Köln | Im Wallraf findet man Alte Meister, aktuelle Fotografenelite und politische Bilder, sogar einen Magazintitel des „Spiegel“ aus den 70 er Jahren derzeit in einem einzigen Raum präsentiert. Dazu künstlerische Druckgrafik aus der venezianischen Renaissance als Marketingtool für erfolgreiche Malerstars wie Tizian und Tintoretto. Dem Wallraf ist wieder eine famose Ausstellung gelungen, bei der Kunst-, wie auch der gesellschaftspolitisch Interessierte spannende Stories aus mehreren Jahrhunderten finden, die das Begleitheft in „Spiegel“-Optik bereit hält.

Köln erhielt den Zuschlag

Im Mittelpunkt der Ausstellung steht das Gemälde „Der Diplomat von Venedig“, das Porträt des Diplomaten Paolo Tiepolo aus Venedig. Tintoretto fertigte das Bild im Jahr 1578. Nach Köln kommt das Gemälde als Dauerleihgabe der Bundesrepublik Deutschland. Sieben Museen hatten sich beworben, doch Köln bekam den Zuschlag, unter anderem weil man schon zur sofort zur Historie des Bildes geforscht und dies in die Bewerbung eingebracht hatte. Unter anderem fand man heraus, dass sich die Handstellungen der rechten Hand, sowohl im Porträt, wie auch im Gemälde „Beweinung Christi“ aus dem Jahr 1575 stark gleichen. Durch das goldene Gewand ordnet man Tiepolo den venezianischen Patriziern zu und den Stand eines Ritters der goldenen Stola. Die im Bild gezeigte römische Szene im Hintergrund sei ein Hinweis auf den diplomatischen Status des Porträtierten. Gemalt hat Tintoretto die römische Szene übrigens nach Vorlagen, denn er selbst war nie in Rom. Die kleine Ausstellung im zweiten Stock ordnet diesen kunsthistorischen Teil und ergänzt ihn durch die „Venus mit dem Spiegel“ aus dem Jahr 1555 von Tizian und das Porträt eines Sammlers.

Der Weg des Bildes von Venedig ins Palais Schaumburg

Tiepolo hatte in Venedig auch den Status eines Sonderbotschafters, vor allem in Rom und war in Venedig mit Außen-, Innen-, Finanz, Gesundheits- und Bildungspolitik betraut. Ein Mann mit einem erstaunlichen politischen Wirkungskreis. Spannend ist, dass das Bild immer wieder in das Blickfeld der Politik rückte, bis in die Neuzeit. Um 1846 bis 1852 erwarb der englische Sammler Edward Cheney das Gemälde und brachte es auf die Insel. 1885 wurde der Nachlass des Sammlers bei Christies versteigert und wechselte für 23 Pfund und 2 Schilling den Besitzer. Man geht davon aus, dass das Gemälde über den Londoner Händler F. Davis ins Haus von Archibald Philip Pimrose, dem 5th Earl of Rosebery gelangte und kam hier wieder mit der Politik in Berührung. Denn sein neuer Besitzer war 1886 und von 1892-1894 britscher Außenminister, später Premierminister und Lordsiegelbewahrer. Sein Sohn, ein Cricketspieler, ließ das Gemälde 1935 erneut versteigern. Mit dem neuen Besitzer Manenti, gelangte das Bild wieder zurück nach Italien, wo es 1941 für 500.000 Lire im Mailänder Kunsthandel von den Nazis erworben wurde. Mit der Inventarnummer 1751 gelangte es in den „Führerbau“ nach München. Den Krieg verbrachte das Bild eingelagert im Salzbergwerk von Altaussee. Am 26. Juni 1967 wurde das Bild im Büro des Bundeskanzlers Kiesinger hinter dessen Schreibtisch aufgehängt.

Im Kreis der Sonderbotschafter

Willy Brandt, so erzählt es Egon Bahr, habe das Bild aus Respekt von seinem Vorgänger übernommen. In der Ausstellung dokumentiert dies ein Foto von Detlev Gräfingholt aus dem Palais Schaumburg im Jahr 1972. Zwei Jahre vorher am 9. Februar 1970 ziert ein Foto von Josef Heinrich Darchinger den „Spiegel“-Titel „Mission in Moskau – Kanzler Berater Bahr“. Ganz vorne sieht man den Sonderbotschafter Bahr für die neue Ostpolitik, dahinter steht Kanzler Brandt mit einem Schreiben in der Hand und Paolo Tiepolo blickt aus dem Bild Tintorettos von oben über die Szenerie. Roland Krischel, der Ideengeber der Ausstellung, sieht hier einen Kreis geschlossen, zwischen dem Sonderbotschafter Venedigs und dem der noch jungen BRD, die beide immer wieder in schwierigen Verhandlungen standen. Zusammenhänge die man im Jahr 1970, als der „Spiegel“-Titel entstanden ist, nicht kannte. Den Abschluss der Ausstellung im ersten Raum zum Tiepolo-Porträt bildet ein 2012 in Berlin, geschossen von Herlinde Koelbl, gefertigtes Porträt Bahrs. Helmut Schmidt ließ das Bild übrigens entfernen und nahm es nicht mit in sein neues Büro, als das Kanzleramt in den Bonner Neubau zog.

Ergänzt wird die Ausstellung durch Druckgrafik aus der Zeit von Tizzian und Tintoretto, die das neue Medium der Reproduktion zur Mehrung ihres Ruhmes nutzten, als eine Art neues Marketingtool.

Die Stiche aus der Graphischen Sammlung

Die Ausstellung mit dem Titel „Der Diplomat von Venedig“ ist vom 3. Mai bis 15. September in der Barockabteilung des Wallraf Richartz Museums zu sehen. Ein Begleitheft in „Spiegel“-Optik und ein erklärendes Heft zur Druckgrafik unter anderem von Verena Schraub befassen sich intensiv mit den Arbeiten aus der Graphischen Sammlung. Die Holzschneider und später auch Kupferstecher setzten die Ideen der Künstler um und realisierten sogar die feinen Verläufe und Tonwertabstufungen, die die Maler in ihren Bildern zeigten, in Strichgrafik. Dabei wurden die Druckgrafiken anhand der Zeichnungen etwa eines Tizian oder Tintorettos gefertigt. Musste Tizian sich noch selbst um einen umsetzenen Druckgrafiker wie Cort bemühen, konnte Tintoretto so lange warten bis der Kupferstecher Caracci seine Arbeiten umsetzen wollten. Die Kunsthistoriker gehen davon aus, dass nur so die venezianischen Künstler ihren Ruhm mehren konnten, weil so ihre Arbeit einen größeren Kreis an Verbreitung erlangten. Verena Schraub zur den Arbeiten: „Sowohl für Cornelis Cort, als auch für Caracci bedeutete die Auseinandersetzung mit den Werken der beiden venezianischen Meister jeweils einen Höhepunkt innerhalb ihres druckgraphischen Schaffens. Ihre Kupferstiche nach Tizian und Tintoretto gehören zu den qualitätvollsten reproduktionsgraphischen Interpretationen nach Gemälden im 16. Jahrhundert.“ Die Druckgraphik wird allerdings nur bis zum 28. Juli 2013 gezeigt.

Autor: Andi Goral
Foto: Marcus Dekiert, der Direktor des Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud, vor dem Tintoretto, der jetzt als Dauerleihgabe des Bundes in Köln ein neues Zuhause gefunden hat.