Der Bundestag hat sich beim Thema der umstrittenen Präimplantationsdiagnostik (PID) für eine begrenzte Zulassung entschieden. Für den fraktionsübergreifenden Antrag stimmten in dritter Lesung 326 Abgeordnete, 260 stimmten dagegen und acht enthielten sich. Bislang war die Methode, bei der Embryonen im Reagenzglas vor dem Einpflanzen in den Mutterleib auf Gendefekte untersucht werden, erlaubt, aber gesetzlich ungeregelt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte im vergangenen Jahr die Auswahl künstlich befruchteter Eizellen bei Paaren mit einer Veranlagung zu schweren Genschäden genehmigt. Da die Abstimmung im Bundestag eine Gewissensfrage war, erfolgte sie ohne Fraktionszwang. Der Antrag pro PID sieht vor, die Methode zulassen, wenn die Gen-Anlagen der Eltern es wahrscheinlich machen, dass es eine Tot- oder Fehlgeburt gibt oder das Kind eine schwere Erbkrankheit bekommt.

"Glück darf nicht mit Tötung erkauft werden"
Joachim Kardinal Meisner, Erzbischof von Köln, zur Entscheidung des Bundestages: "Der Deutsche Bundestag hat über die Präimplantationsdiagnostik entschieden, und er hat die falsche Entscheidung getroffen. Denn diese Entscheidung wendet sich gegen das Leben und seine unantastbare Würde. Die Befürworter haben ins Feld geführt, dass sie Elternglück fördern und Leid vermeiden wollen. Bei allem Respekt – aber hier werden völlig unterschiedliche Werte gegeneinander aufgerechnet. Das ist der Grundfehler. Gesundheit und Glück sind ohne Zweifel hohe Werte, aber sie dürfen doch nicht mit der Tötung menschlichen Lebens erkauft werden! Gesundheit und Glück sind keine Grundrechte, das unantastbare Lebensrecht ist es sehr wohl! Keine Notlage und keine Gewissensentscheidung der Eltern oder Ärzte kann dieses Grundrecht aufheben. Die Verantwortung für den unbedingten Schutz des menschlichen Lebens hat ja bereits mit der Verschmelzung von Samen- und Eizelle begonnen. Sie gilt deshalb uneingeschränkt und ausnahmslos für alle Embryonen, auch die in der Petrischale.

Genau genommen führt schon der Begriff Präimplantationsdiagnostik in die Irre: Diagnose, das steht in der Medizin am Beginn des beabsichtigten Hilfs- und Heilungsprozesses. Aber die Präimplantationsdiagnostik ist ja gerade nicht der Beginn von Therapie oder Hilfe. Sie ist Selektion. Mit der Präimplantationsdiagnostik entscheiden wir nach unserem Ermessen über den Lebenswert von Embryonen. Wer unseren Kriterien nicht entspricht, wird verworfen, getötet und entsorgt. Die Entscheidung des Bundestages wird ohne Zweifel zum gesellschaftlichen und moralischen Klimawandel in unserem Land beitragen. Die Erfahrung lehrt: Alle Regeln, die als Einschränkung und Ausnahme gedacht waren, werden binnen kurzem als Gewohnheitsrecht und sogar als Anspruch betrachtet. Menschliche Würde gibt es nur ganz oder gar nicht. Mit der Entscheidung zur begrenzten Zulassung der Präimplantationsdiagnostik ist in unserem Staat ein weiterer Stein aus dem Fundament gebrochen, auf dem die Menschenwürde ruht."

[cs. dts]