Köln | Geht es gegen Krieg und Ungerechtigkeit sind die Zeichnungen und Grafiken von Käthe Kollwitz auch über 70 Jahre nach ihrem Tod immer noch von großer Aussagekraft. „Ihr“ Kölner Museum zeigt jetzt in der Sonderausstellung „Zeitenwende(n)“, wie die Berliner Künstlerin mit ihrer Arbeit auf die jeweils aktuellen politischen Umstände reagiert.

Der Ausstellungstitel gibt den Hintergrund – „Zeitwenden“ hat die Kollwitz (1867-1945) reichlich erlebt: Kaiserzeit, Weimarer Republik, Nazi-Diktatur, zwei Weltkriege. Und immer hatte sie den Blick für das Elend, in dem viele ihrer Mitmenschen leben mussten.

Schon früh auf der Seite der Ausgebeuteten und Unterdrückten

Schon früh brachte sie die sozialen Missstände und deren Folgen aufs Papier. Zeigte Arbeiter auf dem Weg in die Fabrik, Menschen in der Wärmehalle, eine Frau, die sich im Krankenhaus über ihr totes Kind beugt, ein Paar, das einen Betrunkenen beklaut. Selbst das Thema Syphilis war ihr ein Bild wert. Kaum bekannt sind ihre genau beobachtenden Arbeiterporträts.

Ein Thema, das sie schon vor 1900 aufgreift, ist das Abtreibungsverbot, ist die Not von Frauen, die ungewollt schwanger wurden. Oft greift sie es in der Figur des Gretchen aus Goethes „Faust“ auf. Ganz besonders düster und mitfühlend eine Tuschezeichnung, bei der statt Christus eine Muttergottes vom Kreuz steigt, um die auf dem Boden knieende Schwangere zu trösten.

Der Tod ihres Sohnes Peter machte sie zur überzeugten Pazifistin

Zur überzeugten Pazifistin wurde sie allerdings erst nach Beginn des Ersten Weltkriegs. Ohne größeren Widerstand der Eltern hatte sich Sohn Peter freiwillig gemeldet, er fiel schon – erst eine Woche an der Front – am 22. Oktober in Flandern. Danach wurde sie nicht nur mit Bildern wurde sie zur Kriegsgegnerin, sondern auch mit Worten. Mit einem Holzschnitt setzte sie ihm und seinen Freunden 1922 im Zyklus „Krieg“ ein Denkmal.

Dieses Selbstporträt von Käthe Kollwitz – entstanden 1934 – hat das Museum erst kürzlich erworben. © Käthe-Kollwitz-Museum Köln

In einem langen Brief zerriss sie förmlich ihren ehemaligen Dichterfreund Richard Dehmel, der noch kurz vor Kriegsende im SPD-Parteiblatt „Vorwärts“ verstärkten Kriegseinsatz forderte. Ihre ausführliche Antwort darauf – ebenfalls im „Vorwärts“ veröffentlicht – ist hier nachzulesen.

Sie liegt in einer der zehn Vitrinen. Neben Postkarten mit ihren Motiven, historische Fotos, Büchern, Illustrationen für den „Simplicissmus“ oder Anmerkungen zu Zeitungsartikeln. „Teufel!“, schrieb sie unter den Hetzartikel „Juden, was nun?“ in der SS-Zeitung „Das Schwarze Korps“.

Das Plakat „Nie wieder Krieg“ wurde zur Ikone der Friedensbewegung

Der sozialen Frage und linker Politik blieb sie bis zu ihrem Tod verbunden. Ihr 1924 entstandenes Plakat „Nie wieder Krieg“ wurde zur Ikone der Friedensbewegung. Ihre Bild von der Ehrung des toten Karl Liebknecht – der KPD-Vorsitzende wurde zusammen mit Rosa Luxemburg im Januar 1919 von rechten Freikorps-Offizieren ermordet – hing bald in jedem kommunistischen Haushalt.

In der Weltwirtschaftskrise und der Zeit der Hyper-Inflation zeichnete sie gegen Wucherhonorare von Kinderärzten, Hungersnot und Armut. Kollwitz’ öffentliches Wirken endete 1933 mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten. Sie wurde aus der Akademie der Künste ausgeschlossen und erhielt Ausstellungsverbot. Sie zog sich nach Moritzburg bei Dresden zurück, wo sie kurz vor Kriegsende am 22. April 1945 starb. In den Jahren der Zurückgezogenheit arbeitete sie weiter, setzte sich mit dem Tod – auch dem eigenen – auseinander.

Für diese Sonderausstellung wurde die Dauerausstellung umgehängt und chronologisch geordnet. Neben 15 Plastiken sind 200 Zeichnungen und Grafiken zu sehen, vieles davon lag lange im Archiv des Museums. Auch fünf Neuerwerbungen sind zu sehen – darunter auch ein Kohle-Selbstporträt im Profil, das Kinn nachdenklich auf die linke Hand gestützt.

[infobox]„Zeitenwende(n) – Umbruch und Aufbruch im Werk von Käthe Kollwitz“ – bis 16. September 2018. Käthe Kollwitz-Museum, Neumarkt 18-24 (Neumarkt-Passage), 50667 Köln, Tel. 0221 / 227-28 99 / 26 02, Öffnungszeiten: Di-Fr 10-18 Uhr, Sa, So und feiertags 11-18 Uhr, Eintritt: 5/2 Euro.

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Autor: ehu
Foto: Eine Mutter schützt ihre Kinder vor dem Krieg: „Saatfrüchte sollen nicht vermahlen werden“ nannte Käthe Kollwitz ihre 1941 entstandene Kreidelithographie. © Käthe-Kollwitz-Museum Köln