Christopher Schorch fand in Bocholt seine Liebe. Foto: Schorch

Köln/Bocholt | Ein früherer FC-Profi auf neuen Wegen!

Christopher Schorch (33) war zu seiner Spielerzeit vom Verletzungspech verfolgt. Der frühere Junioren-Nationalspieler des DFB wurde durch Kreuzbandrisse von der großen Karriere abgehalten. Ausgerechnet zu einem Zeitpunkt (2010), als er sich mit konstant guten Leistungen als vielseitiger Haudegen mit Herz in der Bundesliga etabliert und ins Notizbuch der A-Elf verteidigt hatte.

Mit nur 33 Jahren beendete „Schorchi“ vor kurzem seine Karriere – doch er bleibt dem Fußball erhalten. Beim aufstrebenden Regionalligisten 1.FC Bocholt fungiert der gebürtige Hallenser, der bei den FC-Fans zu seiner Zeit am Geißbockheim (2009-2013) sehr beliebt war, als „Assistent des Präsidiums“.

Legendär: Schorch mit dem Anti-Leverkusen-Shirt im Februar 2010. Foto: Bopp

Christopher Schorch über seine Zeit beim 1.FC Köln

Wie das kam und was er nun vor hat, erzählt die Frohnatur im Gespräch mit report-K.

Herr Schorch, wie kam das jetzt mit Bocholt?

Schorch: Meine Partnerin ist zu Borussia Bocholt gewechselt, dadurch kam es so, dass ich mich im Bocholter Fußballumfeld umschaute. Dann hab ich den Präsidenten kennengelernt beim Spiel, wir haben gemerkt, dass es passt. Dann kam die Idee, dass ich die Umschulung machen musste, ich musste ja aufhören mit Fußball. Die dritthöchste Stelle im Verein darf ich nun bekleiden, das ist was besonderes. Es gibt viel zu tun. In Sachen Infrastruktur, Sponsoring, Jugendarbeit. Es macht riesig Spaß.

Berater oder Trainer ist also nix für Sie, eher Management?

Schorch: Sportmanager zu sein finde ich extrem spannend. Beratertum ist nicht so meins. Ich habe viele Berater kennengelernt, es gibt Licht und Schatten. Ich hab den Trainerschein, aber ich darf momentan kein Training führen. Wegen meiner Infusionen.

Christopher Schorch zeigt seine Handverletzung. Foto: Instagram Screenshot/Christopher Schorch

Christopher Schorch: Schmerzen und Tabletten begleiten ihn im Alltag

Bitte wie?

Schorch: Ich bekomm Ketamin-Infusionen, ich darf danach nicht allein sein. Dazu kriege ich hohe Tabletten, um die Schmerzen in den Griff zu kriegen. Bei einer OP bin ich wach geworden wegen der Schmerzen, es war ein Nerv eingenäht, man nennt das nun CPRS, woran ich leide, es ist ein schweres Nervenleiden. Ich kann keinen an die Hand anfassen, ich kann zwei Finger gar nicht mehr bewegen. Wahrscheinlich muss ich noch mal operiert werden. Umso schöner ist es, einen Verein zu haben, wo du Wertschätzung erfährst und eine tolle Aufgabe angehen kannst!

Sie mussten früh aufhören. Denken Sie noch oft an die Spielerzeit zurück?

Schorch: Natürlich werde ich immer gefragt. Wie das so war, wen ich noch kenne. Das ist ein Teil meiner Geschichte, darauf bin ich auch stolz. Ich wüsste gerne was möglich gewesen wäre, ich hab immer alles gegeben, Aufstiege gefeiert, im Pokalhalbfinale gestanden, es gab tolle Momente, die das Ganze schön machen, ich blicke mit einem Lächeln zurück. Das geb ich jedem hier von den jungen Leuten auch so weiter. Das vermittel ich gerne hier an die Jugend.

Der Draht nach Köln ist immer da, ich werde den FC immer im Herzen mit tragen.

Christopher Schorch

2010 waren Sie auf dem Sprung nach sehr weit oben. Dann verletzten Sie sich bei einem Junioren-Länderspiel gegen die Schweiz schwer. Hadern Sie manchmal damit?

Schorch: Letztendlich kann man das nicht so verdrängen. In diesem Spiel sollte ich ja zur Pause raus, aber der Trainer ließ mich auch in der zweiten Halbzeit weiterspielen. Wer weiß was passiert wäre, wenn man sich an die Absprache gehalten hätte? Aber ich bin gar nicht so weit, darüber nachzudenken. Es sollte halt so sein.

Haben Sie noch Kontakt nach Köln?

Schorch: Ich hab noch meine Freunde dort. Dann Kontakt zu Gudrun Latz, die ist die tollste Person am Geißbockheim. Ich verfolge alles, Bocholt ist ja nicht weit. Natürlich war ich auch zuletzt wieder mal im Stadion. Der Draht nach Köln ist immer da, ich werde den FC immer im Herzen mit tragen.

Sie waren Teil einer „krassen Mannschaft“, damals, oder? Eskapaden waren ja fast an der Tagesordnung.

Schorch: Maniche oder Nova, die beiden waren schon Legenden für mich. Wow, da dachte ich schon mal: Hammerhart.

Maniche (Mitte) und Milivoje Novakovic (r.) – zwei, die sich verstanden. Foto: Bopp

Ohne das weiter auszuführen: Was erzählen Sie für eine Anekdote heute am liebsten, wenn man Sie nach Ihrer Laufbahn fragt?

Schorch: Ich habe einen Vortrag über Raul in der Grundschule gehaltebn, als ich klein war. Und dann beim ersten Training in Madrid stand Raul bei Real auf dem Platz. Dementsprechend hat es mich stolz gemacht, dass er mich auch eingeladen hat zu seinem Abschiedsspiel auf Schalke. Unfassbarer Mensch, unfassbarer Spieler.

Was für Tipps geben Sie heute jungen Spielern?

Schorch: Niemals würde ich einen Weg vorgeben. Ich will, dass man sagt: Der geht damit vertraulich um. Die sollen aus Fehlern lernen. Man muss auch sagen, die heutige Generation ist nicht mehr meine Generation. Da muss man eine richtige Marschroute finden.

2010 traf Schorch auf seinen Kumpel Raul (damals Schalke). Foto: Bopp

Was meinen Sie konkret?

Schorch: Wir haben da was verloren, wir haben keine Mentalitätsspieler wie Antonio Rüdiger mehr, es werden immer weniger. Ich brauche keinen, der beleidigt, aber ich brauche einen, der, wie er Kommandos gibt, so eine Dominanz ausstrahlt.

Ein Martin Hinteregger, der schonungslos offen über Probleme der Spieler wie Alkohol spricht, steht z.B. also auch für eine gewisse Fußballromantik?

Schorch: Ich und Hinteregger hätten sicher Spaß gehabt, ich hab das auch geliebt, das Gemeinschaftliche. In unseren Mannschaften haben wir das noch gut durchgesetzt. Wir saßen in der Kabine, Stunden nach dem Spiel zusammen, auch als die Frau angerufen hat. Chinedu Ede meinte mal, es ist eine Plastikgesellschaft, aber letztendlich haben wir die Möglichkeit ein privilegiertes Leben zu führen, das ist eine Zeit, die man genießen sollte. In der man aber, wenn man nicht aufpasst und schlecht beraten ist oder alleingelassen wird, viele Fehler macht, gerade wenn man nicht mehr Nummer 1 ist oder verletzt.

Trainer Steffen Baumgart und Ex-FC-Profi Salih Özcan. Foto: Bopp

Steht FC-Trainer Baumgart daher für die gute, alte Zeit?

Schorch: Er ist für mich das Paradebeispiel, wie man aus Nichts alles machen kann. Er hat erzählt, er musste sich Geld leihen, um den Trainerschein zu machen. Das macht den Menschen sympathisch und den Trainer menschlich. So kommt er immer besser an, er schafft es die Mosaiksteinchen zusammen zu führen, denn er weiß: das Fundament ist unten. An der Spitze ist alles weich. Er macht es mit am besten, ich glaube, dass sie in Köln auch diese Jahr wieder eine gute Rolle spielen werden.

Die Fans verdienen es, ich hoffe Baumgart schafft es den FC zu etablieren, er denkt nicht nur kurz-,sondern langfristig. Er baut keine Mondbrücken. Seine ehrliche Arbeit ist der Schlüssel. Schauen Sie sich Salih Özcan an, der war weg vom Fenster, aber Baumgart wollte ihn behalten. Er war für ihn so wichtig wie damals van Gaal für Thomas Müller und Holger Badstuber. Es gibt Spieler, die haben die Chance ergriffen. Eben auch, weil sie den richtigen Trainer zur richtigen Zeit bekamen.

Was sind Ihre Ziele mit Bocholt?

Schorch: Ich hab eine Fünfjahresplan im Kopf, ich plane langfristig. Unser größtes Ziel ist frühzeitig der direkte Klassenerhalt in der Regionalliga, die U19 und U17 sollten die Quali für die höchste Liga schaffen.