Aachen | aktualisiert 13.6.2012, 16:15 Uhr | Zwölf Kunstmuseen tragen ihren Namen – von Köln über St. Petersburg bis Peking: Mit ihrer Sammelleidenschaft und Großzügigkeit beim Spenden hat sich Irene Ludwig selbst ein Denkmal gesetzt. Mit ihrem Mann Peter bildete sie das wohl bedeutendste Kunstsammler-Ehepaar Deutschlands. Bis zu ihrem Tod vor anderthalb Jahren kaufte sie 14.000 Gemälde, Zeichnungen, Skulpturen und Keramik zusammen. Am Sonntag (17. Juni) wäre die scheue Mäzenin 85 Jahre alt geworden. Die Peter und Irene Ludwig Stiftung in Aachen verwaltet heute den millionenschweren Nachlass.

Irene Ludwig liebte die Kunst, und scheute die Öffentlichkeit. Ganz im Gegensatz zu ihrem Mann, der auf Empfängen repräsentierte und einflussreiche Künstler um sich scharte – und sich von Andy Warhol porträtieren ließ. Zu keinem Interview ließ sich die Aachenerin überreden. Als ihr Ehemann 1996 starb, rückte Irene Ludwig nach und führte die Sammlung fort.

Antike, chinesische Kunst, russische Avantgarde und Pop Art: Irene und Peter Ludwig reisten um die Welt, um Kunst zu kaufen, und reisten um die Welt, um die Kunst Museen zu leihen oder zu schenken. Grenzen gab es nicht. Weltweit knapp 30 Museen und Institutionen haben Leihgaben von den Ludwigs. In Oberhausen ist es die Ludwig Galerie, in Aachen das Ludwig Forum für Internationale Kunst und in Bamberg die Sammlung Ludwig. Selbst auf Kuba gründeten sie eine Stiftung.

Irene Ludwig, geboren am 17. Juni 1927 in Aachen, stammte aus dem Schokoladenunternehmen Monheim und wurde mit vier Geschwistern groß. Schon im Elternhaus wurde viel auf Kunst gegeben. Die Kinder spielten zwischen wertvollen Bildern, Porzellan und chinesischer Kunst. Dann studierte Irene Monheim in Mainz Kunstgeschichte, lernte dort Peter Ludwig kennen und begann erste Arbeiten zu sammeln. Mit unnachgiebigem Eifer trugen sie und ihr Mann Stück für Stück zusammen.

Schon in frühen Jahren setzte Irene Ludwig auf die Pop Art, da war der neue Kunststil noch fast unbekannt. Für 10.000 bis 20.000 Euro kauften die beiden Kunstexperten damals einen Roy Lichtenstein. Heute ist er etwa fünf bis zehn Millionen Wert. Auch Andy Warhol (1928-1987), Jasper Johns und James Rosenquist hatten es Irene Ludwig angetan.

Trotz des Geldes blieb das Paar auf dem Boden. Kunsthistorikerin Ludwig machte nie einen großen Wirbel um ihren Reichtum. Beim Bau ihres Hauses in Aachen ließen sie nach dem Krieg Trümmer verwenden. Alte Türen, Säulengänge, Grabplatten und schmiedeeiserne Gitter kamen zum Einsatz. Heute gleicht das Haus einem Museum.

Unterstützung für Museen

Ein Depot für die zahlreichen Arbeiten brauchten sie nicht. Entweder schmückten die Kunstwerke ihr Privathaus oder stellten sie Museen zur Verfügung. „Wenn Museumsdirektoren Sorgen oder Probleme hatten, war Irene Ludwig immer bereit, etwas zu erwerben“, sagt Walter Queins, der Geschäftsführende Vorstand der Peter und Irene Ludwig Stiftung ist und das Ehepaar seit den 80ern kannte.

Das größte Geschenk: Vor rund zehn Jahren spendete Irene Ludwig dem nach ihr benannten Museum in Köln 774 Picassos auf einen Streich. Und in ihrem Testament vermachte sie dem Museum Ludwig weitere 480 Werke der russischen Avantgarde. „Das Museum heißt zu Recht Ludwig“, sagte Museumsdirektor Kasper König kürzlich der Nachrichtenagentur dapd. Ohne diese unglaubliche Schenkung der Mäzene Ludwig wäre der Erfolg des Museums für Gegenwartskunst undenkbar gewesen.

Queins sagt: „Beide hätten sich nicht vorgestellt, dass sie einmal so eine Sammlung haben.“ Das sei sicher nicht geplant gewesen. Für ihre beispiellose Großzügigkeit erhielt Irene Ludwig mehrere Große Verdienstkreuze der Bundesrepublik Deutschland.

13.6.2012, 16:15 Uhr > Sonderraum im Museum Ludwig

Anlässlich ihres 85. Geburtstages findet in Bad Bertrich, an der Grabstätte des Ehepaares Ludwig eine Gedenkfeier statt, an der aus Köln Prof. Kasper König (Museum Ludwig), Dr. Adele Schlombs (Museum für Ostasiatische Kunst), Prof. Dr. Klaus Schneider (Rautenstrauch-Joest-Museum), Dr. Moritz Woelk (Museum Schnütgen) und Dr. Petra Hesse (Museum für Angewandte Kunst) teilnehmen werden. Das Museum Ludwig öffnet zum 85. Geburtstag erstmals einen Sonderraum im Museum, der zur Erinnerung an das Stifterehepaar eingerichtet wurde. In ihm sind Werke zu sehen, die aus dem Privathaus von Peter und Irene Ludwig stammen. Ergänzt wird diese Präsentation durch Werke von Candida Höfer, die die privaten Räume des Ehepaars Ludwig dokumentieren (bis 24. Juni 2012).

Autor: Fabian Wahl, dapd
Foto: Irene Ludwig