Köln | aktualisiert | Der Kardinal und Erzbischof von Köln, Rainer Maria Woelki, wehrt sich gegen die Berichterstattung der „Bild“-Zeitung in insgesamt fünf Verfahren. Heute ergingen durch das Landgericht Köln zwei Urteile, die allerdings noch nicht rechtskräftig sind. Gegen ein Urteil will der Kardinal, so die ihn vertretende Kanzlei Höcker, Berufung einlegen. Zu dem Urteil des Verfahrens, dass er gewann, bezog Woelki mittlerweile Stellung.
Zwei Urteile und zwei unterschiedliche Entscheidungen. Das Gericht untersagte in der Online-Ausgabe der „Bild“ die Berichterstattung als unzulässig. Ein anderer Artikel durfte so erscheinen. Die „Bild“-Zeitung berichtete über den sogenannten „Woelki-Skandal“ und den sogenannten „Missbrauchs- und Vertuschungsskandal“.
Hier gewann Kardinal Woelki
In den beiden Artikel „Kardinal Woelki beförderte Missbrauchs-Priester“ und „Stoppen Sie den Kardinal!“, die am 27. April 2021 in der Online-Ausgabe der „Bild“-Zeitung veröffentlicht wurden, untersagte die Kammer unter dem Vorsitzenden Richter Dr. Dirk Eßer da Silva dem Verlag die Veröffentlichung. Hier sei gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers Kardinal Woelki verstoßen worden. Das Urteil trägt das Aktenzeichen: 28 O 276/21.
In dem Urteil wird konkret Bezug genommen auf eine Meinungsäußerung mit Tatsachenkern. Es geht unter anderem um den Satz, den die Kammer in einer Pressemitteilung veröffentlichte: „Ungeachtet dessen beförderte Woelki diesen Sexualstraftäter nur zwei Jahre später zum VizeStadtdechanten von Düsseldorf.“ Die Kammer stellt fest: „Diese Meinungsäußerung mit Tatsachenkern sei unzutreffend, weil der Priester keine nach dem Strafgesetzbuch strafbare Tat begangen habe. Der Durchschnittsleser verstehe diese Äußerung auch nicht so, dass es sich um einen Verstoß nur gegen das Kirchenrecht handele.“
Das sagt der Kardinal zum Urteil
Erzbischof Rainer Maria Woelki wollte diese Gerichtsentscheidung nur kurz bewerten, so ein schriflichtes Statement des Erzbistum Köln: „Natürlich bin ich froh darüber, dass das Urteil so ausgefallen ist und niemand mehr behaupten darf, ich hätte einen Missbrauchspriester auch noch befördert. Durch diese Falschberichterstattung fühlte ich mich in meinen Persönlichkeitsrechten, die auch einem Kardinal zustehen, so sehr verletzt, dass ich einfach dagegen vorgehen musste.“
In diesem Fall verlor Kardinal Woelki
Im zweiten Urteil, das heute verkündet wurde (AZ.: 28 O 279/21) geht es um eine digitale Veröffentlichung im Online-Portal „bild.de“ am 28. Juni 2021 unter der Überschrift: „Wegen Woelki-Skandal – Treten ALLE deutschen Bischöfe zurück?“. Hier wies das Gericht die Klage von Kardinal Woelki zurück. Das Gericht ist der Auffassung, dass Leserinnen die Angaben in dem Artikel nicht so verstünden, dass allein und ausschließlich wegen des „Woelki-Skandals“ alle deutschen Bischöfe gegenüber dem Papst ihren Rücktritt anbieten. Die Leserinnen, so das Gericht, verstünden, den „Woelki-Skandal“ als mitursächlich. Das Gericht: „Aus dem weiterem Artikel ergebe sich zweifellos, dass allgemein der ‚Vertuschungs- und Missbrauchsskandal‘ in der katholischen Kirche und auch Verfehlungen anderer Mitglieder der katholischen Kirche Hintergrund dieser Überlegungen sei.“
Das Gericht bewertet die Einordnung „Woelki-Skandal“
Deutlich und klar begründet das Gericht, warum es zulässig sei eine Einordnung mit dem Begriff „Woelki-Skandal“ zu betitulieren. Das Gericht ausführlich: „Die Bezeichnung als ‚Woelki-Skandal‘ sei eine zulässige Bewertung des Sachverhalts, dass in der katholischen Kirche, unter anderem vom Papst selbst, offen kommuniziert wurde, dass Kardinal Woelki in der Herangehensweise an die Frage der Aufarbeitung, vor allem auf der Ebene der Kommunikation, große Fehler gemacht habe. Die Äußerung „Missbrauchs- und Vertuschungsskandal“ stelle dabei ebenfalls eine zulässige Wertung dar. Es sei unstreitig, dass es in der katholischen Kirche einen Missbrauchsskandal gebe. Auch sei dieser vertuscht worden. Dies stehe aufgrund der unstreitigen Tatsache fest, dass ein Gutachten dazu nicht veröffentlicht worden sei. Es liege in diesem Artikel auch keine Verdachtsberichterstattung, zu dem der Kardinal hätte zuvor angehört werden müssen. Es sei für den Kläger nicht ehrenrührig, wenn ein Geschehen vorliege, dass zulässigerweise als „Woelki-Skandal“, bzw. als „Missbrauchs- und Vertuschungsskandal“ bewertet werden dürfe und aufgrund dessen ein Rücktritt aller deutschen Bischöfe diskutiert werde.“
Zu diesem zweiten Urteil teilt das Erzbistum mit: „Die Rechtsanwalts-Kanzlei Höcker, die den Kardinal in dieser Angelegenheit vertritt, wertet die Äußerung abweichend davon unverändert als unzulässige Tatsachenbehauptung. Kardinal Woelki wird seine Unterlassungsansprüche im Berufungsverfahren auch hier weiter verfolgen.“
Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Vor dem Oberlandesgericht Köln kann Berufung eingelegt werden.