Der Heumarkt in der Kölner Innenstadt platzte heute aus allen Nähten. Rund 25.000 Erzieher und Sozialarbeiter waren dem Aufruf von ver.di gefolgt und versammelten sich heute zu einer großen Kundgebung. Von Hamburg bis Stuttgart waren sie angereist. Vor den Reden glich die Stimmung einem Volksfest. Es gab Kaffe und Kuchen, Kölsch und Würstchen und inmitten des bunten Trubels ein kleines Kinderdorf mit Hüpfburg und Smorland.

Politik-Prominenz zeigt sich solidarisch
Einig waren sich heute alle prominenten Bundespolitiker. Sie sprachen den Streikenden ihre volle Unterstützung zu. So betonte Ursula von der Leyen, dass die gestiegenen Anforderungen und Betreuungsaufgaben entsprechend gewürdigt werden müssten. Es sei nicht länger haltbar, dass Erziehern und Sozialarbeitern immer mehr Aufgaben zugeschoben würden, ohne dass sie entsprechend entschädigt würden. Auch Frank Müntefering forderte bessere Arbeitsbedingungen und einen höheren Lohn. Denn gerade die ersten Lebensjahre seien für die weitere Entwicklung der Kinder von großer Bedeutung. „Da wächst das Rückgrat, nicht nur im Körper, sondern auch in der Persönlichkeit“, so der Vorsitzende der SPD. Neben der Familienministerin und Franz Müntefering sprachen heute auch Gregor Gisy sowie Renate Künast. Auch sie zeigten sich mit den Streikenden solidarisch und sprachen sich für mehr Personal an Kindertagesstätten aus.
Zusammen sendeten die Bundespolitiker ein klares Zeichen nach Fulda. Dort gehen heute Abend die Tarifverhandlungen in die nächste Runde. Außerhalb ihrer Reden standen die Politiker Report-k jedoch nicht für Rückfragen oder ein Interview zur Verfügung.


Foto: Mit Plakaten forderten Eltern heute im Kölner Rathaus ein Ende der Streiks.


Keine Schultüten für Kinder?
Wenig Verständnis zeigen inzwischen viele Eltern für die streikenden Erzieher, auch wenn sie die Forderungen grundsätzlich unterstützen. Sie wollen ein Ende der Streiks. Oftmals erführen sie erst am Tag vorher, dass der Kindergarten geschlossen bliebe. „Die ersten zwei Wochen konnten wir das alles noch gut regeln. Mein Mann konnte als Selbstständer oftmals zu Hause bleiben und auf die Kinder aufpassen. Doch inzwischen gefährden die Streiks seinen Job“, erzählt Ulla Diehl. Sie hat sich um einen der Notfallplätze für ihre zwei Kinder bemüht. In ihrer Wohnnähe im Kölner Süden waren jedoch keine mehr frei. „Mir tut es so leid für die Kinder, was sie nun alles verpassen. Wir wissen nicht einmal, ob sie vor den Sommerferien noch ihre Schultüten basteln können“, so die Kölner Mutter.

Stadt organisiert Notprogramm
Auch morgen wird in den 222 Kölner Kindertagesstätten gestreikt. Für Fragen von Eltern hat das Jugenddezernat erneut ein Sondertelefon eingerichtet.
0221/221-35240,
221-35241,
221-28595,
221-28596,
221-25646,
221-25647
und 221-25648.
Auch per E-Mail können sich betroffene Eltern an das Amt für Kinder, Jugend und Familie wenden; die Adresse lautet Kindergartenstreik@stadtkoeln.de Diese E-Mail Adresse ist gegen Spam Bots geschützt, Sie müssen Javascript aktivieren, damit Sie es sehen können .


Stimmen zum Streik


„Eine Aufwertung der Berufe ist dringend notwendig. Es ist gut, dass prominente Redner der Bundesrepublik hier heute Stellung beziehen“, meint Frank Bsirske, Vorsitzender Ver.di


„Wenn wir unseren Kindern eine gute Bildung vermitteln wollen, dann müssen wir investieren. Die Kita hat sich in den letzten Jahren verändert, die Betreuung hat sich verändert, nur die Bezahlung nicht. Das kann nicht sein“, betont Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU).


„Ich muss hier heute beschämt sagen: Wenn es im Erzieher-Beruf so viele Männer wie Frauen gäbe, hätte die Gesellschaft die Löhne längst angehoben. Ich bin heute her gekommen, um zu zeigen, auch die Bundesregierung muss Verantwortung übernehmen“, sagt Franz Müntefering, Vorsitzender der SPD.


„Erzieher und Sozialarbeiter sind in ihrem Beruf mehr Stress ausgesetzt als bei anderen Jobs. Deshalb brauchen wir einen guten Gesundheitstarifvertrag. Wir brauchen mehr Männer in diesem Beruf, denn besonders Jungen mit Migrationshintergrund benötigen Vorbilder“, fordert Renate Künast, Vorsitzende Bündnis90/ Die Grünen.


„Wir brauchen ein topp Bildungssystem, damit Kinder in ganz Deutschland gute Chancen haben. Wir haben kein Recht, Kindern die Zukunft zu verderben“, so Gregor Gisy, Vorsitzender der Linken.

Philipp Heisterkamp und Cornelia Schlößer für report-k.de/ Kölns Internetzeitung