Jutta Büttner, Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberaterin bei der Verbraucherberatung in Köln, unterstützt seit zehn Jahren verschuldete Kölner, die mit Hilfe der Verbraucherinsolvenz wieder schuldenfrei werden wollen. 629 Menschen hat sie in diesem Verfahren schon begleitet. Jetzt, nach zehn Jahren, zieht die Beratungsstelle eine Zwischenbilanz, um zu sehen, ob ihr Angebot den Menschen wirklich weiterhilft. „Die Nachfrage nach Beratungen zum Verbraucherinsolvenzverfahren ist sehr groß. Jährlich melden sich bei uns etwa 45 Ratsuchende, Tendenz steigend,“ erklärt Jutta Büttner.

Verbraucherinsolvenz kam 1999
1999 trat die neue Insolvenzverordnung in Kraft.  Ziel des Gesetzgebers: Die Insolvenzverordnung soll überschuldeten Verbrauchern die Möglichkeit bieten, sich innerhalb von rund sechseinhalb Jahren von ihren Schulden zu befreien. Vorher muss zwingend der Versuch einer außergerichtlichen Einigung zwischen Schuldner und Gläubigern stattfinden. Im Dezember 2001 wurde die Möglichkeit der Verfahrenskostenstundung eingeführt, dass bedeutet, wenn die eigenen Mittel nicht reichen, um die Verfahrenskosten (etwa 1500,-€) zu decken, können diese Kosten auf Antrag gestundet werden.

Erstes Ziel: Außergerichtliche Einigung
„Die außergerichtliche Einigung zu erzielen, ist zunächst die Hauptaufgabe der Beratungsstellen,“ erläutert Jutta Büttner. In den zehn Jahren, die es Verbraucherinsolvenz gibt, ist dies in Köln in 144 Fällen gelungen. „Wir hatten mehr erhofft, aber die Gläubiger ziehen nicht so mit,“ so die Insolvenzberaterin. Die Summen, die die verschuldeten Bürger anbieten können, seien den Gläubigern in der Regel zu gering. Auch konstante  Ratenzahlungen auf Jahre festzulegen sei heute sehr problematisch, so Büttner weiter, da die Arbeitsplätze nicht mehr als so sicher gelten.
Kommt es nicht zur außergerichtlichen Einigung, geht es weiter in die Verbraucherinsolvenz.

„Viele Menschen werden körperlich krank“
„Es wird hier viel geweint, aber die Leute gehen erleichtert aus der Beratung. 90 Prozent der befragten Kunden sagen, dass sie durch unsere Unterstützung sehr viel besser mit dem Druck durch die Gläubiger umgehen können,“ erzählt Jutta Büttner. „Viele Menschen, die kommen, belastet ihre Situation so stark, dass sie körperlich krank werden, unter Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Herzrasen bis hin zu Depressionen leiden,“ schildert die Insolvenzberaterin. 93 Prozent der befragten Kunden habe angegeben, so Büttner, dass diese Symptome aufgrund der Beratungsgesprächen nachließen .“Wir leisten die notwendigen Vorarbeiten für die Restschuldbefreiung. Wir übernehmen die rechtliche Überprüfung von Gläubigerforderungen, unterstützen die Schuldner bei der Wahrnehmung ihrer Rechte gegenüber ihren Gläubigern und führen außerdem eine Bestandsaufnahme ihrer Haushaltsfinanzen durch,“ so Jutta Büttner.

Viele ältere Menschen suchen Rat
Als häufigste Gründe für die Verschuldung nennt die Beraterin Arbeitslosigkeit, Scheidung und Krankheit. „Auch die Zahl der Älteren unter den Ratsuchenden steigt. Ein typischer Fall: Der Mann oder die Frau kommt ins Heim und durch die hohen Heimkosten können die laufenden Kosten nicht mehr gezahlt werden.“

„Wir brauchen mehr Insolvenzberaterinnen“
Jutta Büttner ist die einzige Beraterin für Verbraucherinsolvenz bei der Verbraucherberatung in Köln. „Wir bräuchten dringend mehr Personal,“ schildert Anette Bobbert, die Leiterin der Beratungsstelle, die Lage. „Die Politik müsste mehr Geld für die Beratung in diesem Bereich zur Verfügung stellen, “ erklärt sie. „Wir bemühen uns, den Ratsuchenden so schnell wie möglich zu helfen, aber mitunter müssen die Bürger drei Monaten warten, bis ich ihre Angelegenheiten bearbeiten kann, „ sagt Jutta Büttner.

Erstberatung gesichert
Für die Erstberatung sei jedoch immer gesorgt, ergänzt Anette Bobbert. Diese werde von allen Beratern in der Beratungsstelle durchgeführt, darunter auch zwei Schuldnerberatern. Für das Verfahren der Verbraucherinsolvenz ist aber Jutta Büttner allein zuständig.

Zahlungsschwierigkeiten nehmen zu
Seit Jahren beobachten die Verbraucherberater den Trend, dass sich immer mehr Menschen an sie wenden, die in Zahlungsschwierigkeiten stecken. „Früher kamen die Leute, weil sie sich beispielsweise eine neue Waschmaschine kaufen und wissen wollten, welche die Beste sei. Heute kommen immer mehr Menschen zu uns, weil sie ihre Rechnungen nicht zahlen können,“ erklärt Anette Bobbert. Nicht immer ist eine Verbraucherinsolvenz nötig. „Es kommt auf die Höhe der Schulden im Vergleich zum Einkommen an,“  erläutert Jutta Büttner. „Wichtig ist, sich so schnell wie möglich zu melden, wenn man Zahlungsschwierigkeiten hat,“ erklärt sie weiter.

Vorsicht vor unseriösen Beratern
Die Beratungen zur Insolvenz sind bei den Verbraucherberatungen kostenlos. Auch an anderen Stellen können verschuldete Kölner Rat finden, wie beispielsweise beim  Caritasverband, dem deutschen Familienband oder dem diakonischen Werk. Ausdrücklich warnt Jutta Büttner vor unseriösen Beratern auf dem Markt. „Ratsuchende sollten auf jeden Fall darauf achten, dass die Beratungsstelle staatlich anerkannt ist. Es gibt einige schwarze Schafe. Die lassen die Menschen Verträge unterschreiben, wie Versicherungsverträge, Bausparverträge, um eine Provision zu kassieren. Wie die ohnehin verschuldeten Menschen damit später damit zurecht kommen, ist ihnen egal.“

Die Verbraucherberatung in Köln bietet jeden Donnerstag, von 10:00 bis 12:00 Uhr eine offene Sprechstunde, zu der man ohne Termin kommen kann.

Infobox
Verbraucherinsolvenzverfahren
Seit dem 1. Januar 1999 können verschuldete Privatpersonen beim zuständigen Insolvenzgericht einen Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens stellen, verbunden mit dem Antrag auf Erteilung der „Restschuldbefreiung“. Vorgeschaltet ist der Versuch, sich mit den Gläubigern außergerichtlich über die Schuldenzahlung zu einigen. Erst wenn dies nicht gelingt, werden die Schulden in einem Insolvenzverfahren förmlich festgestellt.  Eventuell noch vorhandene Vermögenswerten werden verwertet und der Erlös an die Gläubiger verteilt. Danach schließ sich die sogenannte „Wohlverhaltensperiode“ an, die etwa sechs Jahre dauert. Während dieser Zeit muss das pfändbare Einkommen an einen „Treuhänder“ abgetreten werden, der die eingezogenen Beträge an die Gläubigers des Schuldners verteilt. Reichen diese Beträge nicht aus, um die gesamten Schulden zu tilgen, werden dem Schuldner nach Ablauf der sechs Jahre die restlichen Schulden erlassen.

Staatlich zugelassene Schuldnerberatungsstellen in Köln:
Verbraucherzentrale NRW Köln, Neue Weyerstr.2, 50676 Köln, Tel: 0221 – 240740
Diakonisches Werk Köln, Brandenburger Str. 23, 50668 Köln, Tel.: 0221 – 1603866
Deutscher Familienverband, Christophstr. 41, 50670 Köln, Tel: 0221 – 1605330
Sozialdienst kath. Frauen, Hansaring 20, 50733 Köln,  Tel.: 0221 – 126950
Sozialdienst kath. Männer, Gr. Telegraphenstr. 31, 50676 Köln, Tel: 0221 – 20740
Schuldnerhilfe e.V., Gotenring 1, 50679 Köln, Tel.: 0221 – 34614-0
Verein für soz. Schuldnerberatung, Am Schmidtgrund 35, 50765 Köln, 0221 – 5906482
Caritasverband Köln, Bartholomäus-Schink-Str.6, 50825 Köln, 0221 – 955700
Sozialdienst kath. Männer Porz, Goethestr. 7, 51143 Köln, 02203 – 593950
Sozialdienst kath. Frauen Porz, Friedrich-Ebert-Platz 1, 51143 Köln, 02203 – 52688
BFmF. e.V. Schuldnerberatung vorrangig Mitbürger mit Migrationshintergrund, Liebigstr. 120, 50823 Köln, 0221 – 800121-2

[sb; Foto: Lucie Gerhardt/www.pixelio.de]