„Olympia interaktiv“
Ein Zuschauer sitzt vor seinem Fernsehgerät und stellt sich mit seiner Fernbedienung seine Olympische TV-Sportberichterstattung zusammen: Während der Übertragung des Zeitfahrens der Radsportler wird der Zuschauer darauf hingewiesen, dass auf einem parallelen Kanal Interviews mit den teilnehmenden Athleten gezeigt werden. Er schaltetet auf diesen Kanal um, springt von dort aber bald zur parallel laufenden Zusammenfassung der wichtigsten Entscheidungen des Vortags. Ein Moderator weist ihn dort darauf hin, dass einer der Favoriten kurz vor dem Zielsprint steht und überlässt dem Zuschauer die Entscheidung, zum Zeitfahren zurückzukehren oder bei der Zusammenfassung des Vortags zu verweilen. Eine Utopie? IEn neues Projekt, bei dem die KHM beteiligt ist, testet nun diese Möglichkeit in Österreich.

500 österreichische Haushalte testen ab 9. August 2008 intelligente TV- Dienste
Während der Olympischen Sommerspiele in Peking wird der Schleier über den Ergebnissen des europäischen Forschungsprojekts LIVE für die Öffentlichkeit gelüftet: Im Rahmen eines Feldversuchs werden über 500 Test-Haushalte ihr persönliches Erlebnis der Olympischen Berichterstattung des Österreichischen Rundfunks (ORF) auf ihren Settop-Boxen gestalten und sich durch das Angebot von vier parallelen Sendekanälen schalten. Aus zwölf parallelen Olympischen Live-Datenströmen und einer Fülle von Archivmaterial wollen die Produktionsexperten in Echtzeit ein innovatives Format der Sportberichterstattung schaffen.
 Das Ereignis wird parallel auf mehreren Kanälen ausgestrahlt, die inhaltlich miteinander verknüpft sind und an passenden Stellen einen Hinweis auf mögliche Kanalwechsel anbieten. Die Zuseher werden demnach ein Sport-Ereignis wie die Olympischen Spiele 2008 in Peking auf „persönliche“ und „interaktive“ Weise erleben. Zudem gestalten sie das Programmangebot durch ihr Feedback gleichsam selbst mit.

Neuartiges Sendeformat
Realisiert wird das Projekt durch neuartige interaktive Sende-Formate, Produktionsverfahren sowie eine technische Infrastruktur zur Unterstützung des Produktionsprozesses: Das beginnt mit der Programm-Konzeption und –Planung und der Vorbereitung des Archiv-Materials und erstreckt sich bis zur Unterstützung eines gesamten Teams von Redakteuren und Produzenten im Kontrollraum der Fernseh-Anstalt während der Live-Übertragung und der Ausspielung über die IPTV-Plattform der Telekom Austria.
Der Übergang von linearen Einkanal-Sendeformaten zu nichtlinearen interaktiven Mehrkanal-Sendeformaten hat tiefgreifende Auswirkungen auf die Programmkonzeption, auf den Planungsprozess, auf die Sendungsvorbereitung sowie den Produktionsprozess an sich. Ein wichtiger Teil des Projekts beschäftigt sich daher in einer Reihe von experimentellen Ansätzen mit der Entwicklung, Validierung und Justierung dieser Aufgaben. LIVE stellt den Produktionsprozess in seinem Konzept unter die Kontrolle eines „Video-Conductors“, des „Dirigenten“ einer solchen Produktion, der gleichsam das Wunder vollbringt, aus der Vielzahl der Einzelstimmen (= Live- und Archiv-Material) im Zuge der Aufführung (= Sendung) ein harmonisches, die Zuseher fesselndes Gesamtwerk zu schaffen.

Die Kunsthochschule für Medien Köln (KHM) leitet die kreative Medienforschung
Die Kunsthochschule für Medien Köln (KHM), insbesondere Prof. Georg Trogemann und die Forscherin Carmen Mac Williams vom LAB 3, leiten die kreative Medienforschung in LIVE. Sie entwarfen die inhaltlichen Konzepte für die neuen interaktiven Fernsehformate und testeten sie seit 2006 kontinuierlich mit dem ORF-Produktionsteam. Sie erforschen gemeinsam mit diesem Produktionsteam die neuen kreativen Arbeitsmethoden und werten die Ergebnisse aus.
Erfüllt der Feldversuch die Erwartungen der Produzenten und Medienexperten, lässt sich das Konzept auch auf andere Medien-Großereignisse (z.B. Wahlberichterstattung, Live-Konzerte, Reality TV-Shows und Katastrophenberichte) anwenden.

LIVE Projektinformationen
„LIVE Staging of Media Events“ ist ein integriertes Projekt im Rahmen des 6. Rahmenprogramms der Europäischen Union, welches im Januar 2006 gestartet wurde. Mit einem Gesamtvolumen von 11,2 Mio. Euro arbeiten bis September 2009 neun europäische Forschungseinrichtungen und Unternehmen an der Gestaltung der interaktiven Fernsehzukunft.
Das LIVE Konsortium besteht aus dem Koordinator Fraunhofer IAIS  und acht weiteren Partnern: Atos Origin, Fachhochschule Köln, Kunsthochschule für Medien Köln, ORF, Pixelpark, Salzburg Research  Universität Bradford und Universität Laibach.

[jb; Quelle: KHM]