Köln | Unter dem Titel „Die Klecksographie – Zwischen Fingerübung und Seelenschau“ widmet das Wallraf-Richartz-Museum der sogenannten Klecksographie, also der Kunstrichtung, die den Klecks zum Zentrum der Inspiration erhebt, vom 9. August bis zum 13. Oktober 2013 eine eigene Kabinettausstellung. Auf der zweiten Etage zeigt das Kölner Haus 25 Zeichnungen in denen der Klecks als schöpferischer Akt im Mittelpunkt steht. Die Ausstellung will damit nicht die Geschichte, sondern die große ästhetische Kraft der „klecksographischen Methode“ veranschaulichen.

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Was unter professionellen Malern ein Ärgernis darstellt, betrat um 1800 die Bühne des künstlerischen Geschehens: der Klecks. Maler wie William Turner und Gustave Moreau, aber auch Schriftsteller wie Victor Hugo und George Sand waren begeistert von der geheimnisvollen Schönheit seiner unförmigen, unvorhersehbaren Gestalt.  Auch Thomas Ketelsen, Kurator der Ausstellung, war von dem Werk „Tintenfleck mit sechs Profilbildnissen“ eines unbekannten deutschen Künstlers aus dem 19. Jahrhundert vom ersten Betrachten an so begeistert, dass er dem Klecks eine eigene Ausstellung widmet. Beim Besuch eines Kunsthändlers sei ihm das Werk als letztes von vielen Zeichnungen präsentiert worden. „Da wusste ich: das ist es, was ich gesucht habe“, so Ketelsen. Bereits Leonardo da Vinci habe im Klecks und in der Wolke Inspirationsquellen gesehen, die die Phantasie der Künstler zu eigenen Bilderfindungen anregten, so der Kurator.

In den Werken des 16. bis 18. Jahrhunderts lasse sich in der grafischen Sammlung des Museums kein Werk ausmachen, in dem der Klecks als Kunstform auftauche. Erst im 19. Jahrhundert kam dem Klecks auf dem leeren Zeichenblatt eine besondere Bedeutung zu. Von den Künstlern selbst aufs Papier geworfen, sei er zur Quelle künstlerischer Inspiration und Initiation erhöht worden, bildete er den Ausgangspunkt des kreativen Gestaltens.

Die Ausstellung zeigt unter anderem Arbeiten von Justinus Kerner, der mit seinen Klappdrucken die Klecksographie begründete.  Auch Victor Hugo ist mit Werken in der Schau vertreten, die er als Träume (rêves) bezeichnete, die wie Wolken am Himmel zwischen Bestimmtem und Unbestimmtem schwanken. Weitere Zeichnungen zeigen den Klecks als Zufallsprodukt, als Mittel zur künstlerischen Formfindung, als Projektionsfläche für eigene Phantasien, als Übergangsmedium zu einer Geisterwelt und nicht zuletzt als einen der Wegbereiter der Moderne. Innerhalb der Ausstellung ebenfalls zu sehen: Eine zeitgenössische Klecksographie, geschaffen durch den 5-jährigen Mathis und entstanden im Rahmen einer WDR-Produktion für die Sendereihe „Die Sendung mit dem Elefanten“.

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Die Klecksographie – Zwischen Fingerübung und Seelenschau
Kabinett-Ausstellung
9.August bis 13. Oktober 2013
Wallraf-Richartz-Museum

Anlässlich der Ausstellung erscheint ein Katalogheft mit Beiträgen von  Kurator Thomas Ketelsen, Bernhard Maaz, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, und Thomas Klinke, Restaurator am Wallraf-Richartz-Museum. Der Katalog aus der Reihe „Der un/gewisse Blick“ (Heft 12) ist für zehn Euro im Museumsshop erhältlich.

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Autor: dd
Foto: Kurator Thomas Ketelsen vor einer Klecksografie (Ein Schmetterling) von Justinus Kerner.