Köln | Es ist Corona-Zeit und die stellt nicht nur die Wählerinnen und Wähler beim Wählen auf die Geduldsprobe, wie heute in Ehrenfeld bei der Direktwahl, sondern nimmt auch Einfluss auf die Wahlberichterstattung. Vier Tage vor der Wahl gab die Stadt Köln bekannt, welche Berichterstattungsmöglichkeiten sie Journalistinnen und Journalisten im Historischen Rathaus einräumt. Der Deutsche Journalistenverband (DJV) NRW fordert von den Städten journalistische Berichterstattung zu ermöglichen und sich selbst auf die Darstellung von Ergebnissen und amtlichen Informationen zu beschränken.

Am Mittwoch um 15:43 Uhr informierte die Stadt Köln welche Möglichkeiten sie Journalistinnen und Journalisten einräumt aus dem Historischen Rathaus am Wahlabend zu berichten. Dieses soll bei dieser Wahl nur als Medienzentrum genutzt werden und steht der Öffentlichkeit nicht zur Verfügung. In der Einladung an die Medien heißt es unter anderem: „Sowohl die Piazzetta als auch der Hansasaal stehen in diesem Jahr ausschließlich als Medienzentrum zur Verfügung. Aus dem Rathaus werden auch die Social Media-Kanäle der Stadt Köln berichten. Öffentlichkeit – auch politisch besonders interessierte Öffentlichkeit, kann aus Kapazitätsgründen nicht zugelassen werden.“

Diese Internetzeitung fragte bereits am 4. August die Möglichkeit zur Berichterstattung im Livestream aus dem Historischen Rathaus an, an dem Tag als die Stadt zum ersten Mal erklärte, dass es eine Veranstaltung im Historischen Rathaus unter Corona-Schutzbedingungen geben werde. Die Redaktion bat um rechtzeitige Information, da in der Corona-Zeit eine sorgfältige Personalplanung und Interviewpartnerplanung nötig ist. Die Stadt Köln verneint bis heute die Option mit einem Livestream aus dem Medienzentrum berichten zu können und unterbreitete dieser Internetredaktion auf Nachfrage kein entsprechendes Angebot. Hier stellt sich die Frage, wie es sein kann, dass die Stadt Köln Platz für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Berichterstattung auf ihren Social Media Kanälen hat, aber nicht für unabhängig berichtende Medien? Vor allem sprach die Stadt Köln auf einer Pressekonferenz der Kölner Wahlleiterin Dörte Diemert sogar von einem Wahlstudio und Livestreams die eingesetzt werden sollen. Und man befürchtet einen großen Andrang auf die Seiten der Stadt Köln im Netz.

Städte dürfen keinen Journalismus ersetzen

Journalistische Berichterstattung gehört nicht in die Hände kommunaler Verwaltungen und Behörden, so die Gewerkschaft und weiter: Angesichts der NRW-Kommunalwahlen am kommenden Sonntag, 13. September, mahne der DJV-NRW erneut die von der Verfassung geschützte Unabhängigkeit der Medien und Staatsferne von Journalismus an.

„Wir fordern die Kommunalaufsicht auf, dieser eindeutigen Rechtslage in allen Behörden endlich Geltung zu verschaffen“, so Frank Stach, Landesvorsitzender des DJV-NRW. Anlass für den eindringlichen Appell sind die Angebote verschiedener Stadtverwaltungen, mit denen die Rathäuser ihre coronabedingt nur eingeschränkt möglichen Wahlpräsentationen nun digital aufwerten wollen.„Dass es eine Verpflichtung der Städte gibt, die Wahlergebnisse der Kommunalwahlen öffentlich zu verkünden, ist unbestritten. Jegliche staatliche Berichterstattung, die über Sachinformation hinausgeht, ist aber unzulässig“, kritisiert Stach nicht nur gestreamte Talkrunden oder redaktionell gestaltete Einspielfilme im Rahmen eines dadurch journalistisch anmutenden Angebotes, wie es unter anderem die Stadt Solingen geplant hat. Weiter heißt es vom DJV: Auch am Angebot der Stadt Köln hatte es – verbunden mit Zugangsbeschränkungen für Medien – deutliche Kritik gegeben. Zudem heißt es: Staatliche Berichterstattung muss am kommenden Wahlsonntag eindeutig als solche erkennbar sein und sich auf Sachinformationen beschränken. Der DJV-NRW fordert deswegen die klare Grenzziehung zwischen staatlicher Information und Journalismus.

15 Interviewpartner pro Redaktion möglich

Im Einladungsschreiben an die Redaktionen heißt es: „Für Interviewpartner stehen 15 temporäre Sondereintrittskarten zur Verfügung. Bitte verabreden Sie sich mit Ihrem Gesprächspartner zu einem definierten Zeitfenster.“ Alle Redaktionen können mit ihren Gesprächspartnern den Muschelsaal nutzen.

Die Frage ist, wie kommt die Stadt auf 15 Interviewpartner? Alleine bei der Oberbürgermeisterwahl treten 13 Kandidatinnen und Kandidaten an. 11 Parteien treten zur Ratswahl mit je 45 Direktkandidatinnen und einer Ratsreserveliste mit Spitzenkandidatinnen und -kandidaten an. Dazu kommt die Wahl der 9 Bezirksvertretungen und die Wahl zum Integrationsrat. Alleine diese Redaktion führte mit mehr als 150 Kandidatinnen und Kandidaten Interviews im Vorfeld der Wahl. Dass nicht mit allen Kandidatinnen und Kandidaten Interviews an einem Abend geführt werden können, versteht sich von selbst. Aber nimmt man nur die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten, und nicht wenige Parteien haben eine Doppelspitze, so kommt man alleine bei der Ratswahl auf mehr als 11 Interviewpartner. Diese Redaktion hatte alle OB-Kandidatinnen und Kandidaten und Direktkandidaten aller Parteien zum Interview eingeladen. Sowie die Spitzenkandidaten in den Bezirken. Nicht alle kamen, wie etwa die amtierende Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Aber es bestand die Möglichkeit, da es um die Wahrung von fairen und gleichen Chancen geht auch für kleinere Gruppierungen oder Kandidatinnen und Kandidaten, die eher unbekannt sind. Die Frage lautet: Wen auswählen, bei einer Beschränkung auf 15 Interviewpartner, wenn alleine 13 OB-Kandidatinnen und -Kandidaten, sowie 11 Spitzenkandidatinnen und -kandidaten antraten, also in der Summe 24? Ein faires Angebot kann so nicht unterbreitet werden und wer nur die Favoriten als Redaktion einlädt, greift dem Wählerwillen vor.

Platzproblem vorgeschoben?

Die Stadt Köln, so wird es an diese Redaktion herangetragen, spricht von einem Platzproblem, dass sie in der Corona-Zeit habe. Dies kann eigentlich nur vorgeschoben sein. Wenn die Stadt Köln wirklich freie und unabhängige Berichterstattung ermöglichen wollte, steht ihr noch der komplette spanische Bau zur Verfügung mit seinen vielen Sitzungssälen, Lichthof, Foyer und auch neben der Piazetta gibt es einen großen Lichthof und etwa den Konrad Adenauer Saal.

Hinweis zur Berichterstattung von report-K am Wahlabend

Report-K kann keinen Livestream anbieten. Es wird daher einen Liveticker ab Sonntagmittag geben, mit den aktuellen Informationen und später Wahlergebnissen aus Köln, NRW und O-Tönen von Kölner Spitzenkandidatinnen und -kandidaten.

Autor: Andi Goral