Köln | Wir wussten nicht das Zwieback singen kann. Nach dem heutigen Abend beim Loss mer singe Casting ist auch das bewiesen. Der Saal im Bürgerhaus Stollwerck sehr gut gefüllt in Feier und Schunkellaune. Acht Bands und Einzelkünstler traten auf und an, um auf die Loss mer Singe Sitzung zu kommen. Das Publikum hatte alle Texte zum Mitsingen parat und stimmte immer wieder mit ein. Die jungen teils einem breiteren Publikum unbekannten Künstler boten allesamt herausragende Leistungen, leider nur manchmal getrübt durch eine schlechte Technik.

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In den Abend startete man mit Dave Zwieback, einer Band, die so schöne Titel ihr eigen nennt wie „Krümmel in der Trööt“, was der normale Hochdeutsche mit „Frosch im Hals“ übersetzt. Man macht „Kölsch Rock – nor för üch“.

Mark (mit K!) hat eine Gitarre dabei und singt Coversongs auf Clueso und Udo Lindenbergs „Cello“-Interpretation, die er leicht textlich in einen parodistischen „Liebessong“ für Hund Benno verändert hat. Er trägt Jeans, die er vor den Sneakers stilsicher umgekrempelt hat. Bei diesem ersten Song geht das Publikum nur mittel mit. Dagegen trifft der Sänger mit der Gitarre, mit dem zweiten Song schon mehr den Geschmack, als er ein Schunkellied über die Saufgewohnheiten seiner Tante Klaus besingt. Witziger Text, den er mit seiner Liebeserklärung, dem Bierchenlied noch toppt. Da besingt er zärtlich den Öffnungsprozess einer Flasche, oder wie allein sich ein Bierchen im dunklen und kalten Kühlschrank fühlen muss. Poetisch und lustig zugleich.

Der schwullesbische Chor Köln: „MultiKultiKölle“ ist der erste Song (den man übrigens nicht auseinander schreiben darf), da wird erst einmal der „alalalalala“ Refrain mit „f“ mit dem Publikum eingeübt und später fröhlich gemeinsam „Ob lesbisch oder schwul, ob wärm oder kalt, de Hoopsach is mer drinke Kölsch statt Alt“, gesungen. Das klappt mit dem sangesfreudigen Publikum im Bürgerhaus Stollwerk natürlich gleich vom ersten Refrain an. Nettes Liedchen mit jeck karnevalistischen Groove.

Lupo ist noch eine sehr junge Band, hatte eine Menge Fans mitgebracht und sicher für eine Karnevalsband ungewöhnlich mit nur einem Posaunisten, der half den Sound druckvoller zu machen. Die Kölschen Adler oder Kuhl un de Gäng die zwei Nummern später auftraten kommen ja immer gleich mit einem ganzen Bläsersatz auf die Bühne. Lupo brachte die zuvor eher leicht träge Masse zum Mitklatschen und auf Touren, vor allem mit dem zweiten Song „Colonia“, eine rockige Nummer mit Geige, die ein wenig an Jethro Tull erinnerte. Als dritten Song gab es dann noch den ersten Song als Loop und erste Zugabe-Rufe. Die ignorierte Moderator Frangenberg aber geflissentlich, um Chancengleichheit walten zu lassen.

Einen nteressanten Kontrast boten die Pauseneinspieler mit Ostermanninterpretationen von Thomas Cüpper, dem „Klimpermännchen“ von der CD, gerade zu den rockigen Tönen zuvor von Lupo.

Andreas Münzel war der Mann am Klavier des Abends, der zunächst mit Schmiss im Stil der 20er Jahre Lieder vortrug, wenn er etwa über den „Mann an Farina“ singt, oder über Männer in der Midlife-Crises im Volksgarten mit Bauchspeck. Es sind Lieder zum Zuhören, mit Wortwitz in kölscher Sproch, die nicht einfach verreimt, sondern intelligent verknüpft ist. Dabei wechselt er musikalisch facettenreich immer wieder die Tempi in seinen Lieder. Ein echter Kracher ist „Halleluja wir haben Fasteleer“, schnell, rhythmisch, im Klang ein wenig an die großen Billy Joel Nummern erinnernd, mit einem modernen coolen kölschen Text.

Die kölschen Adler performten perfekt und schon nach wenigen Takten von „lange Naaaaacht“ kreischte und schrie der Saal. Die kölschen Adler haben sich zu einer echt coolen Band gemausert, die einen eigenen authentischen Weg gefunden hat und sich nicht in den Mainstream des Kölschpop einfädelt. Gerade im Gesang souliger, aber fast ein wenig im Stile der Kaschämmensänger, entwickelt sich ein eigener Stil. In der „Zockerhot“-Session hat man natürlich einen Samba im Gepäck zu dem Saal die Hüften kreisen ließ. Die Kölschen Adler machen frischen Sound, gute kölsche Texte, eingängig, aber auch musikalisch vielfältig vorgetragen.

Am meisten litt der Solosänger Salvatore la Rosa unter dem unterirdischen Sound, den der Techniker mit der Saalanlage machte. Er war kaum zu verstehen und hatte eigentlich somit keine Chance.

Kuhl un de Gäng rissen das Publikum mit, auch sie setzen wie die Kölschen Adler,auf die Wirkung des großen Bläsersatzes zu rockigen und poppigen Tönen. allerdings glatter und mainstreamiger als die Adler. Mit Kuhl en de Gäng und ihrem Song „Su wie et es kann et blieve“ war mega Partystimmung angesagt und zur Schnulze „Heim nach Kölle“ schunkelten im Stollwerk 30er Reihen einmal quer durch den Saal. Auch Kuhl un de Gäng wollte das Publikum kaum von der Bühne lassen.

Bei so viel Qualität fällt die Entscheidung sowohl dem Publikum, als auch der Jury sicher nicht leicht. Schade war, dass die Solokünstler vom Mann am Mischpult kaputt geregelt wurden. Da waren die Bands mit eigener Anlage voll im Vorteil. Nach vielen Jahren im Backstagebereich des Kölner Tanzbrunnens, einem Intermezzo in der Tonnenhalle der Abfallwirtschaftsbetriebe, war dies das erste Casting im Bürgerzentrum Stollwerck.

Die Entscheidung – die Sieger 2012

Andreas Münzel und Kuhl un de Gäng dürfen auf die Sitzung von Loss mer Singe im Februar, so hat die Jury entschieden. Die junge Band Lupo hat den Förderpreis der Kreissparkasse Köln zugesprochen bekommen. Kuhl un de Gäng räumten auch beim Publikumspreis ab.

Autor: ag
Foto: Kuhl un de Gäng begeisterte das Publikum des Loss mer Singe Castings 2012