Köln, 25.01.2006, 10:00 Uhr > Das Wallraf-Richartz-Museum – Fondation Corboud und der Museumsdienst Köln haben kurzfristig eine Ausstellung erarbeitet, die anhand von 27 Gemälden, einigen Skulpturen, mehreren Werken auf Papier und zahlreichen Fotografien Wandel und Kontinuität der Familie und ihrer Darstellung vom 15. Jahrhundert bis in die Gegenwart thematisiert. Vom 28. Januar bis 26. März 2006 sind Werke aus eigenem Bestand und zahlreiche Leihgaben von acht anderen Kölner Museen und Instituten zu sehen. Die Schau unter dem Titel „Mit Kind und Kegel – Familienbilder vom Mittelalter bis zur Gegenwart“ bezieht auch außereuropäische Perspektiven ein. Sie will damit die Fokussierung des Familienbegriffs auf die Klein- oder Kernfamilie mit festgelegten Rollen ihrer Mitglieder als Entwicklung des Bürgertums der westlichen Welt seit dem 19. Jahrhundert deutlich machen.

Feinmaler Jacob Toorenvliet angekauft

Anlass für die Ausstellung ist der Erwerb eines großformatigen Familienportraits des Leidener Feinmalers Jacob Toorenvliet (1640-1719). Der Ankauf gelang dem Wallraf-Richartz-Museum – Fondation Corboud im vergangenen Jahr mit Mitteln des Kuratoriums Wallraf-Richartz-Museum und Museum Ludwig e.V. Das 1687 ausgeführte Gemälde zeigt die Familie des Advokaten Dirck Toorenvliet, Bruder des Malers. Das repräsentative Bild gilt als Hauptwerk der Portraitmalerei des Künstlers und gibt mit seiner raffinierten Symbolik Einblick in die Selbstdarstellung wohlhabender niederländischer Bürger am Ende des Goldenen Zeitalters.

Realisierung

Das Wallraf-Richartz-Museum hat die Ausstellung gemeinsam mit dem Museumsdienst Köln realisiert, der mittlerweile auf 40 Jahre Vermittlungsarbeit in den Kölner Museen zurückblicken kann. Die Leihgaben aus den Schausammlungen sowie sonst nicht gezeigte Werke aus Depot- und Kabinettbeständen kommen aus dem Museum Ludwig, der Kunst- und Museumsbibliothek, dem Kölnischen Stadtmuseum, dem Rautenstrauch-Joest-Museum, dem Museum für Ostasiatische Kunst, dem Museum Schnütgen sowie nicht zuletzt aus dem Käthe-Kollwitz-Museum und der Photographischen Sammlung der SK-Stiftung Kultur. Aktuelle Akzente setzen die von Herlinde Koelbl, Uwe Ommer und Corinna Schnitt zur Verfügung gestellten Foto- und Videoarbeiten.

Die Ausstellung folgt in ihrer Präsentation nur zum Teil dem zeitlichen Ablauf und konfrontiert den Betrachter stellenweise mit überraschenden, gattungs- und epochenübergreifenden Gegenüberstellungen. Wie zeigten sich die Familien in der Vergangenheit, wie wollten sie gesehen werden, wie zeigen sie sich heute? In Werken von Jan Mytens, Cornelis de Vos, Gottfried von Wedig, Simon Meister, Thomas Struth, Pablo Picasso, Honoré Daumier, Käthe Kollwitz, Henry Moore, August Sander, Herlinde Koelbl, Corinna Schnitt, Eduard von Bendemann und vielen anderen erscheint das Familienbild in den unterschiedlichsten Facetten: Als Mittel repräsentativer Selbstdarstellung meist wohlhabender Gesellschaftsschichten, als Illustration einer gesellschaftlich festgelegten Rollenverteilung, als Dokumentation sozialer Befindlichkeit, als globale Erscheinungsform menschlicher Existenz oder auch als Sinnbild religiöser Zusammenhänge.

Familie im gesellschaftlichen Wandel

Die Vorstellung von „Familie“ unterliegt einem gesellschaftlichen und kulturellen Wandel, der sich an Werken der Malerei, Graphik, Photographie und Skulptur veranschaulichen lässt. Die historischen Werke zeigen traditionelle Auffassungen von Kindheit und Familie, von Verhaltensnormen, Werten und geschlechtsspezifischen Rollenkonzepten. Außereuropäische Familiendarstellungen zum Beispiel aus Japan, China oder Afrika fordern zum Vergleich auf. Das Familienbild als Thema der modernen und zeitgenössischen Kunst und Photographie zeigt Veränderungen, Brüche, aber auch das Festhalten an bestimmten Darstellungsmustern und führt den Betrachter an die Grenzen seiner eigenen Wahrnehmungsfähigkeit.

Jüngsten Studien zufolge ist die Familie in der westlichen Welt – unabhängig von der jeweiligen Lebensform – immer noch das wichtigste Bezugssystem für Kinder und Jugendliche. Die Ausstellung lädt Besucher, insbesondere Familien und Schulklassen ein, ihre eigenen Vorstellungen und Erfahrungen von Familie aktiv mit den Exponaten zu vergleichen. In einem „Photostudio“ können zu bestimmten Terminen auch eigene Familienbilder angefertigt werden.

Infos:
Zur Ausstellung ist an der Museumskasse ein bebilderter Begleiter zum Preis von einem Euro sowie ein Arbeitsheft für Kinder und Schüler zum Preis von 50 Cent erhältlich.

Am Sonntag, 29. Januar 2006, veranstalten das Wallraf-Richartz-Museum – Fondation Corboud und der Museumsdienst Köln von 11 bis 18 Uhr einen „Familientag“ mit besonderem Rahmenprogramm. Der Eintritt für Sonderausstellung und Ständige Sammlung ist ebenso wie die Teilnahme an allen Veranstaltungen an diesem Tag frei!

Während der Laufzeit der Ausstellung bietet der Museumsdienst Familienführungen (sonntags um 15 Uhr), einen Phototermin für Familien (sonntags um 16 Uhr) und zwei Familienwerkstätten (18. und 25. März 2006) an. Für Schüler gibt es ebenfalls Führungen und Werkstätten zu zwei Themen, für Lehrer eine Fortbildung und Informationsmaterialien zum Download (www.museenkoeln.de/museumsdienst). Sie setzen sich mit den verschiedenen Darstellungsmustern von Familie in der Kunst auseinander und stellen interessante Praxisideen für Schüler vor.

Weitere Auskünfte beim Museumsdienst Köln, Dr. Chantal Eschenfelder, Telefon (0221) 221-24034, und Karin Rottmann, Telefon (0221) 221-25496, E-Mail: museumsdienstkoeln@netcologne.de

Öffnungszeiten: dienstags 10-20 Uhr, mittwochs bis freitags 10-18 Uhr, samstags und sonntags 11-18 Uhr, montags geschlossen und an Karneval vom 23. bis 28. Februar 2006 geschlossen. Eintrittspreis: 5,80, ermäßigt 3,30 Euro, Familienkarte (für ein bis zwei Erwachsene und beliebig viele Kinder bis zu 16 Jahren): zehn Euro.

Björn Troll für report-K.de / Kölns Internetzeitung
Quelle: Stadt Köln