Köln | Am kommenden Wochenende startet das neu gegründete „StadtLabor Köln“ seine Öffentlichkeitsarbeit mit einem Stadtrundgang. Ziel soll es sein, zusammen mit interessierten Bürgern ein Konzept zu entwickeln, wie Köln künftig mit Kunst im öffentlichen Raum umgehen kann. Denn manches Werk steht heute verloren in einem völlig gewandelten Stadtbild.

Der verlorene Taubenbrunnen

Täglich bestaunen tausende von Touristen den Kölner Dom. Den Taubenbrunnen im Schatten des Wahrzeichens nehmen jedoch die wenigsten wahr. Das hat sich nun geändert. Denn ein grell pinker Teppich umrahmt nun den dezenten Brunnen und die daneben stehende große Kreuzblume. Mit der Einrahmung soll auf beide Kunstwerke aufmerksam gemacht werden. Zugleich soll damit die Frage aufgeworfen werden, ob beide Kunstwerke an diesem Ort noch ihre Wirkung entfalten können. Dass der Teppich die Aufmerksamkeit deutlich erhöht, zeigte sich heute schnell. Dort, wo die Touristen sonst nur stehen, um den Dom zu fotografieren, blickten sie heute neugierig auf das pinke Ensemble.

Kunstwerke kommen auf den Prüfstand

So wie dem unscheinbaren Taubenbrunnen ergeht es so manchem Kunstwerk in der Stadt. Allein in der Kölner Innenstadt gibt es rund 900 Kunstwerke im öffentlichen Raum. Zu dieser Feststellung kam 2010/ 2011 eine Bestandsanalyse der Fachhochschule Köln. Viele der Kunstwerke würden jedoch kaum noch wahrgenommen, andere hätten inzwischen ihren Kontext verloren. Denn während das Kunstwerk über Jahrzehnte unverändert blieb, wandelte sich die städteräumliche Umgebung teils massiv. Das vom Kölner Kultur-Dezernat und dem Kunstbeirat ins Leben gerufene „StadtLabor Köln“ soll nun diese Kunstwerke neu auf den Prüfstand stellen. Gemeinsam mit interessierten Bürgern sollen die Werke und ihre Kommunikation mit dem Stadtraum hinterfragt werden. Dabei, so betonte heute Kölns Kulturdezernent Georg Quander, drohe jedoch keinem Werk das „Aus“. Vielmehr solle geprüft werden, ob es für einzelne Werke nicht bessere Standorte gebe, sie eine „Ruhepause“ benötigten oder gar dringend restaurierungsbedürftig seien.

Dazu lädt das StadtLabor zu dem „urbanen Kongress“ ein. Dieser beginnt beispielhaft  mit dem Planquadrat zwischen der Domplatte und dem Opern-Ensemble. Ein Stadtrundgang und vier Diskussionen mit Bürgern und eingeladenen Gästen sollen sich mit einigen konkreten Kunstwerken in diesem Bereich beschäftigen. Dazu gehören neben der Kreuzblume und dem Taubenbrunnen etwa auch Kolumba oder der Opernbrunnen. Darüber hinaus machen verschiedene Markierungen wie derzeit an der Kreuzblume auf die Kunstwerke und ihre Problematik aufmerksam. Ziel des StadtLabors soll es sein, ein Konzept für den Umgang der Stadt mit Kunst im öffentlichen Raum zu entwickeln. Denn das fehle in Köln derzeit. Dazu will das StadtLabor Kriterien für eine Neuordnung der vorhandenen Kunstwerke sowie eine Konzeption für das Weinbringen neuer öffentlicher Kunst finden. Dieses Konzept soll anschließend der Stadt Köln vorgestellt werden. Quander kündigte an, zumindest Teilbereiche oder das komplette Konzept abschließend dem Kölner Stadtrat zum Beschluss vorzulegen.

Ein „Archiv der ungenutzten Kunst“?

Hinterfragt werden soll etwa die Verantwortlichkeit für Kunst im öffentlichen Raum. Derzeit entschieden die Bezirksvertretungen darüber, ob und wie lange ein Kunstwerk im öffentlichen Raum aufgestellt wird. Danach seien ganz unterschiedliche Ämter dafür zuständig – etwa das Grünflächenamt, Museen oder auch der Stadtkonservator. „So kann es nicht weitergehen“, sagte Quander heute. Er forderte etwa eine Umstrukturierungen der Verantwortung, so dass es künftig einen konkreten Ansprechpartner für die Erhaltung und Neuaufstellung von Kunst im öffentlichen Raum gibt. Schließlich präge diese das Stadtbild massiv. Darüber sei ein so genannten „Archiv der ungenutzten Kunst“ denkbar. In dieses könnten Kunstwerke, die an ihrem derzeitigen Ort kontextlos geworden seien, umziehen, bis ein neuer, geeigneter Standort für die gefunden wird. Die StadtLabor-Leiter Markus Ambach und Kay von Keitz schlugen heute dazu etwa den Roncalliplatz vor. Auch wenn dieser Platz laut Quander wohl schwer durchzusetzen sei, begrüßte er die Idee grundsätzlich. 

Offen ist allerdings noch, wie bestehende Kunstwerke umgesetzt oder abgebaut werden können. Zumeist wird dafür das Einverständnis des Künstlers nötig sein, der ein Urheberrecht auf sein Werk besitzt. Das StadtLabor hofft hier auf die Kooperations-Bereitschaft der Künstler. Schließlich sei es auch in ihrem eigenen Interesse, ein beschädigtes oder kontextlos gewordenes Kunstwerk zu verändern oder entfernen.

Aktualisiert 13.4.2012, 17:50 Uhr > Haus- und Grundbesitzer – Roncalliplatz muss frei bleiben

Kritik übt der Kölner Haus- und Grundbesitzerverein an dem Vorschlag, auf dem Roncalliplatz ein „Archiv für ungenutzte Kunst“ zu errichten. „Es wäre ein Unding, wenn der Platz jetzt durch Kunstobjekte zugestellt würde“, erklärte dazu Konrad Adenauer, Vorsitzender des Vereins. Er befürchtet, der Roncalliplatz könnte zur „Abstellkammer“ für nicht mehr gebrauchte Kunst werden. „Wir sollen von diesem Projekt an diesem Ort schnell Abstand nehmen. Warum muss immer alles am Dom stattfinden. Vielleicht wäre das Projekt doch die Gelegenheit, endlich einmal etwas Sinnvolles mit dem Neumarkt anzufangen“, so Adenauer weiter.

Der urbane Kongress

Stadtrundgang zu Kunst im öffentlichen Raum
14. April 2012, 16 Uhr
Treffpunkt: Kreuzblume, Kardinal-Höffner-Platz (am Dom)

Diskussion: Innerstädtische Kommunikation als Bild und Strategie
Mit Andreas Denk, Hiltrud Kier und Ludwig Wappner
21. April 2012, 16 Uhr
 Kreuzblume, Kardinal-Höffner-Platz (am Dom)

Diskussion: Das Denkmal als Endlager der Erinnerung
Mit Werner Jung und Vanessa Joan Müller
28. April 2012, 16 Uhr
Skulptur vor der Minoritenkirche, Minoritenstr.

Diskussion: Von Qualitätsdiskursen und Möglichkeitsräumen
Mit Frauke Burgdorff und Kasper König
5. Mai 2012, 16 Uhr
Opernbrunnen, Offenbachplatz

Diskussion: Kunst als Teil der urbanen Identitätsbildung
Mit Stefan Kraus und Frank Roost
12. Mai 2012, 16 Uhr
Kolumba, Museumsgarten, Kolumbastr. 4

Autor: Cornelia Schlösser
Foto: Ein pinker Teppich verschafft dem Taubenbrunnen auf dem Kardinal-Höffner-Platz vor dem Kölner Dom ab sofort mehr Aufmerksamkeit