Düsseldorf | [Dieser Artikel wird laufend aktualisiert] Wiedersehen im Düsseldorfer Landtag: Auf den Tag genau ein halbes Jahr nach seiner folgenschweren Ablehnung ist der NRW-Haushalt für das Jahr 2012 in einer überarbeiteten Version wieder eingebracht worden. Im März hatte die oppositionelle Blockade zur Auflösung des Landtages und Neuwahlen an Rhein und Ruhr geführt. Die Kritik ist geblieben: zu viele Schulden und zu wenig Sparen. Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) verteidigte seinen fast 59 Milliarden Euro schweren Haushalt und blies zum Gegenangriff. +++ Auf Antrag der FDP-Fraktion hat sich der Düsseldorfer Landtag für die Abschaffung der Praxisgebühr ausgesprochen.

Gegenüber dem ersten Haushaltsplan ist die Nettoneuverschuldung um eine Milliarde auf 4,6 Milliarden Euro angewachsen. Verantwortlich dafür ist eine vereinbarte Eigenkapitalspritze für die Abwicklung der maroden WestLB. So oder so hält die Opposition das Defizit für viel zu hoch. „Sie brauchen ganz dringend einen Termin bei der Schuldnerberatung“, sagte der FDP-Haushaltsexperte Ralf Witzel in Richtung Walter-Borjans. Anstatt Strukturreformen wie etwa Privatisierungen anzugehen, verteile die Koalition beim beitragsfreien Kindergartenjahr oder dem kostenlosen Studium „in fröhlicher Sorglosigkeit“ Wohltaten „auf Pump“.

Auch die CDU ging mit dem Haushaltsentwurf hart ins Gericht. Rot-Grün setze angesichts der neuen Schulden seine Politik der „schleichenden Selbstvergiftung“ des Haushaltes fort, sagte der haushaltspolitische Sprecher Marcus Optendrenk. Anstatt zu konsolidieren, wie es andere Bundesländer täten, werde auf „hemmungslose Schuldenmacherei“ gesetzt und mit Forderungen nach höheren Steuern auf das Geld der Bürger geschielt. Eigene Sparvorschläge wollte der CDU-Politiker mit Verweis auf den späten Zeitpunkt des Haushaltsjahres aber nicht machen und nannte den Etat für 2013 als Zielmarke.

Finanzminister fordert Gegenvorschläge

Finanzminister Walter-Borjans nutzte diese offene Flanke für einen Gegenangriff auf die Opposition. CDU und FDP führten immer wieder das „Märchen vom einfachen Sparen“ an, ohne allerdings eigene konkrete Vorschläge zu machen. Der Finanzplanung liege kein „Wunschdenken oder Geschichtsklitterung“ zugrunde, sondern eine „nüchterne Analyse“ dessen, was zu tun sei, sagte der SPD-Politiker. Walter-Borjans bekannte sich zum „gezielten Sparen“ und der Einhaltung der Schuldenbremse, die ab 2020 neue Schulden verbietet.

Als Beleg für seine Finanzpolitik führte der Minister eine niedrigere Neuverschuldung pro Kopf in NRW als etwa in Niedersachsen oder Hessen an. Zudem seien die prognostizierten Steuereinnahmen realistisch veranschlagt. Bis August stieg das Steueraufkommen laut Finanzministerium um fast sechs Prozent im Vergleich zu 2011. Dennoch bekräftigte Walter-Borjans die rot-grüne Forderung nach einer stärkeren Besteuerung von Vermögen, „um die Schuldenbremse einhalten zu können“.

Auf streckenweise Unterstützung konnte sich die Koalition von den Piraten freuen. Fraktionschef Joachim Paul begrüßte die Forderung nach höheren Steuern und hob positiv hervor, dass Rot-Grün auf Kürzungen im Sozialbereich und beim Personal verzichte. Allerdings kritisierte der Pirat die „viel zu späte“ Einbringung des Haushaltes, nachdem bereits zwei Drittel des Jahres vorbei seien. „Sie stellen uns vor vollendete Tatsachen“, sagte Paul. Schon die erstmalige Vorstellung des Etats im Dezember 2011 habe einem ordnungsgemäßen Haushaltsverfahren widersprochen.

Zum Ende der Haushaltsdebatte wurde der Etat zur Diskussion in die entsprechenden Fachausschüsse weitergeleitet. Eine Verabschiedung ist für November vorgesehen. Gleichzeitig arbeitet die Landesregierung bereits am Finanzplan für das kommende Jahr. Dann soll das Defizit auf 3,5 Milliarden Euro sinken.

Landtag votiert gegen Praxisgebühr

Auf Antrag der FDP-Fraktion hat sich der Düsseldorfer Landtag für die Abschaffung der Praxisgebühr ausgesprochen. Lediglich die CDU votierte am Freitag gegen den Antrag „Versicherte entlasten, unnötige Bürokratie vermeiden – Praxisgebühr abschaffen!“. Die Freidemokraten unterstützten damit die Position der Bundes-FDP, die ebenfalls gegen die umstrittene Gebühr eintritt. Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) konnte sich bislang aber nicht gegen die CDU durchsetzen, die eine Abschaffung ablehnt.

In dem FDP-Antrag wird die Landesregierung aufgefordert, sich bei der schwarz-gelben Bundesregierung für eine Abschaffung der 2004 eingeführten Gebühr einzusetzen. Die Praxisgebühr habe sich nicht bewährt und sei ein „unverhältnismäßiger bürokratischer Aufwand“, sagte die FDP-Gesundheitsexpertin Susanne Schneider.

Autor: Christian Wolf/dapd