Köln | Der Veranstalter von Jeck im Sunnesching, eine Kölner Brauerei, frohlockt und spricht von 50.000 Jecken, die in rund 100 Kneipen und vor allem am Aachener Weiher und Rudolfplatz Karneval gefeiert haben. Ob des großen kommerziellen Erfolges verspricht man eine Wiederholung am 27. August 2016. Denn ab sofort gibt es den Kölner Sommerkarneval immer am letzten Augustwochenende im Jahr.

Gestern war es in der Kölner Innenstadt ein wenig so, als wenn Elfter im Elften, Weiberfastnacht oder Rosenmontag in Köln ist. Am Stadtgarten sangen Kostümierte „Schön ist das Leben“, Ringelware war das angesagteste Kleidungsstück und Piraten mit roten Köpfen wankten mit Dreispitz durch Köln. Auch die üblichen uniform gekleideten Jeckengruppen sangen, bewaffnet mit einem Kölschfässchen, quer durch die Stadt. In Ehrenfeld tat sich auf der Venloerstraße eine Gruppe junger Männer vor einem Supermarkt zusammen und sang biertrinkend und leicht schief „En unserem Veedel“. Der ein und die andere blickte irritiert gen Himmel und fragte sch gab es da nicht einmal eine zeitliche Einschränkung und ein das festordnendes Komitee? Beginnt also jetzt die Session?

Der Sprecher der Kölner Polizei Weber spricht von einem friedlichen Tag und Abend ohne besondere Auffälligkeiten. 37 Bands spielten in Köln 64 Mal Gigs, so der Veranstalter, der auch berichtet, dass bis tief in die Nacht gefeiert wurde. Der für Marketing und PR zuständige Verantwortliche der Brauerei kündigte an: „Wir werden nun immer am letzten Samstag im August Jeck im Sunnesching feiern.“

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Kommentar: Braucht Karneval Strukturen?

Jeck im Sunnesching ist Karneval im Sommer. So sehen es und artikulieren es die Feiernden. Eine spannende Frage stellt sich mit der Etablierung von Jeck im Sunnesching: Emanzipiert sich hier die Stadtgesellschaft von Dreigestirn, Ritualen und dem Korsett des vaterstädtischen Fest, das man Kölner Karneval nennt? Das ja genau festgelegt ist: mit Nickabend des Oberbürgermeisters über das Dreigestirn, Vertragsunterzeichnung am Elften im Elften zwischen Dreigestirn und OB, Proklamation und Insignienübergabe durch den OB, gemeinsame Eröffnung des Straßenkarnevals durch den Oberbürgermeister und das Festkomitee, Rückgabe der Insignien des Dreigestirns an Mitternacht des Veilchendienstages. Karneval war bisher eingebunden auch in den kirchlichen Kalender, das war bisher Maßstab für die Bemessung des Zeitraumes in dem Karneval gefeiert werden kann.

Im überwiegend protestantischen Berlin feiert man dagegen den Karneval der Kulturen im Sommer. Karneval wird in Köln als vaterstädtisches Fest definiert. Damit übernimmt die Stadt auch immense Kosten und organisatorische Aufgaben, vor allem was die Ausrichtung des klassischen Straßenkarnevals von Weiberfastnacht bis Aschermittwoch angeht. Jetzt gibt es also Straßenkarneval im Sommer, ohne Stadt, Festkomitee, Dreigestirn – das Neue ist noch nicht einmal vorgestellt – und ohne Karnevalsgesellschaften. Ausgerichtet und ganz einfach organisiert von einem kommerziellen Unternehmen. Das wirft Fragen nach der Definition des vaterstädtischen Festes und was ist Karneval auf. Denn Ringelware bleibt Ringelware und ein Halleluja von Brings, ein Halleluja von Brings, ob bei 30 oder 5 Grad.

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Autor: ag