Mehr Stellen, weniger Bewerber
In ihrer gemeinsamen Halbjahresbilanz zum Kölner Ausbildungsmarkt verzeichneten sowohl die Agentur für Arbeit Köln als auch die Industrie- und Handelskammer zu Köln sowie die Handwerkskammer zu Köln einen Anstieg der bislang abgeschlossenen Ausbildungsverträge beziehungsweise der gemeldeten Ausbildungsstellen. Zur Mitte des Berichtsjahres der Berufsberatung (1. Oktober 2010 bis 30. September 2011) bilanziert die Agentur für Arbeit Köln mit 5.175 gemeldeten Ausbildungsstellen ein Plus von 495 Ausbildungsstellen oder 10,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im gleichen Zeitraum sank die Zahl der Jugendlichen, die sich an die Agentur für Arbeit mit der Bitte um Hilfe bei der Lehrstellensuche wandten, um 419 oder 10,5 Prozent. Insgesamt 3.581 holten sich Rat bei der Berufsberatung der Arbeitsagentur; im Vorjahr waren es noch 4.000.

„Die Zahl der bei der Arbeitsagentur gemeldeten Stellen ist spürbar gestiegen“, stellt Peter Welters, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Köln, fest. „Zum einen ist für viele Betriebe die Krise beendet und sie bilden wieder eigene Nachwuchskräfte aus. Zum anderen hat unser Arbeitgeber-Service intensiv bei den Kölner Betrieben und Verwaltungen um Stellen geworben. So können wir auch in diesem Jahr wieder ein sehr gutes Ergebnis präsentieren.“ Dass die Zahl der jungen Kölner, die sich an die Berufsberatung gewandt haben, zurückgegangen ist, liegt für Welters am sich ändernden Berufswahlverhalten: „Bei den Jugendlichen ist eine gewisse Abkehr von der
Ausbildungsdualen Ausbildung feststellbar. Viele Schülerinnen und Schüler, aber auch ihre Eltern wissen zu wenig über die Chancen, die eine betriebliche Ausbildung ermöglicht. Sie besuchen lieber eine weiterführende Schule“. Der Schulbesuch verbessere aber häufig nicht die Ausbildungs- und Beschäftigungschancen. „Wenn nicht jetzt betriebliche Ausbildung – in Zeiten verbesserter Chancen –, wann dann?“ motiviert Welters die Jugendlichen.

3.100 unbesetzte Ausbildungsstellen
Derzeit stehen den mehr als 2.200 unversorgten Kölner Jugendlichen gut 3.100 unbesetzte Ausbildungsstellen gegenüber. Auch wenn man die knapp 500 Jugendlichen hinzuzähle, die zwar bereits eine konkrete Alternative haben, falls sie keinen Ausbildungsplatz finden, aber dennoch weiterhin eine betriebliche Ausbildung anstreben, ergebe sich immer noch ein rechnerisches Stellenplus. Kölner Ausbildungsbewerber hätten gegenwärtig noch vielfältige Chancen, einen Ausbildungsplatz zu finden. Die Berufswünsche sollten sich aber nicht nur nach den Interessen, sondern auch nach dem Angebot am Markt.

Fachkräftemangel droht

„Die Betriebe merken, die Bewerberzahlen gehen zurück“, stellt Welters fest. Meist könnten sie ihre Ausbildungsplätzte derzeit jedoch noch besetzen. In einzelnen Berufen – etwa bei den Fachinformatikern, den Hörgeräteakustikern, den Augenoptikern oder den Groß- und Außenhandelskaufleuten – könnten allerdings absehbar nicht alle Ausbildungsstellen besetzt werden. „Die Vorsorge der Betriebe für die kommenden Jahre gewinnt eine immer größere Bedeutung. Vor dem Hintergrund der Bevölkerungsentwicklung gehen die Schülerzahlen im Kölner Umland bereits zurück. Die Zahl der Ausbildungseinpendler nach Köln sinkt. Das wird voraussichtlich so weiter gehen. Heute werden die Fachkräfte von Morgen ausgebildet. Bis aus einem Lehrling im ersten Ausbildungsjahr eine Fachfrau oder ein Fachmann geworden ist, der alle Kniffe seines Fachs kennt, vergehen etwa sechs Jahre“, weiß Welters. Er rät den Betrieben, in ihrer Ausbildungsanstrengung nicht nachzulassen.

Sorgen bereiten Welters die so genannten „Altbewerber“, also die Jugendlichen, die bereits im Vorjahr oder noch früher vergeblich einen Ausbildungsplatz suchten. Die Betriebe sollten ihr Ausbildungsangebot auch für diese Jugendlichen stärker öffnen. Welters: „Für Unternehmen lohnt sich eine Ausbildung von ‚Altbewerbern‘, weil sie in der Zwischenzeit ihre Ausbildungsvoraussetzungen häufig über einen Schulbesuch oder berufsvorbereitende Lehrgänge verbessern konnten.“

IHK und Handwerk melden mehr Verträge
Bei der IHK wurden bis zum 31. März 2011 aus Köln 1.262 neue Ausbildungsverhältnisse gemeldet, das bedeutet ein Plus von 242 Verträgen oder 24 Prozent. Im gesamten IHK-Bezirk, zu dem neben Köln auch Leverkusen, Rhein-Berg, Rhein-Erft und Oberberg gehören, wurden 2.301 neue Ausbildungsverträge eingetragen, 422 Verträge oder 22,5 Prozent mehr als im Vorjahresvergleich. Auch im Handwerk verbesserte sich die Lage. Von Oktober 2010 bis Ende März 2011 haben die Handwerksunternehmen in der Region Köln-Bonn 1.499 Ausbildungsverhältnisse neu vereinbart, das sind 1,6 Prozent mehr als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. „Im Kölner Stadtgebiet stieg die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge sogar um 23 Prozent“, gab Stephan Harbich, Hauptabteilungs-leiter Berufsausbildung der Handwerkskammer zu Köln, bekannt. Diese Zahl sei allerdings nur ein Zwischenergebnis und dürfe nicht auf das ganze Jahr hochgerechnet werden, da im Handwerk der erheblich größere Teil der neuen Ausbildungsverträge erst in den sechs Monaten von April bis September abgeschlossen würden.

[cs]