Köln | aktualisiert | In einem mehrseitigen Schreiben hat die Stadt Köln um 15:30 Uhr erklärt, dass sie die falsch gestalteten Stimmzettel auszählen will und für gültig erklären will. Die Bezirksregierung sagt nein, die Stimmen sind ungültig. Bei der Stadt Köln will man jetzt vom Festhalten am falschen Stimmzettel aber nichts mehr wissen und bittet dieses Beharren nicht en Detail öffentlich zu machen. Die Frage, die sich immer drängender stellt ist, wer übernimmt die Führung und die Verantwortung, bei einer der wichtigsten Fragen der Demokratie: Der Wahl der ersten Bürgerin oder Bürgers dieser Stadt, die fair und gleich durchgeführt werden muss.

Am 13. September 2015 wird es in Köln eine Wahl um das Amt des Oberbürgermeisters geben, sagt die Stadt Köln um 15:30 Uhr. Das läge daran, dass eine Verschiebung des Wahltages nur die Bezirksregierung treffen dürfe, da diese das nicht getan hat, bleibt es beim lange und landesweit festgesetzten Termin. Die Stadt Köln wird jetzt neue Stimmzettel drucken lassen, die morgen zur Verfügung stehen sollen. Die bisher abgegebenen 53.000 Stimmen sollen mitgezählt werden, so die Wahlleiterin der Stadt Köln um 15:30 Uhr.

Bei der Stadt Köln verweist man auf einen Fall aus dem Jahr 2009 in Mönchengladbach. Dort waren, weil vergessen wurde das Geburtsjahr der Kandidaten anzugeben, alle 400.000 Stimmzettel neu gedruckt worden und anders als in Köln hatten in Mönchengladbach damals nur 1.000 Briefwähler schon abgestimmt. Diese Stimmen wurden für gültig erklärt. Allerdings gab es auch schon andere Fälle, etwa wurden in Telgte 500 Briefwahlumschläge am Tag vor der Auszählung im Reißwolf vernichtet, die Wahl musste wiederholt werden.

Es hätte also bei dieser Oberbürgermeisterwahl zwei unterschiedliche Stimmzettel gegeben, geht es nach der Stadt Köln. Einmal einen rechtskonformen und einen der nicht rechtskonform ist. Die Stadt Köln wollte es darauf anlegen, ob eine Partei oder ein Wähler die Wahl anfechten wird. Sollte dies der Fall sein, wird sich zunächst der Wahlausschuss mit dem Thema befassen, einen Beschluss fassen und dann kann der Klageweg vor einem Verwaltungsgericht bestritten werden. Dies bedeutet, dass wie schon bei der letzten Kommunalwahl in Köln, als das Verwaltungsgericht eine Entscheidung über die Zusammensetzung des Rates traf, wieder die Gerichte entscheiden könnten, ob es Neuwahlen geben muss. Der Verein „Mehr Demokratie“ warnt daher vor einer Hängepartie. [report-K berichtete >]

Sollte es zur Stichwahl kommen, wollte die Stadt um 15.30 Uhr auch am Termin vom 27. September 2015 festhalten. Eine oder einen Verantwortlichen nennt man für die falsche Gestaltung des Stimmzettels auch um 15:30 Uhr nicht, sondern spricht von der Wahlorganisation, die die Druckfreigabe erteilt habe. Wähler, die schon gewählt haben, können nicht noch einmal auf dem neuen Stimmzettel abstimmen, so wollte es die Stadt um 15.30 Uhr, wie auch beide Stimmzettel bei der Wahl für gültig erklären.

Die Bezirksregierung Köln hat heute, Mittwoch, 2. September 2015, um 16:30 Uhr, der Stadt Köln mitgeteilt, so die Stadt Köln, dass in Ergänzung ihrer rechtlichen Einschätzung vom gestrigen Tage sie zwar den vorgelegten, überarbeiteten Stimmzettel zur Oberbürgermeisterwahl als rechtskonform einstuft, sie allerdings „keine Möglichkeit“ sieht, auf „den bisherigen Wahlzetteln getätigte Stimmabgaben als „gültige“ Stimmen“ im Wahlverfahren zu werten. „Nach meiner Auffassung kommt eine rechtsfehlerfreie Korrektur nur insoweit in Betracht, dass den Wählerinnen und Wählern, die bereits von der Briefwahl bzw. Direktwahl Gebrauch gemacht haben, erneut Gelegenheit gegeben wird, anhand des neuen Stimmzettels ihren Wählerwillen auszuüben“, so die Bezirksregierung Köln, schreibt die Stadt Köln um 17:07 Uhr.

Eine Frage die immer drängender wird ist, wer übernimmt Führung in der Stadtverwaltung. Klärt ob des ersten Debakels mit den entscheidenden Stellen, wie der Bezirksregierung, eine sachorientierte Klärung herbeiführt und die Bürgerinnen und Bürger nicht noch mehr irritiert. Und es geht hier um die wichtigste Sache der Demokratie: Die Wahl, die den Bürgerwillen abbilden soll.

Jochen Ott fordert Verschiebung der Wahl

Nachdem die Bezirksregierung am Dienstag, den 01. September 2015, festgestellt hat, dass die bisher verwendeten Stimmzettel ungültig sind und damit möglicherweise eine Chancenungleichheit bei der Wahl bewirkt, hat die Kölner Wahlleitung heute zunächst bekannt gegeben, die Wahl wie geplant am 13.9. durchzuführen. Damit nimmt sie in Kauf, dass zwei Stimmzettel mit unterschiedlicher optischer Gestaltung in die Ermittlung des Ergebnisses eingehen. Mittlerweile nimmt die Bezirksregierung von diesem Verfahren Abstand und fordert eine Wiederholung der bisherigen Brief- und Direktwahl.

Jochen Ott: „Schluss mit dem Chaos! Es kann nicht sein, dass wir eine Wahl durchführen, von deren Rechtssicherheit weder die zuständige Wahlleiterin noch die Bezirksregierung überzeugt ist. Für mich steht eine faire Wahl absolut im Vordergrund. Wenn es auf andere Weise nicht sicher gestellt werden kann, ist eine Verschiebung des Wahltermins die beste und sauberste Lösung. Ich fordere daher die Wahlaufsicht auf, schnell eine Entscheidung über den Wahltermin zu treffen.“

CDU fordert Sondersitzung des Hauptausschusses

Die Kölner CDU fordert eine Sondersitzung des Hauptausschusses. Dort solle die Verwaltung erklären, wie sie eine rechtssichere Wahl zum Oberbürgermeister durchführen will. Bernd Petelkau, Vorsitzender der CDU-Fraktion, bezeichnet es als Totalschaden für die Demokratie, dass es nach der verschleppten Neuauszählung der Kommunalwahl 2014 erneut nicht gelingt, eine Wahl in Köln fehlerfrei durchzuführen: „Wahlleiterin Agnes Klein hat bei Übernahme der Funktion versprochen, einen ordnungsgemäßen Ablauf der Wahl sicherzustellen. Jetzt müssen wir feststellen, dass sie mit der Situation völlig überfordert ist.“ Petelkau fordert, das erneute Wahldebakel müsse personelle Konsequenzen haben, denn es gehe nun darum, weiteren Schaden für die Demokratie und das Image der Stadt Köln abzuwenden.

Piratengruppe im Rat fordert Verschiebung der OB-Wahl

Thomas Hegenbarth und Lisa Gerlach unisono: „Wir halten uns bekanntermaßen aus der OB-Wahl raus und unterstützen keinen der sieben Kandidaten. Aber in diesem Fall gibt es keine andere Möglichkeit, als die Wahl zu verschieben. Sonst kommen wieder neue Kosten auf die Stadt zu, wenn im Nachhinein prozessiert wird und es wieder zu einer Neuauszählung wie im Fall des Stimmbezirks Rodenkirchen kommt. Lieber jetzt die Notbremse ziehen! Hier hilft kein Aussitzen!“

Henriette Reker spricht sich für eine Verschiebung des Wahltermines aus

„Das Wahl-Desaster mit Ansage erschüttert erneut das Vertrauen einer Million Kölnerinnen und Kölner. Nach der erst vor wenigen Monaten gerichtlich erzwungenen Neuauszählung des Stadtbezirks Rodenkirchen hätte die Stadtverwaltung jetzt die Chance gehabt, verlorenes Vertrauen zurück zu gewinnen. Nun müssen wir dagegen zur Kenntnis nehmen, dass die Aussagen der Stadt in Punkto Wahlorganisation nur wenige Stunden überdauern. Von der Bezirksregierung erwarte ich daher die Verschiebung der Wahl und von der Wahlleiterin eine rechtssichere Durchführung.“

Autor: Andi Goral
Foto: Diese neuen Stimmzettel sind rechtskonform – die Stadt Köln hat diese von der Bezirksregierung prüfen lassen und diese hat ihr Placet gegeben