 13. August eingereicht worden sei, aber Oberbürgermeisterin Reker trotz Kenntnis des Dringlichkeitsantrages am 16. August den Namen des ausgewählten Bewerbers veröffentlichte.

Damit konterte die Linke Vorwürfe sie wolle Namen in der Öffentlichkeit verbrennen. Grüne, CDU, aber auch andere wie Thor Zimmermann von Gut führten als Gegenargument die Vertraulichkeit des Bewerbungsprozesses in die Debatte ein, ohne allerdings zu erklären, warum diese Vertraulichkeit in Gefahr ist, wenn Ratsmitglieder Einsicht in die Bewerbungsverfahren von Wahlbeamten nehmen. Der Rat tagt ja auch im nichtöffentlichen Teil, ohne, dass die Inhalte von Ratsmitgliedern danach auf der Treppe des Spanischen Baus oder aktuell Gürzenichs in Mikrofone gesprochen werden. Bernd Petelkau, CDU, bescheinigte dem Verfahren, dass dieses absolut ordentlich nach den Grundsätzen der Gemeindeordnung abgelaufen sei. Stefan Charles, den der Rat mit den Stimmen des Ratsbündnisses am Montag zum Beigeordneten für Kunst und Kultur wählen soll, bescheinigte Petelkau ein erstklassiger Kandidat und Persönlichkeit zu sein. Charles wird sich heute im Laufe des Nachmittags bei den Fraktionen wie etwa der SPD vorstellen.

Der Fraktionsgeschäftsführer der Grünen Lino Hammer warf der Linken vor Unwahrheiten zu verbreiten, denn der Rat habe das Verfahren so beschlossen. Hammer sprach in diesem Zusammenhang von Empörungsschleifen und einer Skandalisierung und forderte die Rückkehr zu inhaltlicher Arbeit. Den kritischen Fraktionen empfahl Hammer den Rechtsweg. Detjen warf Hammer später vor die Empörung, die sich in der Stadtgesellschaft über die Besetzungsverfahren, etwa bei der Besetzung des Dezernats IX, wiederfindet, lächerlich zu machen. Dem widersprach Hammer und stellte klar, dass er nicht auf die Stadtgesellschaft als Ganzes abgestellt habe, sondern auf Debatten im Rat. Dennoch wird die Rolle der Grünen, die ja mal für Transparenz standen, nicht eindeutig oder klar und warum sie sich so vehement ohne Argumente und eher populistisch gegen ein Nachdenken über Besetzungsverfahren stemmen, anstatt sich hier offen für Verbesserungen zu zeigen. Ganz anders die FDP: FDP-Mann Sterck folgt der Argumentation der Oberbürgermeisterin, dass der Antrag im Falle des Kulturdezernenten zu spät komme. Allerdings teilt die Kölner FDP die Kritik an der Sondersitzung. Die FDP werde sich den Kandidaten nun ansehen und am Montag mitstimmen, um weiteren Schaden vom Kulturstandort Köln abzuwehren. Allerdings will auch die FDP nach dem Abschluss dieses Verfahrens mit den anderen Ratsfraktionen und -gruppen sich abstimmen, wie das Verfahren verbessert werden könne.

Christian Joisten, Fraktionsvorsitzender der SPD, stellte zunächst klar, dass die SPD das Verfahren um das Dezernat IX von dieser Debatte getrennt sieht und sich der Aufarbeitung in der kommenden Ratssitzung intensiv widmen werde. Joisten machte noch einmal deutlich, dass die Kölner SPD es nach wie vor kritisch sehe, dass der Stadtvorstand in seiner aktuellen Besetzung nicht den Rat in seinem vollen Umfang repräsentiere. Und Joisten sagte in Richtung des Bewerbers, dass die rechtliche Wertung, Hinterfragung der Verfahren und die Frage nach der Rechtskonformität nichts mit seiner Person zu tun habe. Eine weise Einschätzung, die die Debatte in die richtige Richtung positioniert. Die SPD Fraktion werde sich mit der Person bei der Vorstellung von Stefan Charles auseinandersetzen und anschließend am Montag ihr Votum abgeben.

Die Debatte eskalierte zum Schluss mit einem Beitrag von Dr. Elster, CDU-Fraktion, der die Linke als SED-Nachfolgepartei verortete – 30 Jahre nach dem Mauerfall – und es als absurd bezeichnete, dass die Linke dem Rat Demokratie beibringen wolle. Den von der Linke und Die Partei eingebrachten Verfahrensvorschlag nannte Elster ein „schwachsinniges Verfahren“, dass potentielle Kandidat*innen verunsichere. Die Partei qualifizierte CDU-Mann Elster als „Hundesteuerpartei“ ab und den Antrag als Wahlkampfklamauk. Für diese – man ist fast versucht von einer Kalte Krieg Rhetorik zu sprechen – handelte sich Elster Applaus von der AfD ein. AfD-Mann Cremer konstatierte, dass die CDU wieder zu ihrer antikommunistischen Haltung gefunden habe.

Nicolyn Gabrysch von den Klimafreunden mahnte an bei aller Aufgeregtheit zu klären, was schief gelaufen sei und dass das Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt kritische Fragen der Opposition nicht generell abkanzeln sollte.

Der Rat wird jetzt am kommenden Montag, 23. August, zu einer Sondersitzung zusammenkommen und über die Bewerbung von Stefan Charles abstimmen. Allerdings dürfte ihm die Ratsmehrheit sicher sein. Denn Thor Zimmermann, merkte an, dass es ja durchaus nötig sei, dass sich die Oberbürgermeisterin im Vorfeld der Dezernentenwahl sicher sei, dass es im Rat eine Mehrheit gebe, damit die Bewerber nicht öffentlich beschädigt werden. Zimmermann wunderte sich über die Männerflut im neuen Stadtvorstand und mahnte an, dass Dezernat IX mit einer Frau zu besetzen, sofern dies im jetzigen Zuschnitt Bestand haben wird.

Autor: red
Foto: Das Archivbild zeigt eine Ratssitzung im Gürzenich