290 ungültige Stimmzettel aufgrund der Wahlpannen
Die Wahlpanne im Stimmbezirk Köln I hatte im Vorfeld der Bundestagswahl 2009 für viel Aufsehen gesorgt. Das vorläufige Endergebnis der Wahl benennt Martin Dörmann, SPD, mit einem Vorsprung von 1.700 Stimmen zum Wahlsieger. Das städtische Wahlamt gab heute bekannt, dass in diesem Stimmbezirk insgesamt 290 Stimmzettel aufgrund der Wahlpannen ungültig erklärt werden mussten. Außerdem hätten über 600 Bürger, die Briefwahlunterlagen beantragt hatten, diese nicht an die Stadt zurückgesandt und so nicht an der Wahl teilgenommen. Wahlleiter und Stadtdirektor Guido Kahlen habe diese Zahlen noch in der Nacht dem Landeswahlamt mitgeteilt. Dort habe man verkündet, dass eine Ungültigkeit des Ergebnisses nicht anzunehmen sei.

Köln als Spiegel der Republik
Die Wahlergebnisse aus Köln sind weitestgehend ähnlich zu denen der Bundesrepublik. So hat die Wahlbeteiligung in Köln mit 70,5 Prozent ebenso wie im Bundesgebiet (70,8 Prozent) einen neuen Tiefststand erreicht. Auch in absoluten Zahlen hat die Wahlbeteiligung in Köln abgenommen. 496.000 Kölner haben gestern ihre Stimme abgegeben. Das sind 26.800 weniger als bei der Bundestagswahl 2005, obwohl es in diesem Jahr sogar 17.000 Wahlberechtigte mehr als 2005 gab. Die Verluste der CDU in Köln (- 04, Prozent) sind nur geringfügig von dem Ergebnis der Bundes-CDU (- 0,5 Prozent) verschieden. Und auch die Kölner SPD musste gestern einen Stimmenverlust von 12,4 Prozent hinnehmen und lag damit sogar noch über dem Verlust der Bundes-SPD (- 11,2 Prozent). Ebenso wie auf Bundesebene (+ 7,7 Prozent) konnte dagegen die FDP in Köln (+ 4,1 Prozent) den größten Zuwachs aller Parteien aufweisen. Auch die Linke und Bündnis 90/ Die Grünen gewinnen in Köln wie auf Bundesebene jeweils rund drei Prozent dazu.

Jeder Dritte Kölner hat seine Stimmen „gesplittet“
Knapp 150.000 Kölner haben ihre Erst- und Zweitstimme jeweils einer anderen Partei oder einem anderen Kandidaten gegeben. Während SPD und CDU mehr Erst- als Zweitstimmen erhielten, konnten FDP, die Grünen mehr Zweit- als Erststimmen verbuchen. Das liegt auch daran, dass die FDP und die Grünen kurz vor der Wahl für diese Stimmensplitting geworben hatten. Auffällig ist jedoch, dass der Unterschied zwischen Erst- und Zweitstimme bei den Grünen bei der Bundestagswahl 2005 noch sehr viel deutlicher ausfiel. Die Wahlexperten der Stadt bewerten die nun vorliegenden Ergebnisse so: Traditionelle SPD-Wähler haben ihre Zweitstimme den Grünen und traditionelle CDU-Wähler der FDP gegeben. Möglich ist jedoch auch eine umgekehrte Deutung: FDP-Wähler haben ihre Erststimme dem CDU-Kandidaten und Grünen-Wähler ihre Erststimme dem SPD-Kandidaten gegeben. Dagegen haben Wähler der Linken ihre Stimmabgabe nur selten gesplittet.

SPD konnte ihre Anhänger nicht mobilisieren
Die SPD konnte laut der städtischen Wahlexperten nur rund 64 Prozent ihrer Anhänger zur Wahl bewegen. Damit schöpft die Partei ihr Potential deutlich schwächer aus als die CDU, die etwa 93 Prozent ihrer Anhänger zur Abstimmung mobilisieren konnte. Ermittelt wurden diese Werte, indem die aktuellen Parteienstimmen in Bezug zu den Parteienstimmen von 2005 gesetzt wurden. Während die großen Parteien viele Wähler an die Gruppe der Nichtwähler verloren haben, konnten die Grünen gestern alle Anhänger zur Stimmabgabe motivieren. Außerdem gelang es der Partei weitere Wähler hinzuzugewinnen. Der Mobilisierungsgrad der Grünen lag gestern bei 114 Prozent und damit noch hinter dem der FDP (128 Prozent). Und auch die Linke konnte ihr Anhängerpotential 2009 deutlich ausbauen.

Wählerwanderung: Die Verlierer heißen SPD und CDU
Die Kölner SPD hat in absoluten Zahlen 72.300 Wähler verloren, die CDU 10.100 Wähler. Die Gewinner der Wahl sind die „kleinen“ Parteien. So haben die FDP die beindruckende Zahl von 16.800 Wählern hinzugewinnen können, die Grünen 10.800 und die Linke 14.400 Wähler. Sonstige Parteien haben insgesamt 10.900 Wähler für sich gewinnen können.

Die SPD hat vor allem ihre Stimmen an die Gruppe der Nichtwähler verloren (36.400) sowie an die Linke (11.900) und an die Grünen (8.500). Von den Erstwählern konnte die SPD immerhin 4.100 Wähler für sich gewinnen – und damit so viele wie keine andere Partei in Köln. Die CDU hat ebenfalls viele Stimmen an die Nichtwähler abgegeben (8.400). Außerdem gab man 7.800 Stimmen an die FDP ab. Die Grünen gewannen von der SPD 8.500 Wähler, verloren jedoch 1.200 Wähler an die FDP. Diese hat neben Stimmen von den Grünen insbesondere Stimmen von der CDU und 5.100 Stimmen von der SPD dazu erhalten. Als einzige Partei Kölns hat die FDP in keinem Bereich Stimmen abgegeben. Die Linke profitierte vor allem von der SPD und den Nichtwählern. Dort konnte sie 3.600 neue Stimmen für sich gewinnen.

Die Wahlanalyse nach Strukturdaten
Die Wahlforscher der Stadt Köln haben Stimmbezirke ausgewählt bei denen bestimmte Strukturdaten weit über, oder weit unter dem Durchschnitt lagen und haben dort die Ergebnisse der Parteien ermittelt und dem Gesamtergebnis in der Stadt gegenübergestellt, beziehungsweise festgestellt, in welchen Gebieten die Parteien besonders gut abgeschnitten hatten. So gewinnt etwa die SPD vor allem in den Stimmbezirken stark, in denen viele SBGII-Empfänger, Alleinerziehende sowie wenige Gymnasialschüler leben. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Linken. Sie gewinnen ihre Wähler vor allem in Gebieten, in denen viele Einwohner einen Migrationshintergrund aufweisen oder ihre persönliche wirtschaftliche Lage als sehr schlecht beurteilen. Dagegen punktet die CDU bei Senioren, Katholiken sowie bei Haushalten, in denen das Nettoeinkommen über 4.500 Euro liegt. In den Bezirken der FDP leben besonders viele Gymnasialschüler sowie Bestverdienende. Dagegen gewinnen die Grünen vor allem dort, wo Hochschulabsolventen leben und Einpersonen-Haushalte angesiedelt sind. Das sind nun nicht wirklich überraschende Ergebnisse, aber sie dokumentieren und belegen das Wählerverhalten.

Cornelia Schlößer für report-k.de/ Kölns Internetzeitung