In der romanischen Kirche St. Cäcilien hat das Museum Schnütgen seine Heimat gefunden. Foto: Eppinger

Köln Von 1970 bis 1990 war Professor Anton Legner Direktor des Kölner Schnütgen Museums. Mit seiner Arbeit hat der Kunsthistoriker Maßstäbe in der Kulturszene der Domstadt gesetzt. Mit großen Ausstellungen in der damaligen Kunsthalle hat Legner sein Haus national und international zu einer festen Größe in der europäischen Museumslandschaft gemacht.

Hunderttausende Menschen kamen dafür nach Köln. In den großen Schauen wie “Rhein und Maas” oder “Die Parler” zeigte Legner den Besuchern, dass das Mittelalter “strahlend” und nicht “finster” war. Mitten im “Kalten Krieg” knüpfte der Wahlkölner an europäische Traditionen an und schlug so neue Brücken nach Osteuropa.

Nun hat der 1928 im tschechischen Gmünd-Wielands geborene und in Prag aufgewachsene Experte für die christlich, mittelalterliche Kunst im Greven-Verlag seine Lebenserinnerungen veröffentlicht. Dort zeichnet er seinen Weg von der Moldau an den Rhein anhand von Kunstwerken und Ereignissen nach, die sein Leben nachhaltig geprägt haben.

Blick ins Museum Schnütgen, das Anton Legner von 1970 bis 1990 als Direktor leitete. Foto: Eppinger

Die ersten Kunstwerke, die Legner als Kind und Jugendlichen begeistert haben, finden sich wie das Prager Jesuskind in der Karamelitenkirche auf der Kleinseite oder die selige Maria Elekta auf dem Hradschin an der Moldau. Mit seiner Großmutter besuchte der kleine Anton regelmäßig die Schätze seiner Heimatstadt.

Dabei dachte er noch nicht an einer Karriere als Kunsthistoriker und Experte für diese Dinge. Vielmehr träumte Legner davon, später einmal Zirkusdirektor zu werden. Allerdings kommen durch die etwas ruppige Begegnung mit einem Schimpansen beim Circus Krone erste Zweifel auf. Nach den Plänen seiner Großmutter sollte ihr Anton als Pfarrer Karriere machen. Doch der war eher von den Satansdarstellungen im Mittelalter interessiert. So holte Legner später die “Teufelsbibel”, den Codex Gigas”, für die Schnütgen-Ausstellung “Ornamenta Ecclesiae” von Stockholm nach Köln.

In der NS-Zeit kommt Legner als 16-jähriger Soldat nach Weimar und an die Saale. Als Kriegsgefangener führt ihn sein Weg nach Heidesheim, wo er erstmals dem Rhein begegnet. In Mühldorf am Inn lernt er seine spätere Frau Rosa kennen. Dort begeistern den jungen Legner in der Pfarrkirche St. Nikolaus die Fresken und die große Kristallkugel mit dem Bildnis der Stadt.

Studium in Passau, Regensburg und Freiburg

Dort durfte er später das Heimatmuseum neu gestalten. In dieser ersten Museumsstation interessiert sich Legner für das Heiltumbuch des Degenhart Pfäffinger – seine erste intensive Begegnung mit der Kulturgeschichte der Reliquienverehrung, die sich später in Köln weiter fortsetzen wird.

Seine ersten Stationen als Student sind Passau und Regensburg, bevor er seinen Lebensmittelpunkt nach Freiburg verlegt, wo Legner später auch promoviert. Sein Rosa heiratet er im dortigen Münster vor dem Altar mit den von Hans Baldung bemalten Tafeln. Im Augustinermuseum folgt sein Volontariat. Begeistert ist Legner dort vor allem von einem neu erworbenen Bergkristallpokal.

Sein nächstes Lebensjahrzehnt verbringt der Kunsthistoriker als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Frankfurter Liebieghaus, wo sich für Legner bei den Exponaten des Hauses Antike und Christentum in Kultur und Kunst verbanden. Eine Erfahrung, die später seine Arbeit im Museum Schnütgen prägen sollte. Das galt auch für die Muttergottes mit dem Bergkristall, ein Thema, mit dem sich der Experte am Rhein noch intensiv auseinandersetzen wird.

Kurt Hackenberg holt Legner nach Köln

Nach Köln geholt wurde Legner vom damaligen Kulturdezernenten Kurt Hackenberg. Dort löste er 1970 seinen Vorgänger Hermann Schnitzler im Schnütgen Museum ab. In der Domstadt wird der Experte von Orten wie der Goldenen Kammer in Sankt Ursula in den Bann gezogen. Die Welt der Kölner Reliquienkultur war Legner bereits sehr vertraut.

Im Museum gibt es auch Begegnungen mit der zeitgenössischen Kunst – so brachte 1980 der “Sprayer von Zürich”, Harald Naegeli sein Skelett am Westportal von St. Cäcilien. Das “Tödlein” schätzte Legner, da er dieses mit dem mittelalterlichen Totentanz in Verbindung bringen konnte.

Das Museum selbst erfährt unter ihm eine neue Blüte: Es wird in den 70er Jahren neugestaltet, Neuerwerbungen bereichern seine Sammlung, alte Schätze wie das große Bergkristallkreuz erstrahlen in neuem Glanz und die großen Ausstellungen sorgen für Aufmerksamkeit.

Das Cover des Buches. Foto: Greven-Verlag

So zog 1972 die Schau “Rhein und Maas” 370.000 Menschen nach Köln und später nach Brüssel. Unvergesslich bleibt dem damaligen Museumsdirektor die Versammlung der Reliquienschreine in seinem Haus. Für die Ausstellung “Monumenta Annonis” holte der sterblichen Überreste des Erzbischofs Anno II. nach 900 Jahren zurück nach Köln. Nicht alle Leihgaben bekommt das Museum aber so reibungslos, wie sich bei der Schau “Die Parler und der Schöne Stil” zeigen wird. Auch hier kommen trotz aller Probleme später Hunderttausende Besucher in die Kölner Kunsthalle.

Im Buch begegnet der Leser so einem ungewöhnlichen Menschen, der nicht nur als legendärer Direktor des Museums Schnütgen bekannt wurde. Auch als Autor begeistert Legner – wie zuletzt bei seinem opulenten Bildband “Faszination Bergkristall”. In seinen Lebenserinnerungen begegnet er dem Leser zudem als Reisender, die sich mit seiner Frau in ganz Europa auf die Spur von Heiligen und ihren Heiligtümern begeben hat.

Anton Legner: Von Prag nach Köln – Bilderbuch der Erinnerungen, Greven-Verlag, 128 Seiten, 22 Euro