Düsseldorf | 26,3 Prozent, 1,6 Millionen und 13,7 Prozent – diese nackten Zahlen machen das ganze Elend der nordrhein-westfälischen CDU deutlich. Bei der Wahl vor knapp sieben Wochen erhielt die Partei nur magere 26,3 Prozent der Stimmen. Innerhalb von nur zwei Wahlen haben die Christdemokraten an Rhein und Ruhr mehr als 1,6 Millionen Wähler verloren. Und im Wahlkreis Köln III fuhr die CDU im Mai mit 13,7 Prozent ihr landesweit schlechtestes Ergebnis ein – knapp vor den Piraten. Im bevölkerungsreichsten Bundesland liegt die Christlich Demokratische Union am Boden.

Ein radikaler Neuanfang ist in dieser Situation unumgänglich. Verkörpern soll diesen Aufbruch Armin Laschet. Am Samstag wird der 51-Jährige auf einem Parteitag in Krefeld zum neuen Landesvorsitzenden gewählt und tritt die Nachfolge des glücklosen Norbert Rötten an. Doch wie neu ist dieser Neuanfang tatsächlich?

Laschet selbst lässt keinen Zweifel daran, dass er für einen Neubeginn steht. „Ich bin erst seit 2010 in der Führung der Landespartei und saß zuvor nie im Landesvorstand. Das empfinden die meisten Menschen schon als sehr neu“, sagte er der Nachrichtenagentur dapd. Wahr ist aber auch, dass Laschet schon zwei vergebliche Versuche hinter sich hat, eine Führungsrolle in der NRW-CDU zu ergattern. Im Rennen um den Fraktionsvorsitz im Landtag unterlag er 2010 knapp dem früheren Arbeitsminister Karl-Josef Laumann. Die Kampfabstimmung um den Parteivorsitz verlor Laschet wenige Monate später in einer Mitgliederbefragung gegen Röttgen.

Im dritten Anlauf scheint es nun aber zu gelingen. Die volle Macht erhält Laschet dennoch nicht. Statt einer Bündelung der Spitzenämter von Partei und Fraktion wird es eine Doppelspitze geben. Laschet bekommt den Parteivorsitz und Laumann bleibt Fraktionschef. Noch kurz nach der Wahlniederlage hatte sich Laschet dafür ausgesprochen, beide Ämter auf eine Person zu vereinen. Angeblich auf Druck der Basis, die keinen Wettstreit haben wolle, einigte man sich auf die Zweiteilung. Laschet und Laumann werden sich also arrangieren müssen.

Inhaltlich will Laschet die NRW-CDU neu aufstellen. Den größten Handlungsbedarf sieht er im Bereich Wirtschaft. „Wir müssen unser wirtschaftspolitisches Profil wieder stärken – nicht nur in NRW, sondern auch auf Bundesebene“, sagt er. Das geplante Betreuungsgeld sieht er skeptisch und einer Wiedereinführung von Studiengebühren steht Laschet offen gegenüber. Auch den Konflikt mit der Bundes-CDU will er in Zukunft nicht scheuen.

Neue Gesichter im Landesvorstand

Ein wirklich personeller Neuanfang bahnt sich auf den Plätzen hinter Laschet an. Unter den sechs Bewerbern für die fünf Stellvertreterposten ist mit Sven Volmering nur ein Kandidat, der bislang auch im Landesvorstand saß. Neu dabei sind unter anderem der Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Steffen Kampeter, und der frühere Generalsekretär Hendrik Wüst. Dass das wirtschaftspolitische Profil der Partei gestärkt werden soll, zeigt sich auch daran, dass vier Bewerber der einflussreichen CDU-Mittelstandsvereinigung angehören.

An den Schaltstellen der Landesgeschäftsstelle installiert Laschet ebenfalls neue Gesichter. Generalsekretär Oliver Wittke, dem eine Mitschuld am völlig misslungenen Wahlkampf gegeben wird, muss seinen Platz für Bodo Löttgen räumen. Der Kommunalexperte ist an der Parteibasis gut vernetzt und soll den Kontakt mit den CDU-Anhängern verbessern. Um die Parteifinanzen soll sich die Kölnerin Andrea Verpoorten kümmern. Angesichts eines millionenschweren Defizits des Landesverbandes ist das Amt der Schatzmeisterin keine leichte Aufgabe.

Spannend wird am Samstag in Krefeld, mit welchem Ergebnis die Delegierten Laschet zum neuen Parteivorsitzenden wählen. In den Kreisverbänden ist nicht jedes Mitglied glücklich über die Lösung, die in kleiner Runde gefunden wurde. Gegenstimmen wird der 51-Jährige sicherlich bekommen. In den kommenden Wochen und Monaten wird Laschet dann liefern müssen. Denn spätestens zur Bundestagswahl im kommenden Jahr muss die CDU laut Laschet wieder auf Erfolgskurs sein.

Autor: Christian Wolf, dapd | Foto: Patrick Sinkel, dapd
Foto: Laschet und Laumann in Düsseldorf