13:15 Uhr > Merkel entschuldigt sich bei Angehörigen
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich auf einer zentralen Gedenkfeier bei den Angehörigen der Opfer der Neonazi-Mordserie entschuldigt. Die jahrelangen Ermittlungspannen "müssen für Sie, liebe Angehörige, ein nicht enden wollender Alptraum gewesen sein", so Merkel. Dafür bitte sie um Verzeihung. Dies könne niemand ungeschehen machen. Dennoch betonte die Regierungschefin: "Sie stehen nicht länger allein mit Ihrer Trauer, wir fühlen mit Ihnen, wir trauern mit Ihnen." Gleichzeitig versprach sie alles dafür zu tun, die Mordserie vollständig aufzuklären. Merkel bezeichnete die Anschläge als "eine Schande für unser Land." Auf der Gedenkveranstaltung im Konzerthaus am Berliner Gendarmenmarkt sprachen auch zwei Töchter von Ermordeten zu den rund 1.200 Gästen. Für 12:00 Uhr hatten Arbeitgeber und Gewerkschaften zu einer Schweigeminute aufgerufen. In Berlin und Hamburg stand der öffentliche Nahverkehr am Mittag für eine Minute still. Und auch am Flughafen Köln/ Bonn ist in den Terminals und auf den Vorfeldern um 12 Uhr eine Schweigeminute eingelegt worden.

09:30 Uhr > Heute um 12 Uhr: Bundesweite Schweigeminute
In einem Staatsakt im Konzerthaus am Gendarmenmarkt in Berlin wird heute an die Opfer der Neonazi-Mordserie gedacht. An der Zeremonie nehmen Angehörige der Opfer sowie Vertreter von Initiativen, die sich gegen fremdenfeindliche Gewalt und für Demokratie engagieren teil. Bundeskanzlerin Angela Merkel wird die Hauptrede halten. "Wir haben mit denen, die Rechtsextremisten sind, nichts gemein, da gibt es keine Toleranz", sagte sie am Mittwoch auf einer CDU-Veranstaltung in Mecklenburg-Vorpommern. Auch zwei Töchter von Ermordeten werden sprechen. Insgesamt nehmen rund 1.200 Gäste an der Gedenkveranstaltung teil. Zudem haben zahlreiche Arbeitgeber und Gewerkschaften zu einer bundesweiten Schweigeminute um 12 Uhr aufgerufen. Auch die Mitarbeiter der Landesverwaltung werden an der Schweigeminute teilnehmen. Das Land hat für heute Trauerbeflaggung für alle Dienstgebäude des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der übrigen Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes unterliegen, angeordnet. Zugleich hat das Land alle Schulen in NRW aufgefordert, sich an der Schweigeminute zu beteiligen. In Köln wird es eine zentrale Gedenkminute auf dem Hans-Böckler-Platz  geben, an der unter anderem auch Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes teilnehmen wird.


Bisher 437.000 Euro für Familien der Neonazi-Opfer
Die Gedenkveranstaltung geht auf den zurückgetretenen Bundespräsidenten Christian Wulff zurück, der sich bereits im November vergangen Jahres mit Opfern von rechter Gewalt getroffen hatte. Das Neonazi-Terror-Trio wird für die Ermordnung von mehreren Einwanderern und einer Polizistin verantwortlich gemacht. Zudem sollen sie auch zwei Anschläge 2001 und 2004 in Köln verübt haben. Der Bund hat für die Familien der Neonazi-Opfer bisher rund 437.000 Euro ausgezahlt. Wie die Tageszeitung "Die Welt" (Donnerstagausgabe) unter Berufung auf Zahlen des Bundesjustizministeriums berichtet, hat das Bundesamt für Justiz von Ende November 2011 bis zum 21. Februar 2012 so genannte Härteleistungen in 61 Fällen ausgezahlt. Sie wurden an Eltern, Ehepartner, Kinder und Geschwister der Opfer der Mordserie sowie an die Verletzten der Bombenanschläge 2001 und 2004 in Köln überwiesen.

Aufrufe zur Schweigeminute
Deutsche Gewerkschaftsbund und die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände: Im stillen Gedenken an die Opfer soll ein kraftvolles Zeichen gesetzt werden. Es geht darum ein Zeichen der Trauer und des Mitgefühls mit den Opfern, ihren Familien und Freunden, ein Zeichen der Verurteilung von Fremdenhass, Rassismus und rechtsextremer Gewalt, ein Zeichen für die Vielfalt und Offenheit Deutschlands zu setzen. Unser Mitgefühl gilt den Familien und Freunden, die geliebte Menschen verloren haben. Wir sind tief betroffen, dass nach den Erfahrungen der nationalsozialistischen Diktatur in Deutschland diese entsetzlichen Verbrechen geschehen konnten.

Kölns Oberbürgermeiser Jürgen Roters: „Gerade in einer Millionenstadt wie Köln mit vielfältigen internationalen Kontakten ist das friedliche Zusammenleben von Menschen aus über 180 Nationen ein wertvolles Gut. Fremdenhass, Rassismus und rechtsextreme Gewalt haben in unserer Stadt nichts zu suchen. Köln steht für Weltoffenheit und Toleranz. Das leben die Kölnerinnen und Kölner Tag für Tag und haben es oftmals in den vergangenen Jahren auch nach außen hin deutlich gemacht. Alle Kölnerinnen und Kölner sollten daher am 23. Februar mit ihrer Teilnahme zum Gedenken an die Opfer rechtsextremistischer Gewalt erneut dieses unmissverständliche Signal geben. Auch die städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möchte ich auffordern, sich dem stillen Gedenken anzuschließen und mit ihrer Arbeit innezuhalten. In der Schweigeminute wollen wir der Opfer der rechtsextremistischen Mordserie in Deutschland gedenken wie auch der Opfer des 2004 offenbar ebenfalls von rechtsextremistischen Terroristen verübten Anschlags in der Keupstraße in Köln-Müheim mit 22 zum Teil lebensgefährlich verletzten Menschen. Dies soll uns Mahnung sein, wachsam zu sein und alles dafür zu tun, dass so etwas nie wieder geschehen kann.“

Integrationsrats-Vorsitzender Tayfun Keltek: „Die Entwicklung des rechtsextremistischen Terrors zeigt, wie wichtig es für die Gesellschaft, die Politik und die Sicherheitsbehörden ist, den Rechtsradikalismus in Deutschland zu keinem Zeitpunkt zu verharmlosen und zu unterschätzen und künftig intensivste Anstrengungen zur Bekämpfung der Gewalt zu unternehmen.“

Gesamtpersonalrats-Vorsitzender Friedel Giesen-Weirich: „In der Kölner Stadtverwaltung ist das konstruktive Miteinander verschiedener Kulturen gelebte und geübte Praxis. Integration, gegenseitiger Respekt und ein toleranter Umgang miteinander sind Leitmotive der Kolleginnen und Kollegen innerhalb der Verwaltung und nach außen. Menschenrechtsverletzungen jedweder Art, die solches gefährden, gilt es entschlossen entgegenzutreten. Ich bin überzeugt, dass die überwiegende Zahl der städtischen Beschäftigten aktiv an der Schweigeminute teilnehmen wird, sofern dienstliche Erfordernisse dem nicht entgegenstehen.“

Türkisch Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB): Die Erklärungen, Distanzierungen und Solidaritätsbekundungen seitdem durch Staat, Politik und Gesellschaft sind uns darin ein deutliches Zeichen gegen Ausländerfeindlichkeit und rechtsextreme Bestrebungen. Die geplante Gedenkveranstaltung als mahnende Erinnerung an die brutal Ermordeten ist eine angemessene und bedeutende Reaktion, die wir sehr begrüßen. An dieser zentralen Gedenkveranstaltung der Verfassungsorgane des Bundes für die Opfer rechtsextremistischer Gewalt werden neben den Familienangehörigen der Ermordeten, einer Vielzahl von Vertretern aus Religion, Gesellschaft und Politik teilnehmen. Auch die DITIB wird mit Vertretern aus der Bundes- und Landesebene teilnehmen. Im Anschluss an die Schweigeminute wird in den DITIB-Moscheen deutschlandweit der Opfer gedacht werden. In religiöser Gemeinschaft wollen wir für die Verstorbenen beten. In der Hinwendung im Gebet wollen wir Trost, Zuversicht und Hoffnung spenden und erfahren. In Bescheidenheit und Demut wollen wir in schlichtem, angemessenem Rahmen zu Allah beten, dass er uns vor schrecklichen und abscheulichen Ereignissen dieser Art bewahren und schützen möge.

Allgemeine Studierenden Ausschuss Köln (AStA): "Wir finden es wichtig an diesem Tag ein deutliches Zeichen gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus, Sexsimus und Gewalt zu setzen", sagt Luisa Schwab, 1. Vorsitzende des AStA. "Es ist uns eine Herzensangelegenheit darauf hinzuweisen, dass die Studierenden an der Uni Köln sich ausdrücklich und bewusst gegen Fremdenfeindlichkeit zu wehr setzen". Die Mitglieder und Beschäftigten des AStA der Universität zu Köln werden die Schweigeminute vor dem AStA-Cafe (Universitätsstraße 16, 50937 Köln) gemeinsam begehen. "Alle Studierende, Mitarbeiter, Professoren und die  Hochschulleitung sind herzlich eingeladen, ihre Trauer um die Opfer rechter Gewalt, gemeinsam mit uns zum Ausdruck zu bringen und dafür einzustehen, dass solche Greueltaten in Zukunft nicht mehr möglich sind", erklärt Philipp Schubert, 2. AStA Vorsitzender.

[cs, Foto: Paulwip | www.pixelio.de]