Auf dem Trottoir vor dem Berufskolleg in Ehrenfeld war heute kein Durchkommen mehr, so viele Fahrräder parkten dort. Drinnen war es so voll, dass viele Bürger vor den Türen stehen mussten und nur die Hälfte mitbekamen. Denn Organisator und Bezirksbürgermeister Wirges hatte mit weniger Besuchern gerechnet. Für die Organisation bekommt der Bezirksbürgermeister keine Bestnote. Investor Bauwens-Adenauer nutzte die Chance sich, und seine Planungen ins rechte Licht zu rücken, ohne konkret auf Ziele einzugehen. So erklärten Stadt und Investor man stehe am Anfang und werde einen Architektenwettbewerb ausschreiben. Daher brachte Bauwens-Adenauer viele schöne Bilder mit, auch aus anderen Städten, und zeigte damit auf in welche Richtung der Architektenwettbewerb gehen könne. Bauwens-Adenauer versäumte es auch nicht sich zu loben, als er etwa davon sprach keine Tankstelle auf dem Gelände errichten zu wollen, obwohl er das könne und dass er die Altlasten sanieren werde.

Auch Baudezernent Streitberger war auf dem Podium vertreten und erklärte seine Vorstellung des Stadtquartiers und versprach immer wieder auf Qualität zu achten, zeigte aber auch knallhart die Grenzen der Bürgerbeteiligung auf und machte deutlich dass man das Projekt nach den Standards der Verfahren und den Regeln etwa des Stadtentwicklungsausschusses durchsetzen werde. Streitberger erklärte, dass der spätere Betreiber (heute schon Kalk Arkaden), der ein anderer als der Investor sein wird, eine glasüberdachte Mall zur Bedingung gemacht habe und er nicht wisse, ob diese nachts auch geöffnet sei. Denn viele Bürger fürchten die Wiederholung der Konsum-Trutzburg mit 80 Cent Parkhaus, wie sie heute schon in Kalk steht. Dagegen fordert man für Ehrenfeld Durchlässigkeit. Die Kalk Arkaden, so die Meinung vieler anwesender Bürger habe den Einzelhandel und damit die Kalker Hauptstraße ruiniert.

Die Venloer Straße spielt als Nahversorgungszentrum eine zentrale Rolle, da sind sich Befürworter, wie Gegner einig. Die Befürworter erhoffen sich eine Belebung der Venloer Straße durch die neue Shopping Mall und zwar hin bis zum Bartonia Forum. Man spricht von einer Knochenstruktur. Die Gegner befürchten das genaue Gegenteil und werfen vor allem dem Einzelhandels-Gutachten Parteilichkeit gegenüber dem Investor vor. So sei in dem Gutachten etwa nicht berücksichtigt, dass an der Moschee weitere 1.200 qm Einzelhandelsfläche entstehen, oder dass es bereits mehrere gut gehende Buchhandlungen gibt. Der Investor glaubt und da unterstützt ihn auch das Gutachten, dass ein großer Elektromarkt fehlt oder ein Hennes und Mauritz-Geschäft. Die Gegner entgegnen, dass man in nur 5-10 Minuten von Ehrenfeld aus einen Hennes und Mauritz Laden in der Innenstadt erreichen kann und werfen den Stadtplanern um Streitberger vor, kein Gesamtkonzept für die Stadt zu haben. Das Gutachten legt unter anderem auch eine Befragung von 600 Haushalten in Ehrenfeld zu Grunde und versteht sich als Potenzialanalyse. Diese hat unter anderem festgestellt, dass in der vielfältigen und kleinteiligen Ehrenfelder Struktur Läden über 400 qm fehlen. Auch sieht die Potenzialanalyse einen weiteren Lebensmittelmarkt vor, Investor und Betreiber sprechen von einem Frischemarkt, der aber kleiner als das Kaufland sein soll und empfiehlt eine Öffnung der Mall hin zur Venloer Straße vor, da dann die Mallbesucher auch weiter auf der Venloer Straße einkaufen gehen sollen.

Die verkehrliche Situation
Selbst Shopping-Mall Unterstützer Streitberger hält die verkehrliche Anbindung anscheinend für kniffelig. Er geht aber davon aus, dass die meisten Besucher, da sie aus dem Veedel oder dem nahen Umfeld kommen, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen werden, da die neue Shopping Mall so gut erschlossen sei. Streitberger verspricht, dass es unter seiner Regie kein Verkehrschaos geben werde, aber das Thema Verkehr eine Schlüsselfrage sei. Gegnern, die ihm vorhalten, dass etwa alle anderen Malls, etwa der IKEA am Butzweiler Hof oder die Kalk Arkaden einen eigenen Autobahnanschluss bekommen haben, entkräftet Streitberger damit, dass dort die Verkaufsflächen größer seien und das Einzugsgebiet etwa bei IKEA ein anderes sei.

Bei vielen Besuchern drängte sich der Eindruck auf, dass die wichtigsten Parameter zwischen Stadt und Investor schon entschieden und festgelegt sind. Immer wieder brandeten massive Unmutsbekundungen auf. Und die gehen in Ehrenfeld und dass muss Bauwens-Adenauer und auch die Politik ernst nehmen, quer durch alle Schichten. Schade war allerdings und da muss man auch von der Politik mehr Zurückhaltung einfordern, dass sich viele Ratspolitiker oder Mitglieder der Bezirksvertretung in der Diskussion nach vorne drängten. Ob das die Piratenpartei war, die Grünen, die SPD, meine Freunde, die Linke und die CDU. Anstatt zuzuhören, sprach man selbst. Das wird der breiten Bürgerbewegung nicht gerecht. Die Politik hat andere Gremien, wo nur sie sprechen kann.

Ehrenfeld wird sich nach den Plänen der Stadt, des Bezirksbürgermeisters und des Investors Bauwens Adenauer verändern und nicht mehr das gleiche Viertel sein, wie es sich derzeit entwickelt. Das ist die Befürchtung vieler, vor allem junger Ehrenfelderinnen und Ehrenfelder die gekommen sind und die Ehrenfeld in seiner Funktion als kreatives Viertel erleben und weiterentwickeln wollen. Ein kreatives Viertel, das sich selbst von unten und ohne Masterplan entwickelt hat. Eine Perspektive die, und das machte der gestrige Abend transparenter, so von den Keyplayern der städtischen Verwaltung nie gewollt und gefördert wurde und denkt man an die von der Ehrenfelder Politik so betitulierte „Partymeile“ sogar eher abgelehnt oder zumindest als lästig empfunden wurde. So verwundert es auch nicht, dass Investor Bauwens-Adenauer, für die Nutzung seines Kultursaales vor allem den Karneval im Sinn hat oder klassische Musik in seinen Helios-Höfen fördern will. Für Underground und Co. etwa, die Weltruf in der Rockszene haben, bleibt da wenig Platz. Die Politiker allerdings, die derzeit durch die Kreativen ihre Felle schwimmen sehen und mit aller Macht, etwa auch am Grüner Weg, den Status Quo und ihre Pfründe verteidigen wollen, könnten am Ende aber dennoch mit leeren Händen dastehen. Denn Sie übersehen den bürgerlichen Druck, der derzeit auf den Wohnungs- und Immobilienmarkt etwa in nahen Vierteln wie in Sülz oder Klettenberg herrscht und der sich ein linksrheinisches stadtnahes Ventil suchen wird. Das könnte dann neben dem schnieken bürgerlichen Neu-Ehrenfeld im Alt-Ehrenfeld der Helios-Höfe liegen, wenn die Kreativen und die Rockfans weg sind, für die man wenig Sinn und Verständnis hatte.

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