Köln | Das Museum Ludwig zeigt ab dem 14. März mit „„Alibis: Sigmar Polke. Retrospektive“ eine erste posthume Retrospektive, die nach New York und London nun Köln gezeigt wird. Bis zum 5. Juli werden dort insgesamt 250 Exponate des 2010 verstorbenen Wahl-Kölners zu sehen sein.

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In der großen Sonderschau sind zum ersten Mal alle künstlerischen Medien berücksichtigt, mit denen sich Polke künstlerisch auseinandersetzte. Insgesamt 250 Werke sind in der Sonderausstellung zu sehen. Viele der Werke werden erstmalig in Deutschland gezeigt. Dabei sind nicht nur Polkes Malerei und Zeichnungen, mit denen Polke bekannt wurde, sondern auch Grafiken, Skizzenbücher, Objekte, Skulpturen, Fotografien, Filme, Diainstallationen und Fotokopierarbeiten.

Fokus auf Polkes Spiel mit den Medien

Der Impetus der Ausstellung liegt darin, zu verdeutlichen, wie Polke die Medien miteinander verknüpfte und sich gegenseitig durchdringen ließ. In seinen Gemälden setzte er fotografische Substanzen ein, Raster aus Druckverfahren verwandelte er in Gemälde, Fotografien wurden durch den manipulierten Entwicklungsprozesse zu Unikaten. Hinzu kommen seine filmischen Erkundungen, die sein Gesamtwerk inspirierten.

Großformatige Bilder, raumfüllende Installationen

Besonders ins Auge stechen die großformatigen abstrakten Gemälden, die er ab den 1980er Jahren anfertigte. Die Kombination aus neuen Materialien, wie photochemische, wärme- und feuchtigkeitsempflindliche, aber auch giftige Substanzen, haben auf den Betrachter eine verunsichernde und ambivalente Wirkung. Auch große Installationen des Künstlers bereichern die Schau.

Der Titel der Ausstellung soll auf einen neuen Künstlertypus anspielen, der sich allen Erwartungen widersetzt und entzieht, gleichzeitig aber den Blick auf den gesellschaftshistorischen Kontext von Polkes Arbeiten richten. Polke beobachtete intensiv das Zeitgeschehen der alten Bundesrepublik und reflektierte ihre verdrängte Geschichte des Nationalsozialismus. Greifen seine Gemälde der 1960er Jahre die Konsum- und Warenwelt des bundesdeutschen Wirtschaftsaufschwungs ironisch auf, so lassen sich in seinen von Massenkultur aufladenen, kollaborativen Arbeiten der 1970er Jahre viele Anspielungen auf die neuen sozialen Bewegungen und ihre Subkulturen finden.

Auch gezeigt: Polkes filmisches Vermächtnis

Ein besonderer Augenmerk der Sonderschau gilt Sigmar Polkes Filmen, die im Rahmen der Retrospektive in Köln umfassend vorgestellt werden. Ab Mitte der 1960er Jahre bis zu seinem Tod war die Filmkamera ein wichtiger Bestandteil seiner künstlerischen Praxis. Nur in vereinzelten und ausgewählten Präsentationen machte er seine Filme öffentlich. Im Rahmen einer Tagung, die das Museum Ludwig gemeinsam mit der Universität Köln vom 12. bis 14. Juni 2015 ausrichtet, sollen Polkes Filme im Kontext der lebendigen Filmszene des Rheinlandes in den 1960er und 70er Jahren untersucht werden.

Schenkungen an Museum Ludwig in Ausstellung integriert

Ein weiterer Bezug wird durch die Sammlung des Museum Ludwig hergestellt. Denn das Museum Ludwig wurde immer wieder mit großzügigen Schenkungen von Polke-Werken bedacht. Bereits 1974 gelangte das frühe Rasterbild Kopf von 1966 über eine Jubiläumsspende in die Sammlung. Außerdem befinden sich eine unbetitelte Arbeit von 1986, Ruine von 1994 und aus dem gleichen Jahr das Transparentbild Fensterfront in der Sammlung des Museums. 2009 erhielt das Museum Ludwig die nahezu vollständig zusammengetragene Sammlung der Editionen von Sigmar Polke. Diese Schenkungen sind in die Präsentation im Museum Ludwig einbezogen.

Organisiert von MoMA und Tate Modern

Die Ausstellung wird vom Museum of Modern Art, New York zusammen mit der Tate Modern, London organisiert. Sie wurde initiiert und kuratiert durch Kathy Halbreich, stellvertretende Direktorin des Museum of Modern Art mit Mark Godfrey, Kurator für internationale Kunst der Tate Modern und Lanka Tattersall, kuratorische Assistentin der Abteilung für Gemälde und Skulpturen des Museum of Modern Art. Die Präsentation am Museum Ludwig wird von Barbara Engelbach, Kuratorin, Sammlung Zeitgenössische Kunst, Fotografie und Medienkunst, Museum Ludwig, organisiert. Für die Ausstellung hat die Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen Hannelore Kraft die Schirmherrschaft übernommen.

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Infobox:

„Alibis: Sigmar Polke. Retrospektive“, Ausstellung

Wann: 14. März 2015 bis 5. Juli 2015
Wo: Museum Ludwig Köln

Hintergrund:

Sigmar Polke,1941 in Oels (Schlesien) geboren und 2010 in Köln gestorben, gehört zu den bedeutendsten Künstlern der Gegenwart. Die Sonderausstellung im Museum Ludwig präsentiert Werke von 1963 bis 2010. Das umfangreiche Schaffen Polkes wurde zuletzt vor annähernd zwanzig Jahren in einer Retrospektive vorgestellt – 1997 in der Bundeskunsthalle Bonn und dem Hamburger Bahnhof in Berlin. Sigmar Polke hatte sich selbst immer allen kunsthistorischen Einordnungen zu entziehen versucht.

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Autor: Daniel Deininger
Foto: Blick in die Ausstellung „Alibis: Sigmar Polke. Retrospektive“ im Museum Ludwig.