Köln | Saskia Niehaus wurde das Dormagen-Guffanti-Stipendium 2012 zugesprochen. Ab Juni wird die Künstlerin somit sechs Monate lang ein Atelier auf dem Gelände des Städtischen Behindertenzentrums am Lachemer Weg beziehen, um mit den dort lebenden Menschen in wechselseitigen künstlerischen Kontakt zu treten.

Die in Köln lebende Essenerin überzeugte die Jury mit ihren zeitgenössischen Zeichnungen, die sich thematisch an die Tradition der Chimären und Grotesken des 18. und 19. Jahrhunderts anlehnen. So heißt es in der Urteilsbegründung: „Ihre Phantasietiere und überzogenen menschlichen Figuren erinnern mit ihrer sexuellen Provokation und morbiden Naivität an die Burlesken des 19. Jahrhunderts.“

Niehaus keine Konzeptkünstlerin

Die Künstlerin hat schon einige Stipendiate gewonnen, darunter auch im Jahr 2001 das Friedrich Vodemberge-Stipendium der Stadt Köln. Für das Dormagen-Guffanti-Stipendium habe sie sich ganz bewusst beworben, erzählte die 44-Jährige heute, denn sie habe gefühlt, dass das Projekt sowohl als Mensch als auch als Künstler sehr gut passe. Ihre Mutter sei Lehrerin für geistig behinderte Kinder gewesen, die sie auch des Öfteren mit nach Hause gebracht hätte, wo alle zusammen malten. In all den Jahren als Künstlerin sei ihr auch stets wichtig gewesen, mit Menschen in wechselseitigen Kontakt zu treten. In ihrer Bewerbung hatte sie noch kein konkretes Projekt vorgelegt, doch heute äußerte sie erste Ideen, wie sie sich eine Zusammenarbeit mit den Menschen vorstellt: So möchte sie einen konkreten Termin zum Zeichnen in der Woche einführen und dort ohne besondere Vorgaben gemeinsam mit den Teilnehmenden arbeiten. Auch eigene Zeichnungen werde sie zur Weiterbearbeitung zur Verfügung stellen und eventuell auch in der Töpferei arbeiten. „Ich bin keine Konzeptkünstlerin“, stellte sie klar, daher sei vieles denkbar. Besonders inspiriere sie an dem Ort die Vielschichtigkeit der Bewohner und die Weite der Natur.

Das Dormagen-Guffanti-Stipendium

Die Dormagen-Guffanti-Stiftung geht zurück in das ausgehende 19. Jahrhundert, als der Kölner Arzt Dr. Hubert Dormagen zum ersten Mal Kunst und Behinderung verknüpfte. In seinem Testament von 1883 vermachte er sein gesamtes Vermögen der Stadt Köln mit der Auflage, daraus eine Stiftung zu gründen, die der Aufnahme und Verpflegung behinderter Menschen dienen sollte. Aufgrund dessen wurde 1913 das ursprüngliche „Krüppelheim“ am Lachemer Weg errichtet. Dort wurde zunächst auch die Gemäldesammlung Dormagens ausgestellt, die 1980 zugunsten des Stiftungsvermögens an das Wallraf-Richartz-Museum verkauft wurden. Auch der Gutsbesitzer Anton Guffanti verfügte 1904 in seinem Testament die Gründung eines Behindertenheims. So wurden bereits 1910 auf dem Gelände der Dormagen Stiftung Gebäude errichtet und 1953 wurden beide Stiftungen endgültig zusammengelegt.

1997 erweckte eine Urgroßnichte Dormagens, Nicola Dormagen, schließlich das jährliche Kunststipendium zum Leben. Dieses ist auf sechs Monate ausgelegt und mit einer Zahlung von 5.620 Euro, der Bereitstellung eines Ateliers und einer Abschlussausstellung verbunden. Die Kunstsparte wechselt dabei jählich.

Ausschreibung 2013

Im Jahr 2013 soll das Stipendium an einen in Deutschland lebenden Künstler aus dem Bereich der Malerei vergeben werden. Die Bewerber sollten sich jedoch bewusst sein, dass während der Stipendiatzeit eine Anwesenheitspflicht herrscht und ein Projekt mit den Bewohnern des Geländes realisiert werden soll. Bewerbungen sind an das Kulturamt der Stadt Köln zu richten. Abgabeschluss ist der 31. Januar 2013.

Autor: Nicola Ninnemann
Foto: Saskia Niehaus, die 16. Stipendiatin der Dormagen-Gruffanti-Stiftung. Von Juni bis September wird sie mit den Bewohnern am Lachemer Weg zusammen arbeiten.