Köln | Mit einer spektakulären Sammelaktion verabschiedet sich Kasper König, der Chef des Museum Ludwig, aus Köln. Der Mann, der zwölf Jahre lang das wichtigste Museum der Stadt leitete und im November Köln verlässt, bat noch einmal viele der Künstler, die er groß gemacht hat, um einen kleinen Gefallen: Eine ihrer Arbeiten sollten sie dem Museum Ludwig schenken. 70 Werke von namhaften Künstlern sind dabei zusammen gekommen, die in zwei Auktionen, die eine in Köln, die andere bei Sothebys in London, zur Versteigerung kommen. Insgesamt sollen die Auktionen deutlich über eine Million Euro einspielen.
EXKLUSIV VORAB AUF REPORT-K: Die komplette Künstlerliste am Ende des Artikels
Ich möchte meinen Teil zur Zukunft des Museum beitragen, erklärt König seine großartige Abschiedsgeste die erste Benefizauktion in der Geschichte des Museum Ludwig überhaupt. Das Geld soll in die Kunststiftung im Museum Ludwig einfließen und damit Kunstankäufe in der Zukunft ermöglichen.
Der Clou: Ein Großteil der zur Versteigerung kommenden Kunstwerke wird vom Auktionshaus Sothebys im Rahmen der regulären Herbstauktionen in London versteigert und erreicht damit ein internationales Publikum. Und die Professionalität von Sothebys hat der Sache ohne Zweifel gut getan.
Vom 27. bis 29. September werden die meisten der zur Versteigerung kommenden Kunstwerke im Museum Ludwig im Rahmen einer Vorbesichtigung zu sehen sein.
Die eigentliche Auktion spielt sich dann in zwei Teilen ab: Am 29. September, einem Samstag, werden die 30 niederpreisigen Kunstwerke in einer Abendauktion ab 18 Uhr 30 im Museum Ludwig unter den Hammer kommen.
Bei Sothebys in London werden dann zwei Wochen später im Rahmen der regulären Herbstauktionen am 13. Oktober 40 Arbeiten von international bekannten Künstlern wie Andreas Gursky, On Kawara, Claes Oldenburg, Gerhard Richter, Cindy Sherman, Wolfgang Tillmans und Fischli/Weiss zum Aufruf kommen.
Bei den in Köln zur Versteigerung kommenden Kunstwerken beginnen die Aufrufpreise bei 3.000 4.000 Euro, bei der Sothebys-Versteigerung in London werden die Bietergefechte eher bei 10.000 bis 20.000 Euro beginnen. Eine Handvoll der in London zur Auktion kommenden Kunstwerke werden von Sothebys sogar mit Preisen von deutlich über 100.000 Euro taxiert, so etwa Arbeiten von des US-amerikanischen Tintenstrahldrucker-Künstlers Wade Guyton oder der deutschen Künstlerinnen Isa Genzken (75.000-100.000 Euro) und Rosemarie Trockel (100.000-150.000). Am höchchten taxiert sind eines der in vielen Museen der Welt hängenden Datumsbilder des Japaners On Kawara (130.000-190.000) und eine Skulptur des deutschen Künstlers Thomas Schütte (130.000-190.000 Euro).
Auch Kölns Kunststar Gerhard Richter und Kölner Ehrenbürger hat eine seiner Arbeiten beigesteuert. Die großformatige (70 x 50 cm) Photoarbeit 14. Febr. 1945 (881-2) beruht auf einem Photo, das am 14. Februar 1945 einige Wochen vor Kriegsende aus einem US-amerikanischen Militärflugzeug beim Überflug über das kriegszerstörte Köln gemacht wurde.
Wie auf der Gerhard Richter-Website ersichtlich, existiert die Arbeit in vier Exemplaren:
http://www.gerhard-richter.com/art/search/?number=881-1
und wurde auch schon einmal in der Trinitatiskirche in Köln gezeigt
http://trinitatiskirche-koeln.de/austellungen.php?PHPSESSID=bwxmuxqo
Offenkundig betrachtet Gerhard Richter die Arbeit als wichtig für sein Schaffen: Es ließ sie auch auf der großen Retrospektive zu seinem 80. Geburtstag zeigen, die in den letzten Monaten in London, Berlin und Paris lief. Sothebys hat die Arbeit auffallend niedrig mit 50.000-70.000 Euro angesetzt; dabei wird es nicht bleiben.
Fast alle Künstler der zur Versteigerung kommenden Kunstwerke haben eine Beziehung zu Kasper König oder dem Museum Ludwig. Manchen hat König in den letzten Jahren im Museum Ludwig eine Einzelausstellung gewidmet, manche sind dort in der Sammlung dauerhaft vertreten. Der ein oder andere dürfte sich bei König mit seinem Geschenk auch dafür bedanken, das er ihn wenn nicht groß gemacht, so doch mit einer Ausstellung in einem der wichtigsten deutschen Museen gleichsam geadelt hat.
Ein gutes Beispiel unter vielen, wie eine über viele Jahre andauernde Arbeitsbeziehung zwischen Kasper König und einem Künstler in dieser Auktion sichtbar wird, ist Thomas Schütte, der auch besonders herausgehoben auf dem Cover des Katalogs erscheint.
Der 1954 geborene Künstler, der an der Kunstakademie Düsseldorf bei Gerhard Richter studierte, verdankt Kasper König einiges. Bereits 1984 war er auf der legendären Düsseldorfer Überblicksausstellung Von hier aus vertreten Kurator Kasper König. Eines der bekanntesten Schütte-Werke überhaupt ist seine Drei-rote-Kirschen-Säule in Münster http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/c/cf/KirscheSkulptur2.jpg/170px-KirscheSkulptur2.jpg, die er dort 1987 im Rahmen der Open Air-Ausstellung Skulptur.Projekte errichtete. Initiator der Skulptur.Projekte: Kasper König.
Nun kommt eine Arbeit zur Versteigerung, die im darstellerischen Ansatz der großen Skulptur Vater Staat ähnelt, die das Museum Ludwig noch vor wenigen Wochen im Rahmen der Ausstellung Vor dem Gesetz http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/c/cf/KirscheSkulptur2.jpg/170px-KirscheSkulptur2.jpg gezeigt hat.
Schütte führte 2011 eine Miniserie von sechs General-Skulpturen aus, Aluminiumfiguren, die von einem übergroßen mantel eingehüllt werden. Vor einigen Monaten schenkte Schütte eine der sechs General-Skulpturen dem Art Institute of Chicago. Die Aufnahme in die Sammlung eines der wichtigsten US-amerikanischen Museen, adelt die Arbeit gleichsam. Nun kommt eine dieser Arbeiten erstmals auf den Kunstmarkt; Sothebys bezeichnet dies als einzigartige Gelegenheit und preist die Arbeit auf 130.000 bis 190.000 Euro und testet damit auch den Marktwert aus.
Wer mag, kann hier auch die sonst selten thematisieren Verbindungslinien des Kunstbetriebs nachverfolgen, dieses Wechselspiel von Museumsausstellung und Kunstmarkt. Akribisch führt der Katalog zu jedem Künstler auf, wann und mit welcher Arbeit er im Museum Ludwig vertreten war.
In einigen Fällen kommen sogar Kunstwerke zur Versteigerung, die schon im Museum Ludwig selbst in Ausstellungen zu sehen waren, so etwa Candida Höfers Photo der Privatwohnung von Irene Ludwig in der Ausstellung Im Andenken an Irene Ludwig (29.11.2011-24.06.2012) http://www.museenkoeln.de/museum-ludwig/default.asp?s=3720 Das könnte man durchaus als grenzwertig empfinden, wäre dies keine Benefizauktion.
Auch so ist das Auktionshaus Sothebys kein Wohltätigkeitsverein und weiß sicherlich sehr wohl, welchen Nutzen es als market maker für einige der vertretenen Künstler ziehen wird. Und die Künstler und ihre Galerien wissen, dass diese Sothebys-Auktion ihre internationale Bekanntheit und ihren Marktwert erhöhen wird.
Für Köln aber kann man nur hoffen, dass Sothebys einen guten Job macht und dem Museum Ludwig einige Millionen einspielt.
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EXJKLUSIV VORAB – Die Künstler
Georges Adéagbo
Richard Artschwager
Phyllida Barlow
Matthew Barney
Thomas Bayrle
Bernd & Hilla Becher
Heike Beyer
Matti Braun
Tom Burr
Maurizio Cattelan
Vija Celmins
Robert Crumb
Raoul De Keyser
Richard Deacon
Peter Doig
Carroll Dunham
William Eggleston
Hans Peter Feldmann
Fischli & Weiss
Katharina Fritsch
Isa Genzken
Andreas Gursky
Philip Guston
Wade Guyton
Mary Heilmann
Georg Herold
Peter Herrmann
Candida Höfer
Jonathan Horowitz
Bethan Huws
Ilya & Emilia Kabakov
On Kawara
Corita Kent
Ferdinand Kriwet
Zoe Leonard
Tony Matelli
Lucy McKenzie
John Miller
Matt Mullican
Marcel Odenbach
Claes Oldenburg & Coosje Van Bruggen
Henrik Olesen
Gabriel Orozco
Dan Perjovschi
Manfred Pernice
Raymond Pettibon
Stephen Prina
Tobias Rehberger
Gerhard Richter
Thomas Ruff
Ed Ruscha
Andreas Schulze
Thomas Schütte
Joel Schapiro
Cindy Sherman
David Shrigley
Andreas Siekmann
Thomas Stimm
Thomas Struth
Wolfgang Tillmans
Niele Toroni
Rosemarie Trockel
Cosima von Bonin
Lawrence Weiner
Franz West & Andreas Reiter Raabe
Christopher Williams
Heimo Zobernig
Quelle: Sotheby’s
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Der komplette Katalog der Auktionen in Köln und London findet sich hier:
http://www.sothebys.com/en/auctions/2012/contemporary-art-day-auction-l12025/overview.html
Autor: Christoph Mohr