Passend zum Start der heißen Phase des Kölner Karnevals Session 2010 – immerhin wird am Freitag der neue Prinz von einem neuen Oberbürgermeister im Kölner Gürzenich proklamiert – präsentierte heute das Kölnische Stadtmuseum den Band 10 seiner Publikationen. Herausgegeben von Werner Schäfke. Ein Buch mit nur einem Bild auf dem Umschlag, der einzigen bekannten Darstellung des Kölner Karnevals vor 1800. Der Herborn stellt nicht nur eine Theorie des bis dato als Standardwerk – von manchen als Bibel bezeichnete – aus dem Jahre 1961 von Joseph Klersch „Die Kölnische Fastnacht von ihren Anfängen bis zur Gegenwart in Frage“. Das Buch ist geschickt aufgemacht und changiert zwischen Text und Originalquellen – auch in Lateinisch – und wird so lebendig. Spannend vor allem auch die Geschichten, denn neben den offiziellen Ratsquellen, diente auch das was man heute unter Polizeiberichten kennt besondern als Quelle.

Herborn sagt, dass die Klersche These von den Anfängen der Fastnacht im antiken römischen Köln und auch die urgermanischen Wurzeln so nicht stimmen. Herborn verortet auch die kölsche Fastnacht in den Tag und die Nacht bevor die 36 Tage dauernde Fastenzeit begann und dies war immer der Dienstag vor dem heutigen Aschermittwoch. An diesem Tag wurde bei den Patriziern und dem Volk viel gegessen und gefeiert. Natürlich auf unterschiedlichste Weise. So gab es für die hohen Herren und Damen Ritterspiele auf dem Alter Markt (um 1371) an denen sich auch die Kölner Patrizier beteiligten und für das Volk Ausschank in der Wirtschaft. Herborn hat „Quittungen“ gefunden, die belegen dass schon im Mittelalter die Ratsherren sich in den Häusern am Alter Markt die besten Plätze an den Fenstern reservierten und dafür bezahlten. Die ersten Quellen zum rheinischen Fastnachtstreiben finden sich im Kloster Heisterbach und stammen aus der Zeit zwischen 1219 und 1223.

Die erste Geschichte ist denn auch gleich einem Polizeibericht von heute. Zwei Metzger gaben sich Fressorgien in der Fastnacht hin und zechten bis in den Morgen des Aschermittwoch in Koblenz. Als die Glocken zum Gottesdienst riefen, zechten die beiden weiter. Jetzt fehlte den beiden aber das Aschekreuz und so kam einer auf die Idee das man sich auch gegenseitig die Asche vom Herd des Wirtshauses spenden könne, was man auch tat. Darauf wurde der eine von einer Aschestaubwolke heimgesucht an der am Ende elendiglich erstickte. Herborn geht es dabei nicht so sehr um die Geschichte, als vielmehr das Feiern und Völlern am Fastnachtsabend Erwähnung findet. Auch Priester feierten, so ist eine Geschichte überliefert bei der ein Priester mit Mönchen feiert und völlert. Am Ende lässt er noch Hühner schlachten und als er die Innereien entfernen wollte zog er eine dicke fette Henne mit heraus.

Herborn schließt mit seinem Werk, wie Michael Euler-Schmidt sagt eine Lücke, auch wenn gerade wegen der geringen Quellenlage vieles im Verborgenen bleiben wird. Aber die Geschichten die sich in dem Buch finden sind spannend und erklären auch so manches Phänomen im modernen Fastelovend. So musste ein Kölner 1441 an den Pranger weil er des Nächtens einen Umzug mit einem Reliquienschrein auf dem ein Teufel saß organisierte. Ein großes Kapitel ist auch Hermann Weinsberg und seinen Erinnerungen an die Fastnacht in seiner Chronik gewidmet. Aber auch Themen wie das „Mommen“, heute nennt man es Verkleiden werden wissenschaftlich erklärt. Aber auch woher das „Alaaf“ stammt erfährt der Leser, ebenso das die Jesuiten in Maria im Kapitol der Stadtkirche Kölns, bevor der Kölner Dom fertig gestellt war, gegen das Fastnachtstreiben wetterten. Ein Kapitel widmet sich auch mit den Wegen und Irrwegen der Forschungsgeschichte des Karnevals vor dem zweiten Weltkrieg.

Info:
„Die Geschichte der Kölner Fastnacht von den Anfängen bis 1600“
Wolfgang Herborn
Herausgegeben von Werner Schäfke
Publikationen des Kölnischen Stadtmuseums, Band 10
Georg Olms Verlag
ISBN 978-3-487-14209-8
Das Buch ist im Buchhandel und im Kölnischen Stadtmuseum erhältlich

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