Köln | Es ist Punkt 11.11 Uhr, als Prinz Ralf III. zusammen mit OB Jürgen Roters und Festkomitee-Präsident Markus Ritterbach auf dem Alter Markt den Startschuss für den Straßenkarneval gibt. In Sachen Wetter sieht es da noch etwas trüb aus, was so manchen Jecken wohl vor dem Ausflug in die Altstadt abgehalten hat. Laut Ordnungsamt ist es deutlich ruhiger als im Vorjahr – entsprechend gering sind auch die Einsätze für Polizei, Rettungsdienst und das Ordnungsamt. Auch beim Glasverbot gibt es keine Probleme, die Jecken haben die Regelung längst akzeptiert.

Und gegen die Kälte hilft Schunkeln und Singen, das wissen die Damen, die vor der Bühne am Alter Markt die Funky Marys und Marita Köllner, die dem Publikum vor dem Auftritt des Dreigestirns mächtig einheizen. Dabei lässt sich Köllner auch nicht vom zu großen Altstädter-Hut abhalten, der ihr immer wieder ins Gesicht rutscht.

Bevor die Kölner unter freiem Himmel richtig durchstarten, wird im Rathaus schon gefeiert. Punkt 9 Uhr sind dort die Blauen Funken mit 150 Mann aufgezogen, um den OB und seine Mitarbeiter fürs jecke Treiben zu wecken. Mittendrin ist Wang Wei Guang aus der Partnerstadt Peking. Der Fotograf nimmt alles ins Visier, was ihm vor die Linse kommt und hat dabei auch keine Angst vor den Säbeln des Traditionskorps.

„Ich schaue mir den Karneval in Rio, Venedig und Köln an und will herausbekommen, wo am schönsten gefeiert wird. Daraus entsteht dann ein Bildband“, sagt der Mann aus China. In Rio gefällt im die Sonne und der Samba, in Venedig mag er die Masken und in Köln liebt er die Tradition sowie das bunte Treiben in der Stadt. Restlos begeistert ist Guang, als er vom OB persönlich einen Orden verliehen bekommt.

Freude herrscht auch beim Präsident der blauen Funken, Theo Jussenhofen: „Mit den Veranstaltungen sind wird sehr zufrieden, die Quote beim Kartenverkauf liegt bei 98 Prozent und die Stimmung im Publikum war hervorragend. Schön ist auch die Harmonie in der Truppe, die auch bei kleinen Auftritten wie im Altenheim immer in großer Zahl vor Ort ist.“

Auch der OB zeigt sich bei seinem Empfang im Hansasaal begeistert: „So rasant hätte ich die Session nicht erwartet. Mir ist es wie, wenn der 11 im 11 gestern gewesen wäre. Es waren schwungvolle Tage, bei denen das Moto toll umgesetzt wurde.“ Auch der Chef des Festkomitees ist zufrieden: „Die Session war sehr erfolgreich. Die Leute haben einfach doppelt so viel gefeiert.“. Für Prinz Ralf III. geht das jecke Treiben in den Endspurt: „Ich habe mich über den blauen Himmel heute Morgen gefreut und werde diesen Tag einfach genießen. An Aschermittwoch denke ich noch nicht.“

Bei den Fraktionen im Rat war das brasilianische Motto auch gefragt. Während die Grünen als Dschungel im Hansasaal unterwegs waren, präsentierte sich die FDP als Köln-Rio-Air mit den Kapitänen Ralph Sterck und Manfred Wolf. „Als Kinder wurden wir von der Mutter immer als Clowns verkleidet, dabei wollte ich viel lieber als Straßenbahnfahrer gehen“, sagt Sterck, als „Pilot“ der Liberalen. Dagegen hat die Grünen-Fraktionsvorsitzende Barbara Moritz, das Clownskostüm der Prinzessin vorgezogen. Beim Fraktionschef der CDU, Winfried Granitzka, war der Cowboy das Wunschkostüm. „Das war nach dem Krieg an der Mosel, ich hatte ein Halstuch, das von einer Streichholzschachtel zusammen gehalten wurde.“

Gefeiert wird an Weiberfastnacht traditionell auch in der Südstadt, wo das historische Spiel vom Reitergeneral Jan von Werth und der Apfelverkäuferin Griet an der Vringspooz wieder Tausende anzog. „Für uns war die Session kurz, heftig und knackig. Seit dem 14. Januar gab es für uns keinen freien Abend mehr. Jetzt habe ich allerdings richtig Lampenfieber“, sagt „Jan“ Frank Breuer. Seine „Griet“ Sandra Scheltenbach hat es ihm nicht übelgenommen, dass sie relativ kurzfristig vom Vorhaben ihres „Jan“ erfahren hat. „Die Session war sehr intensiv. Vor allem die kleinen caritativen Auftritte waren bewegend.“

Das historische Spiel, das vom Reiter-Korps Jan von Werth seit fast 50 Jahren zum Auftakt des Straßenkarnevals aufgeführt wird, war vor drei Jahren komplett überholt worden. Seitdem bietet es dem Publikum am Chlodwigplatz eine Zeitreise in die Vergangenheit an. Mit Zwiebeldompteuren, Marktfrauen und Edelleuten. Und natürlich hat Jan auch in diesem Jahr seine Griet am Apfelstand getroffen, auch wenn sein Pferd es ihm nicht gerade einfach gemacht hat. Zur Tradition gehört auch der erste Zoch der Session, der die Teilnehmer von der Südstadt zum Alter Markt führt.

Autor: Stephan Eppinger
Foto: Die Jecken in der Altstadt trotzten der Kälte.