Auf dem Podium: Jörg Detjen, Linke, Oberbürgermeister Jürgen Roters, SPD, Eva Bürgermeister, SPD, Bettina Böttinger, Moderatorin, Kulturdezernent Georg Quander, Winrich GRanitzka, CDU, Ralph Sterck, FDP und nicht im Bild Barbara Moritz, Grüne. (v.l.n.r.)

Roters macht die finanziellen Spielräume deutlich
Roters verdeutlichte drastisch die Situation des Kölner Haushaltes in seiner Rede: „Nach bereits eingerechneten Einsparungen von rund 160 Millionen und einem Rückgriff auf rund 150 Millionen Euro aus der Ausgleichsrücklage bleibt immer noch ein Fehlbetrag von 220 Mio. Euro im Kölner Haushalt bestehen. Diesen Betrag müssen wir durch Einsparungen erbringen.“ In Bezug auf die Kultur bedeute dies aber auch, so Roters, dass selbst eine komplette Streichung des Anteils der Kulturausgaben den Haushalt nicht sanieren würde und der heute schon unterdurchschnittlich ausgestattete Kulturhaushalt mittelfristig erhöht werden soll. Dabei formulierte Roters erneut, dass er von Bund und Land Unterstützung einfordere, etwa in dem der Solidaritätspakt ausgesetzt werde. Neue Ideen wie die Kulturförderabgabe seien gefragt, brächte sie alleine 20 Millionen Euro Einnahmen im Jahr für die Stadt, so der Oberbürgermeister.


Staatssekretärin Barbara Kisseler bei ihrem Impulsreferat

Barbara Kisseler, Chefin der Senatskanzlei Berlin, wie auch im Kompetenzteam des SPD Kanzlerkandidaten Steinmeier im zurückliegenden Bundestagswahlkampf hielt ein Impulsreferat über Kulturpolitik im nationalen Kontext mit Fokus auf Köln. Zunächst machte sie deutlich dass die Kommunen die Verlierer der aktuellen Bundespolitik und des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes seien und das Kulturpolitik und Kultur nicht purer Luxus, sondern in einem komplexeren Gesamtzusammenhang zu sehen und vor allem Teil des Bildungsangebots seien. Kisseler stellte fest, dass sich aber auch die Situation von Kultur verändert habe, etwa durch digitale Medien. Zudem merkte sie kritisch an, dass zwar die Zahl der Besuche, nicht aber die Zahl der Besucher von kulturellen Angeboten gestiegen sei und es damit Aufgabe von Kulturpolitik und Kulturbetrieb sei, weitere Nachfrage und Publikumsschichten zu aktivieren. In den Zeiten knapper Kassen riet sie den Kölnern explizite Prioritäten in der Kulturförderung zu setzen, auch wenn dies schmerzhaft und alternativlos sei. Dabei sei neben baulichen Manifesten für die Kunst auch daran zu denken, dass diese auch bespielt werden müssen. Gut beraten sei man so Kisseler, die den Künsten damit in der klassisch bürgerlichen Tradition die Rolle von Seismographen gesellschaftlicher Befindlichkeiten zuschrieb, das Potenzial und die Kritik von Kunst zu bemühen und auf kommunaler Ebene Foren zu schaffen um dieses zu ermöglichen.

Bettina Böttinger die durch den Abend führte und zu den Erstunterzeichnern des Kölner Komment gehört forderte „Kultur braucht Sicherheit“. In der Diskussionsrunde mit führenden Kommunalpolitikern der Stadt Köln zeichnete sich ein differenziertes Bild. So forderte etwa Jörg Detjen von der Linken eine Erhöhung der Gewerbesteuer und aber auch Konzentration auf die Inhalte statt auf Bauten, Winrich Granitzka von der CDU mehr Synergien der Metropolregion mit Bonn und Düsseldorf und stellte die Frage ob man auf so engem Raum überall Ensembles benötige. Barbara Moritz, Bündnis 90/Die Grünen stellte die Frage nach der Qualität und forderte die Kulturschaffenden auf, den Dialog mit der Politik zu suchen, damit man in der schwierigen Haushaltssituation wenigstens den Status Quo sichern könne. In diese Richtung äußerte sich auch Oberbürgermeister Roters, der zunächst das Bestehende sichern will, bevor man Neues beginne. Das Neue müsse auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werde. Kulturdezernent Quander stellte in diesem Zusammenhang die Frage ob man etwa Themen wie die European Kunsthalle im schwierigen Jahr 2010 klären müsse.
Scharfe Kritik gab es am geplanten Neubau des Schauspielhauses von Seiten der Kulturschaffenden, die eine Sanierung statt Abriss, aber auch eine genaue Prüfung aller Optionen forderten. Angekündigt wurde aus den Reihen des Kölner Komment, dass man ein Bürgerbegehren zum Thema Oper und Schauspielhaus in Gang setzen werde und versuchen werde bis Ende März 30.000 Stimmen zu sammeln. Buhrufe erntete danach vor allem Oberbürgermeister Jürgen Roters als er seinem Vorgänger im Amt vorwarf die Dinge schleifen gelassen zu haben und mit ihm einmal gefasste Beschlüsse des Rates der Stadt Köln wie dem Neubau des Schauspielhauses nicht rückgängig gemacht werden könnten. Aus den Reihen des Publikums kamen aber auch Forderungen nach mehr Bürgerbeteiligung mittels Bürgerhaushalt, die Frage ob ein Schauspielhaus immer in der Innenstadt stehen müsse, oder ob es nicht günstigere Alternativen etwa bei der Halle Kalk gegeben hätte und wie es mit der Umsetzung des Leitbildes 2020 weitergehe. Deutlich machten die Kulturschaffenden aber auch, dass sie mit dem heute schon geringeren Kulturhaushalt Kölns hocheffektiv arbeiten. Vergleicht man den Kölner Haushaltsansatz etwa mit dem der Stadt Frankfurt, so gibt Köln nur ¼ dessen für Kultur aus, was Frankfurt dafür veranschlagt. Diese Effektivität forderten die Kulturschaffenden auch von anderen städtischen Stellen ein.

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