Geht es nach der "Initiative Deutz" soll es auf der Deutzer Freiheit bald wieder so aussehen. Das Archivbild zeigt die Deutzer Freiheit am 14. März 2021. | Foto: Bopp

Köln | Am 1. Dezember wird die Bezirksvertretung Innenstadt über mehrere Bürgereingaben entscheiden. Es geht um die Deutzer Freiheit und den Verkehrsversuch. Die Deutzer Freiheit ist aktuell für den Autoverkehr gesperrt. Während die einen darüber jubeln und die Autofreiheit in den höchsten Tönen loben, fordern die anderen einen sofortigen Abbruch des Verkehrsversuchs. Es tobt der Deutzer Freiheitskampf.

Das sagt die Stadtverwaltung

Die Stadtverwaltung hat eine Vorlage für die Bezirksvertretung erarbeitet. Darin empfiehlt sie der Bezirksvertretung Innenstadt eine Umfrage abzuwarten und Fachgespräche durchzuführen. Zudem sollen Maßnahmen zur Nachsteuerung entwickelt werden. Im Frühjahr 2023 soll eine weitere Umfrage durchgeführt werden. Im Juni soll dann über den Verkehrsversuch entschieden werden.

Der Verkehrsversuch wurde von der Bezirksvertretung Innenstadt fast genau vor einem Jahr am 2. Dezember 2021 entschieden. Der Verkehrsversuch sollte 12 Monate dauern. Es sollte in allen Jahreszeiten die Effekte geprüft werden. Der Beschluss wurde gefasst ohne vorherige intesive Befragung der Anwohner:innen oder der Geschäftsleute. Dies ist auch immer wieder ein massiver Kritikpunkt bisher gewesen. Gleichwohl schreibt die Verwaltung, dass der Verkehrsversuch qualitativ und quantitativ evaluiert werden soll, etwa die Verlagerung von Verkehren durch die Sperrung. Daher zählt die Stadt die Verkehre auf der Deutzer Freiheit und in den Nebenstraßen. Zudem sollen mit Videoaufzeichnungen auf der Deutzer Freiheit Konfliktsituationen zwischen den einzelnen Verkehrsteilnehmer:innen erfasst und später ausgewertet werden. Am Ende soll mit geeigneten Methoden etwa Befragungen das Meinungsbild von Anwohner:innen, Gewerbetreibenden und Besucher:innen erfasst werden.

Das Amt für nachhaltige Mobilitätsentwicklung gibt in seiner Begründung die Umfrage der Initiative Deutz der Bürgereingabe an. Der hatte 14 Geschäftstreibende selbst befragt und diese gaben Umsatzeinbußen an.

Mittlerweile allerdings liegt auch eine Umfrage unter den Gewerbetreibenden der Deutzer Freiheit der Industrie- und Handelskammer Köln (IHK Köln) vor. Diese Umfrage hat eine deutlich höhere Teilnehmerzahl. Als die Stadtverwaltung ihre Vorlage schrieb sollen diese Ergebnisse noch nicht vorgelegen haben.

Die Stadtverwaltung befragte und will befragen

Im August und September befragte die Stadtverwaltung zu den Stadtterrassen und dem Verkehrsversuch. Im Frühjahr 2023 soll eine weitere Befragung dann ausführlicher zum Verkehrsversuch stattfinden. Wie die Umfrage zustande kam ist allerdings nicht ganz klar, denn die Stadt schreibt von 2.700 Eingaben. Bei 2.000 dieser Eingaben sollen der Wohnort Deutz angegeben worden sein. Bei diesen Eingaben gaben rund 60 Prozent an, dass sich die Aufenthalts- und Lebensqualität durch den Verkehrsversuch verbesserte. 30 Prozent gaben verschlechtert an. Ob sich die Deutzer Freiheit als Einkaufsstraße verbessert habe bejahten 55 Prozent. 35 Prozent verneinten dies.

Die Stadtverwaltung stellt fest, dass sich aufgrund des Verkehrsversuchs Beschwerden häuften von Menschen die mobilitätseingeschränkt seien.

Bezirksbürgermeister Andreas Hupke hatte eine Bürger:innensprechstunde anberaumt. Die Stadtverwaltung will hier ein gemischtes Bild im Hinblick auf die Zustimmung zur Autofreiheit registriert haben. Jetzt will die Stadtverwaltung wieder die Stadtterrassen aufstellen lassen, die sie bei der ersten Befragung mit abfragte. Im November und Dezember sind Fachgespräche anberaumt. Bei den Auswirkungen auf den Klimaschutz kann die Stadtverwaltung keine konkreten Zahlen vorlegen.

Die Bürgereingaben

Die Initiative Deutz fordert den sofortigen Abbruch des Verkehrsversuches. Die IG Deutz beschwert sich massiv über die von Bezirksbürgermeister Hupke am 3. November einberufene Bürger:innensprechstunde von der die IG aus WhatsApp erfahren habe. Sie zeigt Unverständnis dafür, dass diese nicht erst dann stattfand, als die Ergebnisse der IHK-Umfrage vorlagen. Dem Bezirksbürgermeister sei diese Umfrage bereits am 1. September zur Kenntnis gebracht worden und auch wann mit den Ergebnissen zu rechnen sei. Damit fand diese Umfrage keine Berücksichtigung bei dem von Hupke anberaumten Termin. Die IG Deutz spricht davon, dass dies inakzeptabel sei.

Ein Rechtsanwalt, der zudem als Berufsbetreuer arbeitet, spricht davon, dass der Verkehrsversuch „Autofreie Deutzer Freiheit“ alte und gebrechliche Menschen diskriminiere. Der Anwalt stellt anhand eines Falles fest, dass so keine Soziale Teilhabe für Betroffene möglich sei. Zudem wirft der Anwalt einem der Initiatoren Ageism vor, da dieser in einem „WDR-Lokalzeit“ Beitrag sagte „dann haben die paar Rentner die vorm Rewe parken halt Pech“. Der Anwalt spricht von diskriminierendem Verhalten.

Es gibt aber auch eine positive Stimme eines älteren Ehepaares, die sich über den Verkehrsversuch auf der Deutzer Freiheit freuen und befürchten, dass die Autofreiheit wieder gekippt wird. Allerdings beklagen sie die Okkupation der ehemaligen Autofahrfläche durch Radfahrende und E-Roller-Nutzer:innen, die diese in eine Radschnellverbindung umfunktionierten. Sie fordern die Stadt auf Radfahrende explizit darauf hinzuweisen, dass Radler:innen in Fußgängerzonen sich rücksichtsvoll verhalten müssten.

Die Bezirksvertretung Innenstadt wird am 1. Dezember entscheiden, ob der Verkehrsversuch, wie es die Stadtverwaltung vorschlägt fortgesetzt wird oder eine andere Lösung gefunden werden muss.