CDU-Urgestein Wolfgang Bosbach.

Köln | Die Bilder aus der Nacht auf Neujahr schockieren die Republik.

In vielen deutschen Städten kam es leider zu Randale auf offener Straße, Polizisten und Rettungskräfte wurden mit Feuerwehrkörpern wie Freiwild beschossen. Insgesamt 33 verletzte Einsatzkräfte wurden in Berlin gezählt. „Von der Masse und der Intensität der Angriffe auf unsere Einsatzkräfte“ überrascht zeigte sich die dortige Feuerwehr.

Auch bei Wolfgang Bosbach (70) ist die Empörung groß. Der bundesweit beliebte, frühere CDU-Spitzenpolitiker und Innenexperte aus Bergisch Gladbach spricht im Interview mit report-K Klartext.

Herr Bosbach, was geht Ihnen persönlich durch den Kopf, wenn Sie diese Bilder der Silvesterrandale in deutschen Städten sehen?

Bosbach: Nicht schon wieder! Die Bilder erinnerten mich stark an die schlimmen Vorfälle in der Kölner Silvesternacht 2015/2016. Nur das damals schwerpunktmäßig junge Frauen angegriffen wurden, diesmal waren Polizeikräfte und Rettungsdienste die bevorzugten Ziele der gewaltbereiten Chaoten. 

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NRW-Innenminister Herbert Reul bspw. hat benannt, dass es überwiegend junge Männer mit Migrationshintergrund waren. Ist die Migrationspolitik bereits jetzt gescheitert oder welche Konsequenzen muss man Ihrer Meinung nach jetzt ziehen?

Bosbach: Hoffentlich kriegt er jetzt mit seinem Koalitionspartner keinen Ärger, denn die Grünen mögen es gerade beim Komplex „Migration und ihre Folgen“ gar nicht, wenn man auch auf deren Schattenseiten hinweist. Die strafrechtliche Aufarbeitung ist jetzt vordringlich, aber ich ahne wie das enden wird. Vermutlich ähnlich wie in der bereits erwähnten Kölner Sylvesternacht.

Bei Straftaten aus einer Menge heraus ist es nämlich sehr schwer, einzelnen Personen bestimmte Straftaten zuzuordnen und gerichtsfest nachzuweisen. Ebenso wichtig wäre es den Sicherheitskräften die gesellschaftliche und politische Rückendeckung zu geben, die sie brauchen um Recht und Gesetz durchsetzen zu können. 

Durch die getönten Scheiben einer Dienstlimousine sieht die Welt ganz anders aus als aus der Perspektive von Polizistinnen und Polizisten im Wach- und Wechseldienst.

Wolfgang Bosbach über die amtierenden Regierungsvertreter

Haben Sie das Gefühl, dass man in Deutschland noch seine Meinung sagen oder veröffentlichen kann, ohne als Rechts zu gelten?

Bosbach: Gute Frage. Besonders bei den Themen Migration und Integration werden mittlerweile von vielen beachtliche rhetorische Dehnungsübungen veranstaltet, um bei kritischen Anmerkungen bloß nicht in die berühmt-berüchtigte „rechte Ecke“ gestellt zu werden. Fakt ist: Viele, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten zu uns kamen, waren und sind für unser Land tatsächlich eine Bereicherung. Nicht nur in ökonomischer Hinsicht.

Aber in den letzten Jahren sind im Zuge der weltweiten Fluchtbewegungen auch viele junge, bindungslose junge Männer mit extremistischen Einstellungen und grosser Gewaltbeteitschaft eingereist. Echte Problemfälle, aber das wird im links-grünen Milieu gerne tabuisiert.

Nachdenklich: CDU-Urgestein Wolfgang Bosbach. Foto: Bopp

Sie sind an den Menschen dran und stets unterwegs. Haben Sie bei den Regierungsvertretern den Eindruck, dass diese die Situation auf der Straße kennen?

Bosbach: Wenn, dann allenfalls aus der Presseschau. Durch die getönten Scheiben einer Dienstlimousine sieht die Welt ganz anders aus als aus der Perspektive von Polizistinnen und Polizisten im Wach- und Wechseldienst. Das allerdings gilt nicht nur für die amtierende Bundesregierung. 

Wo liegen Ihrer Meinung nach die Kern-Ursachen für die Probleme in der Migrationspolitik?

Bosbach: 1. Wir müssen wissen, wer in unser Land kommt! Seit September 2015 weisen wir aber an unseren Landesgrenzen bei einem Asylbegehren grds.niemanden mehr zurück. Das gilt auch für Personen ohne Papiere,  mit völlig ungeklärter Identität und Nationalität.

2. Es ist in vielen, viel zu vielen Fällen nicht möglich, die Ausreisepflicht durchzusetzen, selbst wenn die auch noch die allerletzte Instanz festgestellt hat, dass es kein Bleiberecht gibt. Das ist deshalb fatal, weil es dann in vielen Fällen überhaupt nicht mehr darauf ankommt, ob ein Anerkennungsverfahren Erfolg hat oder scheitert.

3. Als Kanzler Willy Brandt den Anwerbestopp für die sog. Gastarbeiter verkündete,  waren diese unterdurchschnittlich(!) arbeitslos. Damals gab es Integration durch Arbeit. Das ist heute völlig anders. Der deutsche Sozialstaat garantiert ja Leistungen, die für viele in ihren Heimatländern selbst mit Arbeit nie erreichbar wären. Also richtet man sich in diesem System ein.

4. Viele kommen aus familiären und gesellschaftlichen Strukturen,  in denen Gewalt etwas ganz alltägliches ist. Die Liste ließe sich noch lange fortsetzen.

Leben wir längst in einer Parallelgesellschaft?

Bosbach: Nicht bundesweit und flächendeckend, aber ganz sicher in vielen Vierteln unserer Großstädte. Da ist der Alltag eben nicht das permanente, multi-kulturelle Strassenfest, wo sich die seit Jahrzehnten dort lebende Bevölkerung mit Migranten zwecks interkulturellem Austausch trifft. Da gibt es Abgrenzung und Abschottung. Wer das bestreitet, dem empfehle ich als Lektüre „Richter ohne Gesetz “ von Joachim Wagner. Und das ist nun wirklich kein Rechter.

Würden Sie befreundeten jungen Bekannten momentan noch raten, Polizist zu werden?

Bosbach: Ja! Das ist ein unglaublich interessanter, vielfältiger und für die Gesellschaft überaus wichtiger Beruf. Aber der Alltag ist für die meisten völlig anders, als dass durch Formate wie „Tatort“ und Co vermittelt wird. Der Alltag ist viel anstrengender, härter und unerfreulicher, als von vielen vermutet. Deshalb: Respekt und Dank für alle, die jeden Tag ihren Dienst tun.