Banner doch keine "Lochner-Fahne"?
Äußerst vorsichtig platzierten die beiden Restauratorinnen heute winzige Kleber-Kleckse unter losgelöstem Gewebe. Danach verflüssigten sie den Kleber durch Silikonpapier hindurch, um die Stelle wieder haltbarer zu machen. Millimeter für Millimeter restaurieren sie so das mehrer hundert Jahre alte Stadtbanner Kölns. Auch wenn zahlreiche Gewebeteilchen allmählich aufzulösen drohen, ist das Banner insgesamt noch überraschend gut erhalten. Deutlich sind über einem rankenverzierten Ornamentfeld noch die drei Kronen als Symbole für die Heiligen Drei Könige erkennbar. Das liegt, so erklärte heute Dr. Dagmar Täube, kommissarische Direktorin des Museum Schnütgen, an der großen Bedeutung des Banners. Denn das Banner hatte eine sakrale Bedeutung für die damaligen Bürger. Auch nachdem es ausgedient hatte, wurde es nicht vernichtet. Ganz im Gegenteil – so wurde das Banner in einer robusten Holzkiste aufbewahrt. Der Ort blieb unbekannt. Nur vier von insgesamt 22 Bannerherren besaßen einen Schlüssel zu der Kiste.

Die drei Kronen, die noch heute das Stadtwappen zieren, bildeten sich etwa  ab dem 14. Jahrhundert als Stadtwappen heraus. Bei Aufständen sollten "alle wehrfähigen, in den Gaffeln organisierten Bürger unter dem Banner als Schutz für die Stadt zusammentreten", so besagen es die Verfügungen im Verbundbrief, der Kölner Stadtverfassung von 1396. Lange gingen Forscher davon aus, dass das Stadtbanner in der Werkstatt von dem Kölner Stefan Lochner entstand, weswegen es auch als "Lochner-Fahne" bezeichnet wurde. Lochner führte mehrere Dekorationen für Herrscher im 15. Jahrhundert aus. Das Banner wurde 1993 auch während der Lochner-Ausstellung gezeigt. Wie Täube heute berichtete, zweifeln dies neuere Forschungen jedoch an.


Winzige Kleber-Kleckse werden unter gelöste Gewebe-Fasern geschoben, um sie wieder haltbar zu machen


Erstmals wieder zu sehen
Viele Jahrzehnte lagerte das Banner nun im Kölnischen Stadtmuseum. Anlässlich der Ausstellung "Glanz und Größe des Mittelalters" wurde es nun von dem Museum Schnütgen ausgeliehen. Bevor es ab dem 4. November in der Jubiläums-Schau im Museum Schnütgen zu sehen sein wird, wird es nun von den Restauratoren gereinigt und vorsichtig ausgebessert. Konnte das Banner 1993 in der Lochner-Schau noch hängend ausgestellt werden, wird es in diesem Herbst nun liegend präsentiert. Inzwischen ist das Gewebe zu fragil und brüchig, als dass man es hängen könnte. Gezeigt werden darf es daher nur noch unter ganz bestimmten Rahmenbedingungen. So sollte möglichst wenig Licht auf das Banner fallen und die Temperatur sollte möglichst unverändert bei 18 Grad Celsius liegen.

Schnütgen zeigt Meisterwerke aus der Blütezeit
Die Ausstellung "Glanz und Größe des Mittelalters" widmet sich im Museum Schnütgen den herausragenden Kunstproduktionen Kölns im Mittelalter. Gezeigt werden rund 200 Meisterwerke. Sie alle wurden in Köln erschaffen, sind inzwischen jedoch über die ganze Welt verstreut. Zur Sonderausstellung kehren sie nun aus Paris, London, neu York, Washington und vielen anderen Weltstädten in ihre Heimat zurück. Viele der Stücke waren seit Jahrhunderten nicht mehr in der Domstadt selbst zu sehen. Sie zeigen die Kunst der Buchbinder, Goldschmiede und von weiteren Handwerkern aus Kölns Blütezeit von 1000 bis 1550. Damals war Köln eine der größten Städte in Europa.

Glanz und Größe des Mittelalters
Kölner Meisterwerke aus den großen Sammlungen der Welt
4. November 2011 bis 26. Februar 2012
Museum Schnütgen
Cäcilienstr. 29-33
50667 Köln

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