Köln | Acht Jahre lang arbeitete Käthe Kollwitz an ihrem Zyklus „Bauernkrieg“. 1908 war sie fertig. Das Käthe-Kollwitz-Museum bietet jetzt aus Anlass des 150. Geburtstags der Künstlerin in diesem Jahr einen atemberaubenden Blick in ihre Werkstatt: Rund 120 Exponate zeigen, wie sie sich an den „nur“ sieben Radierungen abarbeitete und von welchen Kollegen sie sich inspirieren ließ.

Schon auf den ersten Blick sprengt dieser Zyklus die Sehgewohnheiten, sind doch alle Grafiken unterschiedlich groß. Am größten Blatt 5, „Losbruch“: In breiter Front stürmen die Bauern los, bewaffnet mit Sensen und Mistgabeln, angefeuert von einer dunkel gekleideten Frau, die dem Betrachter den Rücken zudreht.

Die Berliner Künstlerin stand schon früh auf der Seite der sozial Benachteiligten

Der Zyklus erzählt die Geschichte des Bauernaufstands im Jahr 1524/25, bereitet dabei den Betrachter auf die Notwendigkeit der Revolte vor – und das durchaus mit Bezug zu den sozialen und politischen Spannungen des frühen 20. Jahrhunderts. Schon mit ihrem Zyklus „Ein Weberaufstand“ – entstanden in den Jahren 1893 bis 1897 – stellte sich Kollwitz auf die Seite der Benachteiligten.

„Bauernaufstand“ beginnt mit den Bauern, zu arm, sich Zugvieh zu leisten, müssen sie den Pflug selber ziehen, niedergedrückt bis fast auf den Boden. So zum Tier geworden, benehmen sie sich wie wilde Tiere, vergewaltigen ihre Frauen. Blatt 2 zeigt das Opfer. Auf der dritten Strichätzung sieht man, wie die „Inspiration“ – eine düstere Männerfigur – einer alten Frau den Ausweg zeigt: Aufstand. Nun bewaffnen sich die Männer, aus einem dunklen Gewölbe klettern sie nach oben, der Sturm bricht los.

Doch er endet in der totalen Niederlage, auf dem Schlachtfeld sucht eine Mutter den Leichnam ihres toten Sohnes. Doch so pessimistisch wollte Kollwitz nicht aufhören: Das letzte Blatt zeigt Gefangene, aufrecht und mit düsterer Miene stehen sie da – bereit, wieder loszuschlagen.

Zu jedem der sieben Blätter des Zyklus’ sind zahlreiche Vorstudien zu sehen

Zu jedem dieser Blätter sind zahlreiche Vorstudien zu sehen, mit Bleistift und Kohle, mit Kreide. Verschiedene Zustände der Abzüge, auch farbige Lithos – zuerst hatte die Künstlerin die Geschichte in Farbe angedacht. Einige der Grafiken hat das Museum erst kürzlich erworben. Und – so heißt es – wäre mehr Platz gewesen, hätte man auch noch mehr Arbeiten aus den eigenen Beständen zeigen können.

Gezeigt werden nicht nur direkte (Vor-)Arbeiten für den „Bauernkrieg“, sondern auch Arbeiten zu ähnlichen Themen, die in Abwandlung hier wieder auftauchen. So das Thema „Mutter und Kind“, „Mutter und toter Sohn“ oder abgehärmte Bäuerinnen bei der Arbeit.

Leihgaben zeigen, welche Kollegen Kollwitz inspirierten

Dazu – meist als Leihgabe – ähnliche Motive etwa von Daumier, Manet, Millet oder Rodin: Zu dieser Zeit moderne Künstler, deren Auffassung von Kunst dem in Deutschland herrschenden und von Kaiser Wilhelm II. geförderten Akademismus widersprachen. Kollwitz kannte diese Künstler nicht zuletzt durch ihre Paris-Reisen in dieser Zeit. Indem sie die Zeitgenossen „aufgriff“ und Künstler der Renaissance wie Dürer oder Michelangelo „zitierte“, zeigte sie ihre Zugehörigkeit zur Moderne – der Deutsche Künstlerbund wusste dies schon 1907 zu würdigen und verlieh ihr den Villa-Romana-Preis. Wegen ihrer Arbeit am „Bauernkrieg“.

[infobox]„Aufstand! Renaissance, Reformation und Revolte im Werk von Käthe Kollwitz“
10. März bis 5. Juni 2017
Käthe Kollwitz-Museum
Neumarkt 18-24, 50667 Köln
Tel. 0221 / 227-28 99 / 26 02

Öffnungszeiten:
Di-Fr 10-18 Uhr
Sa, So und feiertags 11-18 Uhr
Eintritt: 5/2 Euro
Katalog: 22 Euro

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Autor: ehu | Foto: Käthe-Kollwitz-Museum Köln
Foto: Blatt 5 aus “Bauerkrieg”: Die Strichätzung “Losbruch” ist die größte und entstand sehr früh schon um 1902/03