Nähe auf Entfernung
"In den ersten vier Woche war Lily eine tolle Mutter", berichtete heute Tier-Pfleger Dr. Alexander Silva. Am 8. Mai entdeckten die Pfleger morgens das kleine Moschusochsen-Kalb. Doch von einem Tag auf den anderen wollte sie ihre Tochter Luna nicht mehr bei sich haben. Sogar mit ihren Hörnern stieß sie den Nachwuchs von sich, wenn Luna nach Milch suchte. Die ersten Nächte danach hat Luna schrecklich geschrien, erzählt Silva. Und auch Durchfall hat das kleine Kalb bekommen. Inzwischen habe sie sich jedoch daran gewöhnt. Und Mutter Lily akzeptiert Luna immerhin wieder in ihrer Nähe. Obwohl Luna viel zu früh keine Muttermilch mehr bekam, entwickelt sie sich derzeit "überraschend gut", so Silva. Schon mit einer Woche beginnen Kälber Gras und Blätter zu fressen. Normalerweise erhalten sie dazu jedoch weiterhin Muttermilch. Die angebotene Milch der Pfleger wollte Luna jedoch nicht haben. Sie ernährt sich darum seit der vierten Woche nur noch von fester Nahrung.

Spannend wird es nun noch einmal, wenn der Rest der Herde wieder auf das Gelände gelassen wird. Derzeit sind nur Kuh Lily, Bulle Nuuk – der Vater von Luna – und Luna selbst draußen. Denn Moschusochsen greifen den Nachwuchs der eigenen Herde an. Normalerweise beschützt dann die Mutter ihr Kalb. Da es derzeit jedoch unklar ist, ob Lily ihre Luna schützen würde, warten die Pfleger bis das Kalb selbst stark genug ist, um sich in der Gruppe zu behaupten. Derzeit wiegt Luna rund 30 Kilogramm. Damit ist sie zwar immer noch sehr klein, hat zu ihrem Geburtsgewicht von 10 bis 14 Kilogramm jedoch schon ordentlich zugelegt. Bis sie stark genug ist, können die insgesamt fünf Moschusochsen nur abwechselnd nach draußen gelassen werden.


Kalb Luna neben ihrem Vater Nuuk


„Moschusochse“ mit Parfum-Urin
Ihren Namen haben die Moschusochsen aufgrund ihres Duftstoffes, den die Bullen während der Brunstzeit über ihren Urin abgeben. Dieser soll vergleichbar mit der Duftsubstanz „Moschus“ sein, die für die Herstellung von Parfüm und Seifen verwendet wird. Obwohl die Moschusochsen zu den Ziegenartigen gehören, werden sie aufgrund ihres Aussehens den Ochsen zugeordnet. Um den langen Winter in der Arktis überstehen zu können, haben die Moschusochsen ein dichtes, langes Fell mit feiner Unterwolle. Im Sommer fressen sie sich zusätzlich eine überlebenswichtige Fettschicht an. An heißen Tagen zeigen sie sich daher wenig aktiv und ziehen sich in den Schatten oder in den Stall zurück. Nach letzten Schätzungen leben im Hauptverbreitungsgebiet im nördlichen Kanada mehr als 100.000 Tiere. In Grönland sind es mit ungefähr 10.000 Tieren deutlich weniger. Die Population geht aufgrund des Klimawandels und dem daraus resultierender Nahrungsmangel deutlich und kontinuierlich zurück.

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