Seit Dienstag wird die Aula 1 im Hauptgebäude der Universität zu Köln von Studenten Tag und Nacht besetzt. Es ist eine Protestaktion gegen die Bildungsreformen die eingeführt wurden: Studiengebühren, Master/Bachelor Kurse, mehr Leistungsdruck sind die Hauptthemen. 

Die Studenten wollen damit eine gesellschaftspolitische Diskussion anregen, so Vera, und wollen jedem eine Stimme geben. Aus diesem Grund haben sie die Forderung des Rektors abgelehnt, einen Vertreter zu wählen. Heute Morgen, stellte der Rektor den Studenten ein Ultimatum um in einen anderen, weniger benutzten, Hörsaal umzuziehen. Diese Forderung wurde von den Studenten abgelehnt, die Studenten wollen solange in der Aula bleiben bis diese geräumt wird.  

Die Stimmung in der Aula war heute gelassen und locker. Keine wilden Parties werden dort gefeiert, aber eine ernste und revolutionäre Stimmung herrschte auch nicht. Die Kampagne soll keine elitäre Aktion von Überzeugten sein, sondern allen Studenten eine Stimme geben um ihre Meinung über die Bildungspolitik zu artikulieren und jeden einbeziehen. Studenten können in der Aula 24 Stunden am Tag bleiben wenn sie wollen, oder sie können auch nur während ihre Kaffeepause reinschauen. Essen gibt es reichlich, dafür wurde im Voraus gesorgt.

Studenten saßen in Gruppen und redeten miteinander, oder lernten alleine und schrieben Arbeiten auf ihren Laptops. Zwischen 2.000 und 3.000 Studenten sollen bisher an dieser Protestaktion, so Kristine, mitgemacht haben. Letzte Nacht übernachteten etwa 60 Studenten in der Aula. Die Schlafsäcke die in der Aula herumliegen, zeigen den Willen von manchen Studenten die Aktion fortzusetzen. Eine Studentin schlief heute morgen ausgestreckt auf Sitzen der Aula, wahrscheinlich erschöpft von der gestrigen Übernachtung im Hörsaal.

Das Rektorat der Universität soll mittlerweile die Räumung der Aula beantragt haben und die Polizei mit den Studenten verhandeln.

Aktualisiert 15:45 Uhr >
Studenten: "Wir lassen uns nicht einlullen"
"Das Rektorat der Uni Köln hat sich in den Auseinandersetzungen der letzten Jahre als rechte Hand der neoliberalen Landesregierung begriffen und zum Beispiel Studiengebühren und Demokratieabbau vorangetrieben", so die Studenten in der Aula und weiter "Heute Morgen um 8 Uhr bestätigte sich wieder einmal dieses Bild. Unsere Forderungen wurden ignoriert, eine konstruktive Diskussion auf Augenhöhe war leider unmöglich, da  Prorektor Krieg den Raum sofort wieder verließ. Stattdessen wird uns mit einer Räumung durch die Polizei noch an diesem Tage gedroht. Daher besetzen wir – Studierende, SchülerInnen und Auszubildende – weiterhin die Aula 1 und lassen uns nicht in einen kleinen Hörsaal im Keller abschieben. Wir stehen mit unseren Forderungen nicht allein: bundesweit sind zurzeit in über 50 Städten Bildungseinrichtungen besetzt, mittlerweile auch an der FH Köln.  Auch Dozierende solidarisieren sich mit uns und verlegen ihre Veranstaltungen in die besetzte Aula. Wir ermutigen alle, sich am Kampf für ein gerechtes Bildungssystem zu beteiligen. Bildung ist ein Menschenrecht – auch in der BRD!"

Aktualisiert 18:38 Uhr
Offener Brief der Studierenden an das Rektorat
Um 16 Uhr fand in der Aula I ein Plenum statt. Jetzt wenden die Studenten sich mit einem offenen Brief an den Rektor, bzw. die Unileitung. Denn der Rektor weilt derweil in Wuhan, China. Report-k.de veröffentlicht den offenen Brief der Kölner Studierenden im Wortlaut:

"Sehr geehrter Herr Rektor Freimuth, sehr geehrte Damen und Herren Prorektoren,
mit diesem Brief wenden wir uns im Sinne aller SchülerInnen, Studierenden und Auszubildenden an Sie, um an unsere Gespräche im Verlauf der vergangenen Tage anzuknüpfen und den Dialog mit Ihnen weiter auszubauen. Wir möchten Ihnen die Beweggründe, Forderungen und Ziele, auf denen unsere Bewegung basiert, noch einmal verdeutlichen; wir bitten um Ihre Kooperation und fordern Sie dazu auf, sich an einem offenen und konstruktiven Gespräch mit uns zu beteiligen. Solange Repressionen oder Räumungsdrohungen im Raum stehen, kann ein solches Gespräch nicht stattfinden.
Zunächst möchten wir Ihnen mitteilen, dass wir nicht dazu bereit sind, uns alternativ zur Aula 1 mit einem kleineren Raum zufrieden zu geben. Der besetzte Raum hat für uns sowohl einen symbolischen Wert als auch einen praktischen Nutzen: Seine zentrale und repräsentative Lage und seine Größe, die die Unterbringung aller Protestierenden gewährleisten kann, macht ihn für uns zu einem idealen Ort, um auf die Missstände, die wir im derzeitigen Bildungssystem sehen, aufmerksam zu machen.
Dennoch sind wir weiterhin an einem Dialog mit der Hochschulleitung interessiert. In diesem Sinne bitten wir Sie, Ihren Standpunkt, den Sie in den vergangenen Tagen lediglich ansatzweise umrissen haben, zu konkretisieren und sich explizit zu den Forderungen unserer Bewegung zu äußern.
Als konkrete Handlungsmöglichkeiten nennen wir Ihnen folgende Forderungen, die die Universität zu Köln direkt umsetzen kann:
– Abschaffung jeglicher Studiengebühren
– Einrichtung einer paritätisch besetzten Kommission zur Revision der Bachelor- und Masterstudiengänge; mit dem Ziel einer Entschulung des Studiums
– Viertelparität in allen Gremien der Universität
– Abschaffung der Anwesenheitspflicht
– (Selbst-)Auflösung des Hochschulrats
– Hochschulzugang auch für Menschen ohne allgemeine Hochschulreife (z.B. Fachabiturienten, Menschen mit abgeschlossener Berufsausbildung)
– Einführung von Teilzeitstudiengängen (zur Ermöglichung von gleichzeitigem Arbeiten und Studieren)
– eine Vollversammlung am Dienstag, dem 24.11.09, für die allen Studierenden freigegeben werden soll
Dieser Forderungskatalog ist noch unvollständig und wird nach weiterer Arbeit im Plenum der besetzten Aula 1 vervollständigt.

Wir fordern Sie auf hierzu schriftlich Stellung zu nehmen und uns ihre Ergebnisse (im Plenum der besetzten Aula) vorzustellen.

Darüber hinaus fordern wir Sie dazu auf, eine tatsächliche und unmittelbare Auseinandersetzung von Dozierenden und Studierenden über hochschulpolitische Themen zu befördern.

Das übergeordnete Ziel, dass wir mit diesen Forderungen verfolgen, ist eine für alle zugängliche Lehre, die sich an der Bildung kritisch denkender, verantwortungsbewusster und demokratiefähiger Menschen orientiert.
Wir erwarten Ihre baldige Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
die Studierenden der Vollversammlung
der Universität zu Köln"

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Fiona Schneider für Report-k.de/Kölns Internetzeitung