Das Archivbild zeigt Feiernde auf der Zülpicher Straße am Elften im Elften 2022. | Foto: Bopp

Köln | Wir wagen, wie die Wetterfrösche, eine Jeckenprognose ohne dass wir Jeckenfrösche sind. Für das Kölner Stadtgebiet ist mit einer stürmischen Jeckenlage am Samstag zu rechnen. Es gibt eine amtliche Jeckenwarnung vor einem Frohsinnsorkan mit stürmisch böigen Alaaf-Rufen. Besonders betroffene Regionen: die Kölner Altstadt und das Viertel rund um die Zülpicher Straße.

Der Elfte im Elften 2023 fällt auf einen Samstag. Damit ist eines klar: Köln wird voll und raderdoll. Menschen aus der ganzen Republik und der Kölner Region werden zur Sessionseröffnung erwartet. Das war nicht immer so. Aus einem eher intimen kölschen Moment, zu dem Karnevalskünstler ihre Sessionsneuheiten präsentierten und einer Selbstvergewisserung der kölschen Karnevalsgesellschaften ist ein kommerzieller Mega-One-Day-Event geworden, in den Dimensionen, die es zuvor nur an Weiberfastnacht gab.

Der Elfte im Elften für Sündige

Der Elfte im Elften in Köln ist nach wie vor für viele Menschen außerhalb Kölns eher eine Randnotiz in den Abendnachrichten und in den Social Media Timelines mit abertausenden Videos und Fotos präsent.

Aber diese Fotos und Videos mit ihren Botschaften triggern immer mehr Menschen am Elften im Elften in Köln sein zu wollen. Für nichtjecke Menschen, die in Zügen mit Ziel Köln oder einer Durchfahrt durch Köln unterwegs sind, kann der Elfte im Elften je nach Tageszeit schon zur Geduldsprobe werden, wenn Jecke im Abteil vorglühen. Und die kommen angelockt von wildesten Versprechungen und Fantastereien zu Tausenden in die Stadt, um das sündige Köln einmal live und in Farbe zu erleben. Sündig kann bedeuten: Vollrausch oder öffentlicher Sex im Vorgarten des Kwartier Lateng, schön gepixelt dokumentiert in Medien aller Art. Das triggert: Einmal die Sünde selbst sein, als Barbie, Mönch oder Lappenclown.

Um es gleich vorwegzunehmen: Vollrausch ist akzeptiert, sofern in diesem Zustand die öffentlich geltenden Regeln eingehalten werden. Sex im Vorgarten führt zu wild filmenden Anwohner:innen und gepixeltem One-Day-Fame in kölschen Empörungsblättchen des hiesigen Boulevards. Diese am Elften im Elften allgegenwärtige Versündigung am kölschen Fastelovend und Erregung bis hin zum öffentlichen Ärgernis führt unweigerlich zu einer Debatte in der Kommunalpolitik und Stadtgesellschaft. Das nervt Kölnerinnen und Kölner dann mindestens ein Jahr und ändert wenig an der Tatsache: Der Elfte im Elften ist halt ein gutes Geschäft.

Der Elfte im Elften für Romantiker

Dann gibt es den Elften im Elften für Romantiker, die immer noch dem „Spell op d’r Rathuustrapp“ nachweinen und „Heimweh noh Kölle“ mit dampfenden Lokomotiven statt Köln Bonn Airport verbinden.  Die träumen von der kleinen Sessionseröffnung am Ostermannplätzchen und Ostermannbrunnen im Jahr 1969, von Toni Steingass und dem Künstler-Dankeschön „Flönz“. Als wenn das einem Künstler heute reichen würde. Hat übrigens nichts mit Nachkriegsromantik zu tun. Am und rund um den Elften im Elften präsentieren auch heute noch Bands und Musiker ihre neuen Songs für die kommende Session und hoffen auf den großen Erfolg, weil der sich zudem monetär auszahlt. Übrigens ist die Veranstaltung auf dem Ostermannplätzchen der Grund, warum bis heute die Willi-Ostermann-Gesellschaft, die Sessionseröffnung auf dem Heumarkt ausrichtet.

Die Romantiker treffen sich vor dem Eventgetöse im Kölner Rathaus, wo das designierte Dreigestirn im Senatssaal den Vertrag mit der Oberbürgermeisterin unterzeichnet. Dabei nur höchste Honoratioren des Festordnenden Komitees. Auch dort wird gesungen, handmade und unplugged. Anschließend trifft ein erlesener Kreis aus der Stadtgesellschaft auf diesen noch erleseneren Kreis im Hansasaal. Dort gibt es Botschaften und Reden, die für die Öffentlichkeit bestimmt sind und zu friedlichem Feiern die mahnen, die wegen des sündigen Exzesses nach Köln kommen. Dann strebt die illustre Gesellschaft dem Kölner Heumarkt zu, um dort – unsündig mit weiteren mahnenden Worten – und mit einem Countdown die Session zu eröffnen. Auf das das Kölsch sprudele.

In der Stadt gibt es an den sogenannten Hotspots meist dann schon die Meldung: Alles dicht, alle Kapazitäten ausgeschöpft und nicht wenige haben bereits die Stufe Vollrausch erreicht.

Soweit die Vorhersage.

Lesen Sie morgen:

Über all das wird report-K am morgigen Samstag in einem Livebericht berichten. Und auch die Nachlese und Debatten über das richtige oder falsche feiern oder was Karneval und was Exzess ist, finden Sie hier bei Kölns Internetzeitung im Laufe der dann folgenden Debatte in Kommunalpolitik, Stadtgesellschaft und Runden Tischen.

Damit Sie gut so oder so feiern können, hier einige Tipps: