Massen von jungen Leuten auf den Kölner Ringen. Symbolfoto: Das Ding

Köln | Ergänzend zur Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) veröffentlichte die Polizei Köln am 11. April den Jugendkriminalitätsbericht für das Jahr 2022. Der Bericht ist unter https://url.nrw/Jugendkriminalitaetsbericht-2022 abrufbar.

Der Anstieg der Gesamtkriminalität in Köln und Leverkusen im Jahr 2022 (+18,07 Prozent) spiegelt sich auch in der Entwicklung der Jugendkriminalität in nahezu allen Deliktsbereichen wieder.

Von 46.148 ermittelten Tatverdächtigen waren 9.039 jünger als 21 Jahre. Das entspricht einem Anstieg um 1.816 (+25,14 Prozent) bei den tatverdächtigen Jugendlichen und Heranwachsenden gegenüber dem Vorjahr. Die Anstiege in den Altersgruppen bis 14 Jahre (+38,41 Prozent) und 14-18 Jahre (+34,39 Prozent) fallen sogar noch deutlicher aus als bei den Heranwachsenden und Erwachsenen.

Der Anstieg bei den ermittelten Tatverdächtigen im Alter unter 21 Jahre leitet nach Rückgängen zwischen 2019 bis Ende 2021 eine Trendwende ein, die nach Ende der Pandemie auch bei der Gesamtkriminalität zu verzeichnen ist.

Gerade die Gewalt unter Jugendlichen und die kriminelle Karrieren jugendlicher und heranwachsender Intensivtäter bereiten mir Sorgen.

Kripo-Chef Michael Esser

Kripochef Michael Esser nimmt zu dem Jugendkriminalitätsbericht Stellung: „Jugendkriminalität ist vorwiegend Gelegenheitskriminalität, die opportunistisch motiviert und selten geplant ist. Die Tatausführung erfolgt meist unprofessionell. Auch wenn es sich überwiegend um Bagatellkriminalität handelt, wird die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit durch wenige Fälle schwerster Gewaltkriminalität geprägt.

Gerade die Gewalt unter Jugendlichen und die kriminelle Karrieren jugendlicher und heranwachsender Intensivtäter bereiten mir Sorgen. Deshalb arbeiten wir eng mit unseren Partnern im Haus des Jugendrechts zusammen, um kriminelle Karrieren gar nicht erst entstehen zu lassen und da, wo sich kriminelles Verhalten bereits verfestigt hat, schnell zu handeln. Wichtig ist aber auch die Feststellung, dass der bei weitem größte Teil aller Jugendlichen in Köln und Leverkusen in der gesamten Jugendphase nicht bei der Polizei in Erscheinung tritt!“

Der neue leitende Kriminaldirektor der Kölner Polizei Michael Esser.

In Fällen, in denen die Polizei gegen Jugendliche ermittelt, bleibt es in der Regel bei wenigen Straftaten. Kriminologische Forschungen weisen immer wieder darauf hin, dass Delinquenz im Jugendalter überwiegend als entwicklungsbedingte Auffälligkeit zu bewerten ist, die mit dem Eintritt in das Erwachsenenalter abklingt und sich nicht wiederholt.

Zu den Ursachen für die Zunahme der Kriminalität von unter 21 Jahre alten Tatverdächtigen erläutert Esser: „Der Trend lässt sich alleine mit den polizeilichen Ansätzen weder erklären, noch stoppen. Die Einschränkungen durch Corona dürften einen wesentlichen Beitrag zu den rückläufigen Zahlen in den letzten beiden Jahren geleistet haben.

Der nun sehr starke Anstieg – das Niveau liegt in vielen Deliktsbereichen deutlich über dem der Jahre 2018 und 2019 – lässt sich mit den Auswirkungen der Pandemie aber nicht alleine erklären. Der vorliegende Bericht zur Jugendkriminalität soll mit Zahlen und Fakten informieren und Grundlage für die Bewertung und Analyse der am Themenfeld Jugendkriminalität interessierten Menschen sein.“

Claudia Wecker ist Inhaberin vom Studentenclub „Das Ding“ nahe der Zülpicher Straße. Foto: Das Ding

Kölner Ringe: Das sagt „Das Ding“-Chefin Claudia Wecker zu den Kriminalitätsstatistiken

Claudia Wecker ist Betreiberin des Studentenclubs „Das Ding“ auf den Ringen nahe der Zülpicher Straße.

Erst vor kurzem hatte sie in den sozialen Netzwerken – VOR Bekanntgabe der aktuellen Statistik – mit einem Erfahrungsbericht eines Wochenendes öffentlich gewarnt.

Ist sie als Betroffene von den neuen Zahlen überrascht oder spiegeln diese ihre eigenen Erfahrungen wider?

„Leider überrascht mich die Statistik nicht und spiegelt das wider, was wir vor allem in den Sommermonaten selbst allabendlich erlebt haben und es steht zu befürchten, dass wir mit zunehmend warmem Wetter, wieder mit dieser Problematik extrem konfrontiert werden“ schildert die bekannte Gastronomin im Gespräch mit report-K, „Wir sind vorwiegend mit Gewalt- und Drogendelikten konfrontiert. Auch sexuelle Belästigung kommt vor. Gerade im Kwartier Latäng sehen wir oft ein sehr junges Publikum, viele davon minderjährig, und dies nicht nur bei großen Events wie Karneval.“

Wecker weiter: „Auch kann man nicht klar eine besonders auffällige Gruppe benennen. Die Stimmung auf der Straße ist von von einer Grundaggressivität geprägt, die von jetzt auf gleich aus banalem Anlass extrem eskalieren kann. Dazu reicht es oft schon, jemanden zu bitten, Müll nicht auf die Straße zu stellen, sondern den Mülleimer zu nutzen.“

Ein großes Problem in ihren Augen: Die Messer-Thematik.

Ein Schild für eine Waffenverbotszone. Foto: Bopp

„Uns schockiert vor allem, wieviele Leute Waffen, bevorzugt Messer, dabei haben und wieviele Leute wir mit Drogen erwischen. In beiden Fällen gilt bei uns null Toleranz und wir verständigen umgehend die Polizei“, sagt sie, „Security wird leider nicht mehr als Autorität gesehen, die für Sicherheit sorgt und zum Schutz vor Ort ist, sondern immer öfter als eine Art Endgegner. Vor der Pandemie kannten wir dies in der Form nicht.“

Was können Lösungen sein?

Wecker: „Ich denke aber, dass wir als Gesellschaft viel mehr für junge Menschen tun sollten.  Es muss mehr Präventionsarbeit geleistet werden und da sehe ich z.B. die Schulen als gute Basis. Es ist in meinen Augen zu einfach, auf die Jugend zu schimpfen. Vielmehr sollten wir alle gemeinsam überlegen, wie wir die jungen Leute besser mitnehmen können und was nötig wäre, um diese Entwicklung zu stoppen.“

Sie mahnt auch: „Beim Lesen einer solchen Statustik vergisst man allzu leicht, dass wir von ganz normalen Jugendlichen sprechen. Die Leichtigkeit mit der man heutzutage als z.B. 14-jähriger an Drogen kommt, finde ich ebenso erschreckend. Hier sollte dringend härter durchgegriffen werden. Waffenverbotszonen halte ich für eine sehr gute Sache. So kann die Polizei einfacher einschreiten!“

mit ots