Das Literarische Komitee des Festkomitees Kölner Karneval präsentierte beim Treffpunkt Nachwuchs die Redner, Musiker und Tanzgruppen, die man derzeit in der Akademie und im Komitee ausbildet. Drei Jahre können die jungen Künstler ihre ersten Schritte unter den Fittichen des Festkomitees machen. Los ging es traditionell im Großen Saal des Kölner Sartory mit den ganz Jungen.

Selina Schütz und Helene Doll sind 14 und 15 Jahre jung und kommen direkt aus der Karnevals-AG der Gemeinschaftshauptschule Lohmar auf die große Bühne. Seit eineinhalb Jahren genießen die beiden die Ausbildung beim Kölner Festkomitee. Philipp Bolz aus Grevenbroich, mittlerweile zum jungen Mann gereift, erzählte Geschichten aus dem Leben eines Junganimateurs auf einer Mittelmeerinsel und dem Ärger den man schon beim Anflug hat oder bei der Animation von Kids. Philipp Bolz besucht die Jugendgruppe der Rednerschule und das Gymnasium. Die Idee für die Type entstand wirklich in einem Cluburlaub. Im Jugendbereich präsentierten sich auch die Kölschen Harlequins, eine noch junge Tanzgruppe der KG Alt Köllen, die in der letzten Session ihre ersten Schritte auf die Bühnen Kölns wagten. Initiatorin war im Jahr 2010 Cassia Kuckelkorn, die die Gruppe auch trainiert. Zwei Jungs und über 20 Mädels in ihren schmucken Trikots zeigten vor allem tänzerisches Können und perfekt abgestimmten Formationstanz.

Boulevard: Chauffeursklatsch mit Jens Singer
Jens Singer, der Chauffeur mit schwarzrot-goldener Pappnase fährt Frau Merkel, deren derzeitige Tätigkeit Bundeskanzlerin ist. Der Redner pendelt in seiner Rede, wie im richtigen Leben, zwischen Berlin und Köln und erzählt die Themen aus dem Leben eines Fahrers einer Toppolitikerin. Fahrerärgernis Kölner Fahrradfahrer, Bierbikes oder warum es lästig ist als Fahrer mit einem so hübschen Mercedes immer hinter dem BKA hinterher zu fahren. Seine Rede geht einmal quer durch alle populistischen politischen Themen. Keine Partei, die nicht ihr Fett wegbekommt. Die Grünen und ihre Liebe zu Dienstwagen, FDP Brüderle und seine Freude am Weintrinken, die SPD mit Frau Nahles oder auch die CDU-Granden wie Pofalla und Bosbach.  Singer stand schon als Schüler im Karneval auf der Bühne. Heute ist er Mitglied bei den "Fidele Jonge" der großen Dünnwalder KG und tritt auch schon mal in der Ständigen Vertretung in Berlin auf. Offizieller Name der Type: Dä Schofför vun d Bundeskanzlerin. Als Redner spricht er Kölsch und gehört damit langsam zu einer aussterbenden Spezies.

Die Domstadtbande in Schuluniformen
Die Domstadtbande das sind sechs nette und adrette Jungs, die mit weißem gestärktem Hemd und manche mit blauem Pullunder gefällige kölschen Schlager präsentierten und von "Morje" und den langen Nächten von Köln singen.  Der Sound ist vielfältig und bunt aufgebaut und changiert zwischen ausgereiften Songs, wie bei Marie in den Refrainpassagen und einem noch dünn klingenden Zwischenspiel. Beim dritten Song, einer langsamen Schiebernummer, die uns erzählt, dass immer irgendetwas immer noch geht, sind die vokalen Stimmelemente viel versprechend angelegt. Gegründet hat sich die Band 2010. Mitglieder sind Norbert Clever, Gesang, Nobbes Kracht, Bass, Marc Lehmann, Keyboard, Wolle Schiffer, Gitarre, Pilla Weiß, Schlagzeug und Flo Gatz, Flitsch und Gitarre.

Das Vingströschen möchte Cheerleaderin werden
und träumt von pinken Svarowski-Steinchen als sexy Bauchnabelpiercing. Sie liebt Düsseldorfer Verkäuferinnen mit einer großen Auswahl an XXXXXXXL pinken Anziehklamotten. Ab und an sucht sie auch nach ihrem Lieblings-Pit-Bull, der auf Mops-Dinner steht. Der Hund heißt übrigens Schakira und ist ein "Vingster Glamour Pitbull". Und wie schafft man es eine Kuh zu erkennen? Fragen über Fragen und viele Antworten. Am Ende performte Sabine Holzdeppe, alias Vingströschen, den Megahit des Jahres 2010 Shakiras „Waka Waka“ mit selbst gebastelten Puscheln. Das Vingströschen trat in diesem Jahr zum letzten Mal auf dem Treffpunkt Nachwuchs auf, denn sie hat jetzt ihre drei Jahre voll und wird ins echte karnevalistische Leben entlassen.

Kölschraum hat sich verstärkt.
Um einen Mann angewachsen ist die Band Kölschraum, es ist Björn Fischer. Mit ihrem ersten Titel schenken sie dem Saal ein Rosenmontagssträußchen (Rusemondagsstrüßje). Man probiert Tempiwechsel, die zwar noch leicht abrupt wirken, aber vom Ansatz her gut gedacht sind. Beim zweiten Song wechselte man am Frontmann-Mikro durch. Ungewöhnlich die Rochade zwischen Keyboard und Mikro, aber sie gelingt. Der zweite Song rockig und eingängig einfach gestrickt. Thema: Alle Mann trecken sich en Pappnas an. Auch Kölschraum ist zum dritten Mal auf der Bühne des Literarischen Komitees und wer sich ans erste Jahr erinnerte, der hat gestern festgestellt, dass die Band musikalisch und im Auftritt gereift ist. Christian Bröling, Ulli Meyer, Markus Kaiser, Kevin Stegermann und Björn Fischer sind Kölschraum.

Hastenraths Will bauert sich durch den Saal
und erklärt uns wie man perfekte Bio-Eier macht oder wie viel das Decken von Kühen kostet. Herr Will erzählt Blödsinn, verdreht gerne Wörter und Wortsinn. Auch das Thema Ehehygiene und warum Schweine in Besucherritzen von Ehebetten nichts verloren haben, werden sehr zur Freude des Publikums humoristisch und nicht unter der Gürtellinie aufbereitet. Das kommt sehr gut an. Christian Macharski ist Hastenraths Will, der den Kölnern und dem Festkomitee Komplimente macht, dass die schon an Karneval dachten, als der Düsseldorfer noch nicht aufrecht ging und sich die Läuse aus dem Pelz zupfte. Und reimen kann er auch… dafür gab es zum ersten Mal an diesem Abend Standing Ovations.

Tino vom Taxi firmiert zum kölschen Tenor um und redet weiter
Weg mit der Schiebermütze und den Texten zum Auftakt und von Anfang an Gesang. Tino Selbach ist jetzt dä kölsche Tenor, statt Tino vom Taxi. Bildenden Künstlern gibt man oft den Ratschlag Maler rede nicht, sondern male. Tino sollte sich aufs Singen konzentrieren, denn mit seinem letzten Song zu Musik is mi Leeve begeistert er, allein durch seine Interpretation von Musik, während, zumindest so ist der Eindruck, er mit seinen Zwischenreden das Publikum eher nicht von den Stühlen reißen kann.
 
Die Kölschen Adler – die Hochklass-Stimmungskapelle
Bei den Kölschen Adlern spielen Vollblutmusiker, die es schaffen echte Stimmungsmusik zu machen. Die Nacht ist das Thema der Kölschen Adler 2011, zumindest drehen sie alle Texte darum. Erst sind die kölschen Nächte lang, dann die Vringsveedler Nächte und am Ende singen die Adler über Kölner Nächte die zum Rocken gemacht sind. Die Bläsersätze machen Lust auf mehr und die acht Jungs haben echten Spaß auf der Bühne. Auch wenn die Reime simpel gestrickt sind, wird dies durch die musikalische Vielfalt wettgemacht. Von der Spielfreude erinnern die Kölschen Adler ein wenig an die bunte Truppe von Querbeat. So ruft oder jodelt auch immer mal wieder einer dazwischen. Ist gut. Auch die Kölschen Adler scheiden in diesem Jahr aus dem Literarischen Komitee aus. Ihre drei Jahre sind voll.

Der Pfundskerl hat abgenommen, viereinhalb Kilo und kreist um seinen Bauchnabel
Fitnesstipps von Kai Kramosta, über Walken, Reiten und Hula Hupp-Reifen die zu eng sind. Ein Monolog über seinen Körper, seine Diäten und warum ein Kai Kramosta beim Duschen lieber Spülmittel nutzt. Yogaeinheiten, kölsche Waagen und Eichhörnchen auf der Poller Wiese. Was so ein Redner alles zwischen zwei Sessionen erlebt, ach ja in Italien war er auch noch. Am Ende erzählte er eine lange Story ich, Kai Kramosta beim Wasserski der man aufmerksam zuhören muss, um ihr zu folgen, ob das nach mehreren Kölsch noch so gut geht? Kai Kramosta dreht in seiner Rede in dieser Session eigentlich immer nur um den eigenen Bauchnabel, ein wenig eindimensional.

BOB – Die Männer ohne Bart
können bützen, so singen sie, verabschieden sich an Weiberfastnacht und wissen am Aschermittwoch ist alles vorbei und "es endet immer mit Sauerei". BOB macht keine innovative Musik, sondern klassische Stimmungsmusik ohne Schnickschnack.  So kommen einem Rhythmus, Taktung und Sound bekannt vor. Das ist natürlich nicht unclever, denn mit stimmungswitzigen Texten, wie bei der "Sauerei", da macht der Saal mit.

Löschmeister Josef Jackels lokalisiert seine Type auf dem Dorf
kommt aus Ehrenfeld, bringt eine klassische Typenrolle mit, die er aber nicht wirklich lustig interpretiert, dazu in Hochdeutsch. Mehr zu  kommentieren, erübrigt sich.

Willi und Ernst kommen aus Koblenz
sind dort Botschafter der Bundesgartenschau und kommen in Köln als geile  Rentner auf die Bühne. Dirk Zimmer und Markus Kirschbaum bringen Comedy der Extraklasse auf die Bühne. Als Rentner sind sie allerdings schnell getaktet und haben ihren Vortrag auf Köln umgeschrieben. Da merkt man den Profi. Als sie dann Leihunterhöschen und Leihteddys auf die Bühne schmeißen ließen, rastete der Saal vor Freude aus. Zu dieser Rockstar-Allure gab es von Rentner Ernst ein Cover auf  TNT von AC/DC,  Ernst the Glitter Schneider. Der Saal war begeistert. Als Willi dann noch einen Impro-Song auf Erika aus Eschweiler und der ersten Reihe an der Inde auf einen Sinatra-Klassiker persiflierte, waren die Standing Ovations und Zugabe-Rufe den beiden sicher. Willi und Ernst haben die gesamte Palette moderner Comedy drauf, schnell, witzig und spritzig. Eine Neuentdeckung, die es sicher auf die eine oder andere Bühne schaffen wird und muss. Aber keine kölschen Typen im Zwiegespräch.

Papallapap – solider Kölschpop
Gut inszeniert. Zum Finale stand man mit 10 Tanzpaaren unterschiedlicher Kölner Tanzgruppen auf der Bühne. Der Titel „Miteinander fleeje“. Die fünf Musiker Rafael Sauer, Frank Mendel, Benjamin Brings, Robby Mildenberger und Tom Bräutigam spielen sich durch viele musikalische Stilrichtungen wie Pop, Rock oder Reggae. Vor einem Jahr ging die Band an den Start, sofort gab es einen Plattenvertrag und am 4. November kündigte man heute an, wird es die zweite CD geben.

Die Inszenierung des Vorstellabends im großen Saal des Sartory gelingt, dank der großen Figuren aus dem Rosenmontagszug, die eine karnevalistische Stimmung zaubern. Die kölschen Redner werden weniger und vielfältige ausgestaltete Comedy-Nummern kommen beim Publikum an. An den Rednern kann man aber auch erkennen, wo die Gefahr der Akademie liegt. Alle nutzen zum Ende ein Sprüchlein, das aufgesagt wird, aber nicht immer passt und auch nicht immer zwingend nötig ist. Man muss nicht alles standardisieren und egalisieren, sondern die speziellen Eigenheiten pflegen, bei Rednern aber auch bei Musikern.

[ag]