Sex Sells zieht nicht immer
Immer wieder werden die Kölnerinnen und Kölner im öffentlichen Raum mit sexistischen Werbekampagnen malträtiert. Die Bild-Zeitung, die in diesem Jahr mit jungen Frauen in aufreizenden Posen, garniert mit doppeldeutigen Slogans Plakatwerbung schaltete, meinte ihre Verkaufszahlen steigern zu können. Doch „Sex sells“ ist schon längst kein funktionierendes Werbekonzept mehr. Irmgard Kopetzky, vom Verein  Notruf für vergewaltigte Frauen – Frauen gegen Gewalt e. V., stellte aktuelle europäische Studien vor, die belegen, dass Konsument und Konsumentin von sexistischer Werbung eher angenervt statt kaufwillig werden. 

Humor in der Werbung ist gefragt

So hat der schwedische  Marketingforscher Philipp Bermann(Handelshochschule Stockholm) 700 schwedischen Jugendlichen TV-Werbespots mit und ohne Sexelementen vorgeführt und ihnen folgende Frage gestellt: Regt die Werbung sie zum Kauf eines Produktes an? Ergebnis: Sexfreie Spots, die auf Humor und Information setzten wurden positiv bewertet, Spots mit sexistischem Inhalt bewerteten die Testpersonen negativ. Ähnlich reagieren auch Briten und Deutsche auf frauenfeindliche Werbung.

Sex-Werbung fördert nur den Tunnelblick
Interessanter Nebenaspekt: Ja, es gibt auch Männer, deren Kaufinteresse sich durch erotische Bilder regt – leider verringert sich aber die Wiedererkennung der Marke bei diesen Männern. Sprich: Sie sehen das aufreizende Bild, würden auch alles Kaufen, bekommen aber leider nicht mit, für was eigentlich geworben wird. Tunnelblick…

Die Kölnerinnen und Kölner verhalten sich genauso, wie die untersuchten Schweden, Briten  und Deutschen – ein Großteil von ihnen lehnt sexistische Werbung ab. Bürgermeisterin Angela Spizig berichtet, wie immer wieder empörte Bürgerinnen und Bürger bei der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Köln, Christine Kronenberg, anrufen,  ihr schreiben oder mailen, um sich über sexistische Werbung zu beschweren.

Ist Bordellwerbung an und in Taxis ok?
Besonderes Ärgernis ist nach wie vor die Werbekampagne eines stadtbekannten Kölner Bordells in den Kölner Taxis. Nicht nur, das Kundinnen in Wagen chauffiert werden, auf denen Bordellwerbung großflächig angebracht ist und in deren Innenraum Visitenkarten und Werbeflyer für Bordelle ausliegen, auch viele Kölner Schulkinder werden in diesen Taxis transportiert. Grund genug den Kölner Taxiunternehmen ein Rundschreiben mit folgenden Anregungen zu senden: Verzicht auf frauenfeindliche, diskriminierende oder herabsetzende Werbung auf und in den Wagen und bis dahin: bei telefonischer Anfrage eines Taxis sollte Bordellwerbung als Ausschlußkriterium akzeptiert werden. Taxifahrerin auf Anforderung – für Frauen, die von Frauen chauffiert werden wollen. Ordnungsgemäßes Anbringen des Ausweises im Fahrzeug. Anbringen der Ordnungsnummer im hinteren Fahrzeugbereich.

Die Kölnerinnen sollten nicht vergessen, dass sie den Taxis einen Großteil des Umsatzes bringen – als Kundinnen können sie darauf bestehen, während der von ihnen bezahlten Fahrt, weder Werbung für Bordelle zu fahren, noch durch frauenfeindliche Werbung im Inneren des Taxis beleidigt zu werden.  Grundsätzlich sollten Konsumentinnen sich ihrer Macht als „lebende Kaufkraft“ bewusster sein.

Frauenfeindlichen Werbekampagnen kann eben sehr gut durch Konsumboykott begegnet werden. Darüber hinaus können Frauen und Männer sich gegen sexistische Werbung wehren indem sie sich mündlich oder schriftlich bei dem entsprechenden Produkt- oder Service-Anbieter beschweren. Auch die Werbeagentur, welche die menschenverachtende Kampagne hergestellt hat, sollte eine Beschwerde bekommen. Immerhin verstößt Werbung, in der Frauen zum Sexualobjekt degradiert werden,  gegen den Artikel 1, Absatz 1 des Grundgesetztes. Am erfolgversprechendsten ist es, eine breite Öffentlichkeit für eine Thema zu schaffen. Leserbriefe an Zeitungen und Sender zu schreiben, frauenfeindliche Werbung im Bekanntenkreis und an der Arbeitstelle zum Thema zu machen. Denn neben den finanziellen Einbußen durch Kaufbykott fürchten Unternehmen eben auch einen Imageverlust, der unter Umständen sinkenden Umsatz nach sich zieht.

Ein gutes Beispiel für diese „Öffentlichkeitsstrategie“ sind die Ereignisse rund um einen zwischen der Pascha Tabledance GmbH und dem Fan-Projekt 1. FC Köln 91 e. V. geschlossenen Sponsoringvertrag. Frauke Mahr bringt die Fakten noch einmal in  Erinnerung: im Jahr 2004 ging der Verein, dessen Ziele unter anderem Gewaltprävention und Angebote für Kinder und Jugendliche umfassen eine Geschäftsbeziehung mit der Pascha Tabledance GmbH ein. Der Verein erhielt 20 000 Euro und bewarb seinen Geschäftspartner im Gegenzug  auf der eigenen Homepage, im Heft „kölsch live“ und im „Fan-Objekte“ Kalender. Außerdem war vertraglich festgelegt, die jährliche „Fanfête“ in der Striptease-Bar „Tabledance“ stattfinden zu lassen die „rein zufällig“ neben dem Bordell „Pascha“ liegt.  Weibliche Mitglieder des Fan-Projekt nahmen Kenntnis von dieser Partnerschaft und reagierten empört und öffentlich. Kritikerinnen des Vertrages konnten eine vereinsinterne Auseinandersetzung erreichen, die zur vorzeitigen Beendigung des Sponsoring-Vertrages führte. Hier war dem Verein, in dem viele Jugendliche und Frauen und Familien Mitglied sind, das Image dann offensichtlich doch langfristig wichtiger als die Finanzspritze.

 

Angela Spizig, Christine Kronenberg, Frauke Mahr, Irmgard Kopetzky, Cheryl Watamura-Martinez, und Brigitta von Bülowhaben sich im Jahr 2002 zusammengeschlossen, um gemeinsam gegen sexistische und menschenverachtende Werbung im öffentlichen Raum vorzugehen. Anlass war eine Werbekampagne der BILD-Zeitung, die bei der Kölner Bevölkerung große Empörung ausgelöst hat. Die Kölner Bürgerinnen und Bürger haben diese Initiative sehr gut aufgenommen und akzeptieren sie als Ansprechpartner, wenn es um sexistische und menschenverachtende Werbung im Kölner Raum geht Die Frauen der Initiative formulieren ihren Anspruch so.“ Wir wollen uns im öffentlichen Raum bewegen können, ohne mit sexistischer Werbung konfrontiert zu werden.“

Kontakt  für Beschwerden: Christine Kronenberg, Amtsleiterin und Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Köln: Tel. 0221 221 26472.

Foto & Text Christina von Haugwitz für report-k.de / Kölns Internetzeitung