Olaf Scholz bei einer Wahlkampfrede in Köln am 24. September 2021.

Berlin | dts | Der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) strebt die Einführung einer allgemeinen Corona-Impfpflicht in Deutschland zu Beginn des kommenden Jahres an. „Mein Vorschlag: Anfang Februar oder Anfang März“, sagte er der „Bild“ (Mittwochausgabe). Die Frage der Höhe von Geldstrafen sei aber konkret noch nicht festgelegt und könne im Gesetzgebungsverfahren gemacht werden.

Nach den Vorstellungen von Scholz soll die Impfpflicht für Alle nicht von der neuen Ampel-Koalition in den Bundestag eingebracht werden, sondern von einer fraktionsübergreifenden Abgeordnetengruppe. „Weil das eine Gewissensfrage ist.“ Er gehe davon aus, dass es noch dieses Jahr los gehe.

Die alte Bundesregierung hatte die Einführung einer allgemeinen Corona-Impfpflicht ausgeschlossen. Als erstes EU-Land hatte Österreich eine solche Maßnahme angekündigt – sie soll ab Februar gelten. Details sind aber auch dort noch offen.

Ex-BGH-Richter Thomas Fischer: Impfpflicht ist verfassungsgemäß

Der Rechtswissenschaftler und frühere Vorsitzende Richter am Bundesgerichtshof, Thomas Fischer, zeigt sich vom Urteil des Bundesverfassungsgerichts über die sogenannte Bundesnotbremse wenig überrascht. Es gehe um eine „ganz normale Abwägungsfrage“, sagte Fischer dem Nachrichtenportal Watson. In einer Notlage dieses Ausmaßes und mit diesen Gefahren seien „auch recht erhebliche Eingriffe in grundrechtlich geschützte Bereich zulässig und sogar geboten“.

Da der deutsche Rechtsstaat ein sozialer Rechtsstaat sei, habe er auch die Pflicht, aktiv für das Wohlergehen seiner Bürger zu sorgen. „Ein überlastetes Gesundheitssystem, die Gefahr hunderttausender von Toten und Schwerstkranken und langfristig Geschädigten kann kein Staat, der für seine Bürger verantwortlich ist, einfach hinnehmen und als `Schicksal` abtun“, sagte Fischer. Die bisherigen Eingriffe waren seiner Ansicht nach maßvoll, erforderlich und verhältnismäßig.

„Selbstverständlich ist nach meiner Ansicht eine allgemeine Impfpflicht ebenso verfassungsgemäß wie es ein `harter Lockdown` für 4 Wochen wäre“, sagt der Rechtswissenschaftler. Weiter führt Fischer aus: „Man darf sich von ein paar Schreihälsen und Angsthasen nicht ins Bockshorn jagen lassen. Das sind die ersten, die harte Maßnahmen fordern, wenn es um die `Freiheiten` der jeweils anderen geht. Die meisten Menschen halten auch an roten Ampeln an, gehen nicht auf zu dünnes Eis und klettern nicht trotz Verbots auf vereiste Felsen. Wer es nicht tut, ist halt doof und zahlt ein paar hundert Euro Geldbuße. So ist das mit der Gefahrenabwehr.“

„Die Führung ist da“ – Designierter Kanzler weist Kritik zurück

Der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Vorwürfe zurückgewiesen, zu spät auf die steigenden Corona-Infektionszahlen reagiert zu haben. Den ARD-Tagesthemen sagte Scholz am Dienstagabend: „Die Führung ist da.“ Dies sei „erstmal vielleicht die gute Botschaft für das, worum es jetzt geht“.

Scholz sagte weiter: „Wir müssen die nächsten Tagen, Wochen und Monate zusammenhalten und zusammenarbeiten und das ist jetzt organisiert.“ Nunmehr seien „die richtigen Entscheidungen“ getroffen worden. „Wir müssen impfen, wir müssen dafür sorgen, dass diejenigen die schon zwei Impfungen haben eine Auffrischungsimpfung bekommen und da geht es um viele, viele Millionen Impfungen.“

Nunmehr wolle man „sicherstellen, dass diese große Aktion gelingt“. Und daneben würden „viele Maßnahmen ergriffen, die jetzt wichtig sind, um Kontakte zu reduzieren, das Infektionsgeschehen im Griff zu behalten und sicherzustellen, dass wir alles tun, was erforderlich ist“. Kritik daran, dass die SPD noch immer keinen Bundesgesundheitsminister benannt hat, wies Scholz als „völlig unberechtigt“ zurück.

Tatsächlich werde nächste Woche klar sein, welche Frauen und Männer für die SPD in die Bundesregierung einträten und „dann tritt die Regierung auch schnell zusammen und wird ihre Arbeit aufnehmen“, sagte der künftige Bundeskanzler. Scholz ist berühmt für den über zehn Jahre alten Satz „Wenn man bei mir Führung bestellt, bekommt man sie auch“.